Die Grundlage des internationalen Flüchtlingsschutzes bildet die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) von 1951 und das Protokoll von 1967. Darin ist festgelegt, wann eine Person Flüchtling ist. Voraussetzung ist, dass sie sich «aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Staatszugehörigkeit, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung ausserhalb ihres Heimatlandes befindet und dessen Schutz nicht beanspruchen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht beanspruchen will».

Die Flüchtlingseigenschaft ist deklaratorischer Natur: Eine Person ist Flüchtling vom Moment an, in dem sie die obige Definition erfüllt, unabhängig davon, ob ihr bereits dieser Status zugesprochen wurde. Die GFK garantiert, dass Flüchtlingen ein Minimum an Rechten gewährt wird. Das wichtigste Recht eines Flüchtlings ist, nicht in den Verfolgerstaat abgeschoben zu werden (sogenanntes Refoulement-Verbot). Weiter gehören Rechte wie die Religions- und Bewegungsfreiheit sowie das Recht auf Arbeit, das Recht auf Bildung und das Recht auf den Erhalt von Reisedokumenten dazu. Doch die GFK unterstreicht auch die Pflichten von Flüchtlingen gegenüber ihrem Aufnahmeland.

Schutz in der Schweiz

In der Schweiz gibt es wie in vielen anderen Staaten ein spezielles Verfahren zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft. Das Asylverfahren liegt in der Kompetenz des Staatssekretariats für Migration (SEM). Das Asylverfahren entscheidet, ob die Schutzsuchenden in der Schweiz bleiben können und welcher Status ihnen gewährt wird.

Personen, welche die Flüchtlingseigenschaft gemäss der GFK erfüllen, werden in der Schweiz als Flüchtlinge anerkannt. Sie erhalten in der Regel Asyl und einen Ausweis B. Eine Ausnahme davon ist, wenn ein Ausschlussgrund gemäss Asylgesetz vorliegt. Die GFK kennt die weitgehenden Ausschlussgründe des Asylgesetzes jedoch nicht: Sie sind Schweiz-spezifisch. Daher erhält die betroffene Person dennoch den Flüchtlingsstatus, aber kein Asyl und keine Aufenthaltserlaubnis, sondern lediglich eine vorläufige Aufnahme und einen F-Ausweis (vorläufig aufgenommene Flüchtlinge).

Personen, welche die Flüchtlingseigenschaft nicht erfüllen, denen bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat jedoch schwerwiegende Gefahren drohen, erhalten in der Schweiz eine vorläufige Aufnahme (vorläufig aufgenommene AusländerInnen). Wird das Asylgesuch abgelehnt und steht der Rückkehr in den Herkunftsstaat nichts entgegen, erhält die schutzsuchende Person einen negativen Asylentscheid mit Wegweisung. Das SEM setzt der Person eine Frist, innerhalb derer sie die Schweiz verlassen muss.

Die verschiedenen Schutzstatus sind mit unterschiedlichen Rechten verbunden. Personen mit Ausweis F haben weniger Rechte als solche, die Asyl und einen Ausweis B erhalten. Vorläufig aufgenommene Personen dürfen grundsätzlich arbeiten, aber nur unter engen Voraussetzungen ins Ausland reisen. Sie erhalten ausserdem weniger Sozialhilfe. Zudem ist der Familiennachzug erst nach drei Jahren möglich und an weitere Bedingungen geknüpft.

Die Position von UNHCR: 

Den Flüchtlingsbegriff umfassend anwenden und die vorläufige Aufnahme durch einen Schutzstatus ersetzen

Die Staaten haben UNHCR mit der Aufgabe betraut, sie bei der Umsetzung der Genfer Flüchtlingskonvention und des Flüchtlingsvölkerrechtes zu unterstützen. Diese Tätigkeit ist wichtig, um international eine möglichst einheitliche Auslegung und Umsetzung der GFK sicherzustellen. Die Staaten haben sich verpflichtet, mit UNHCR zusammenzuarbeiten, um diese Funktion zu ermöglichen. In der Schweiz ist die Zusammenarbeit mit UNHCR auch im Asylgesetz festgehalten.

