„Ich bin glücklich, wenn man es durch Teamwork geschafft hat, das Leben von Menschen zu verbessern.“

Stella ist in Dakar, Senegal für die Koordinierung der Nothilfe zuständig.

Name: Stella Ogunlade aus Berlin

Einsatzort: Dakar, Senegal – UNHCR Regional Büro für West Afrika

Position: Senior Inter-Agency Coordinator

Bei UNHCR seit: 2005

Warum hast du dich für einen Job beim UNHCR entschieden?

Weil ich Flüchtlingen helfen wollte – Menschen, die gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen, weil sie verfolgt werden – weil ihre Menschenrechte verletzt werden.

Was macht UNHCR in der Region?

Wir helfen Flüchtlingen, Binnenvertriebenen und Staatenlosen in westafrikanischen und teilweise benachbarten zentralafrikanischen Ländern.

Dabei geht es um Nothilfe für Menschen, die vor Konflikten und Terrorismus fliehen. So mussten wegen der Angriffe und Anschläge von Kämpfern der Boko Haram bisher mehr als 1,7 Millionen Menschen innerhalb des Nordens von Nigeria fliehen. Mehr als 200.000 nigerianische Flüchtlinge sind in die Nachbarländer Tschad, Kamerun und den Niger geflohen.

Abgesehen von humanitärer Hilfe geht es bei unserer Arbeit aber auch darum, dauerhafte Lösungen für die Menschen zu finden. So unterstützen wir die freiwillige Rückkehr von Binnenvertriebenen und Flüchtlingen, die nach Hause wollen und bei denen es die Lage im Heimatland zulässt. Wie zum Beispiel von liberianischen Flüchtlingen, die in der Elfenbeinküste Asyl gefunden hatten und nun nach Liberia zurückkehren. Wir helfen auch Flüchtlingen, die sich im Aufnahmeland integrieren wollen, wie zum Beispiel togolesische Flüchtlinge in Benin. Und schließlich versuchen wir Lösungen zu finden für diejenigen Flüchtlinge, die weder nach Hause gehen  noch im Aufnahmeland bleiben können. Hier kommt das Resettlement, also die Neuansiedlung in einem Drittland, als dauerhafte Lösung in Frage. Im Übrigen setzen wir uns genauso für Flüchtlinge ein, die wie viele Migranten den gefährlichen Weg durch die Wüste auf sich nehmen, um über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen und z.B. in Libyen gestrandet sind.

Ein großes Problem in der Region ist, dass vielen Menschen nie Identitätsdokumente (z.B. Pässe) ausgestellt wurden oder sie diese auf der Flucht verloren haben. Auch werden Geburten in vielen Ländern nur unzureichend registriert und dokumentiert. UNHCR hat ein spezielles Mandat für Staatenlose und leistet seitdem rechtliche Hilfe und arbeitet mit Regierungen an der Vermeidung und Beendigung von Staatenlosigkeit.

Kongo1

Transport mit dem Flugzeug der UN-Blauhelme zu den Bergregionen im Osten Kongos, wo Tage zuvor Rebellen die Zivilbevölkerung angegriffen hatten. © UNHCR

Kongo2

Es ist unmöglich dorthin mit dem Fahrzeug zu kommen, weil die Straßen sehr schlecht sind und die Gegend sehr gefährlich ist. © UNHCR

PNG1

Stella bei einer Preisverleihung für Schulkinder in Papua Neu Guinea. © UNHCR

PNG2

Mit dem Boot auf dem Weg zu einer Flüchtlingssiedlung mit Flüchtlingen aus West Papua. © UNHCR

 

Wie sieht ein normaler Arbeitstag von dir aus?

Bei meiner Arbeit geht es um zwei ganz verschiedene Bereiche, die miteinander verbunden sind:

Zum einen geht es darum sicherzustellen, dass UNHCR seine Arbeit mit anderen UN-Organisationen und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) koordiniert, damit unsere Hilfe so effizient wie möglich ist. Dabei arbeite ich eng mit anderen Organisationen auf der regionalen Ebene zusammen und unterstütze Kollegen in den verschiedenen Ländern bei der Koordinierung und Zusammenarbeit.

Auf der anderen Seite, unterstütze ich Regierungen, UNHCR-Büros in den westafrikanischen Ländern und andere Organisationen darin, sich auf zukünftige potentielle Flüchtlingskrisen vorzubereiten. Das ist gerade dann notwendig, wenn die politische Lage in einem Land instabil ist, zunehmend schwere Menschenrechtsverletzungen begangen werden und das Risiko besteht, dass die Menschen in naher Zukunft fliehen müssen. Dazu organisiere ich unter anderem Schulungen und helfe den Teams vor Ort, Krisenpläne zu erstellen.

Diese beiden