UNHCR arbeitet daher eng mit den Behörden, Gerichten und anderen Akteuren in der Schweiz zusammen, um diese bei der richtigen Auslegung und Anwendung des Flüchtlingsbegriffs zu unterstützen. UNHCR setzt sich ferner dafür ein, dass Flüchtlingen die ihnen nach dem internationalen Recht zustehenden Rechte gewährt werden.

Zu den wichtigsten Zielen von UNHCR gehören:

  • Eine Auslegung des Flüchtlingsbegriffs durch die Schweiz in Übereinstimmung mit der GFK. In der Schweiz wird der Flüchtlingsbegriff restriktiver ausgelegt, als in der Genfer Flüchtlingskonvention vorgesehen. So ist beispielsweise der Massstab für den Nachweis der individualisierten Verfolgung sehr hoch in der Schweizer Praxis: Die asylsuchende Person muss glaubhaft machen, dass die ernsthaften Nachteile gezielt gegen sie persönlich gerichtet waren. Dies hat zur Folge, dass Personen, die im Zusammenhang mit bewaffneten Konflikten fliehen, in der Schweiz häufig nicht als Flüchtlinge anerkannt werden.

    UNHCR weist darauf hin, dass jeder, der aus den in der GFK genannten Gründen verfolgt ist, als Flüchtling anerkannt werden muss. Ob diese Verfolgung in Kriegs- oder Friedenszeiten stattfindet, ist hierfür unerheblich und auch ob von dieser Verfolgung nur einzelne oder ganze Bevölkerungsgruppen betroffen sind. UNHCR vertritt daher den Standpunkt, dass Personen, die vor Verfolgung in Zusammenhang mit bewaffneten Konflikten fliehen, als Flüchtlinge im Sinne der GFK anerkannt werden sollten.
  • Die Gleichbehandlung von allen Flüchtlingen sicherstellen. Viele Flüchtlinge werden in der Schweiz von der Gewährung von Asyl ausgeschlossen. Besonders häufig beruht ein solcher Ausschluss darauf, dass sie nicht bereits im Heimatland verfolgt waren oder dies angesichts des hohen Beweismassstabes nicht glaubhaft machen konnten. Die Behörden nehmen an, dass die Verfolgungsgefahr erst durch ihre illegale Ausreise entstanden ist. Dies gilt in der Schweizer Praxis als „subjektiver Nachfluchtgrund“, der zum Asylausschluss führt. Ausserdem gibt es noch weitere Ausschlussgründe, welche über die Ausschlussbestimmungen der GFK hinausgehen. Die Schutzbedürftigen werden daher nicht als Flüchtlinge anerkannt, jedoch lediglich vorläufig aufgenommen. Ihnen erwachsen daher Nachteile in Bezug auf ihren Aufenthaltsstatus gegenüber Personen, denen Asyl gewährt wurde.

    Die GFK macht jedoch keinen Unterschied zwischen Flüchtlingen, die vor Verfolgung aus ihrem Heimatland geflüchtet sind und Personen, die zu einem späteren Zeitpunkt zu Flüchtlingen werden.
    Entscheidend ist aus der Sicht des internationalen Rechtes dass ihnen bei einer Rückkehr schwerwiegende Gefahren drohen und dass der Heimatstaat seine Pflicht, sie hiergegen zu schützen, nicht erfüllt. Allen Flüchtlingen stehen die gleichen Rechte zu. UNHCR vertritt daher den Standpunkt, dass eine unterschiedliche Behandlung von Flüchtlingen nicht gerechtfertigt ist.
  • Vorläufige Aufnahme durch einen Schutzstatus ersetzen. Auch Konflikt- und Gewaltvertriebene, die keine Verfolgung fürchten, sind schutzbedürftig und ihr Schutzbedarf ist aufgrund von langandauernden Konflikt- und Gewaltsituationen häufig von derselben Art und Dauer, wie jener von Personen, die Asyl erhalten. Wie Personen, die Asyl erhalten, können sie nicht in ihr Heimatland zurückkehren, da sie dort an Leib und Leben bedroht sind.

    Dennoch erhalten sie in der Schweiz einen negativen Asylentscheid mit einer Wegweisungsverfügung, wobei letztere zugunsten einer vorläufigen Aufnahme (Ausweis F) ausgesetzt wird. Die vorläufige Aufnahme ist weder als positiver Schutzstatus definiert noch geht sie mit einer Aufenthaltsbewilligung einher.

    Vorläufig Aufgenommene brauchen einen vergleichbaren Schutzstatus wie Flüchtlinge
    , denn die vorläufige Aufnahme bietet trotz längerfristigem Aufenthalt in der Schweiz schlechte Integrationsperspektiven. Die vorläufige Aufnahme führt in vielen Fällen zu fortgeschrittener Sozialhilfeabhängigkeit und verhindert damit, dass die Menschen wieder auf eigenen Füssen stehen und ihren Beitrag zur Gesellschaft leisten.

    Ein Schutzstatus statt der vorläufigen Aufnahme von Kriegs- und Gewaltvertriebenen führt nicht zu einer erhöhten Attraktivität der Schweiz, sondern lediglich zu einer Annäherung an europäische Standards. Dies liegt nicht nur im Interesse der Schutzbedürftigen, sondern auch der Schweizer Gesellschaft. Ein positiver Schutzstatus kann den Weg für eine erfolgreiche Integration ebnen.

    UNHCR empfiehlt deshalb die Schaffung eines positiven Schutzstatus für Kriegs- und Gewaltvertriebene, die nicht als Flüchtlinge nach der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannt werden.

UNHCR Dokumente zu Asyl und anderem Schutz – Schweiz

Beendigung der Flüchtlingseigenschaft

Anpassungen des Bundesgesetzes über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG) vom Oktober 2016: Ergänzende Informationen zur Beendigung der Flüchtlingseigenschaft gemäss Artikel 1 C Ziff. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention – März 2017

Reform der vorläufigen Aufnahme

Vorläufige Aufnahme ersetzen – September 2017

Familienzusammenführung

Familienleben ermöglichen – Einheit der Flüchtlingsfamilie schützen – September 2017

UNHCR Dokumente zu Asyl und anderem Schutz – International

Handbook and Guidelines on Procedures and Criteria for Determining Refugee Status

Das UNHCR-Handbuch über die Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft  dient gemeinsam mit den Richtlinien als Leitfaden im Umgang mit der Flüchtlingsdefinition

Guidelines on International Protection No. 12: Claims for refugee status related to situations of armed conflict and violence

UNHCR-Richtlinien zu Anträgen auf Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Zusammenhang mit bewaffneten Konflikten und Gewalt

Deutschsprachige Richtlinien zum internationalen Schutz

UNHCR-Richtlinien zur Unterstützung bei der Beurteilung von internationalen Schutzbedürfnissen von Asylsuchenden

Weitere Informationen zu Asyl und anderem Schutz

SFH: Rechtlicher Status

Informationen der Schweizerischen Flüchtlingshilfe zum rechtlichen Status nach dem Asylverfahren

SEM: Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene

Informationsbroschüre vom Staatssekretariat für Migration zu den Themen Status, Rechtsgrundlage, Ausländerausweis, Wohnort, Kantonswechsel, Reisen ins Ausland, Familiennachzug, Integration, Integrationsförderung, Schule, Arbeit, Weiterbildung, Gesundheit, Sozialversicherungen, Sonderabgabe und Sozialhilfe

EKM: Vorläufige Aufnahme – Reformbedarf

Die Eidgenössische Migrationskommission hat sich 2014 schwerpunktmässig mit dem Schutz von Vertriebenen beschäftigt und ist zum Schluss gekommen, dass auch die Schweiz – im Verbund mit anderen Ländern – ihr Schutzkonzept anpassen muss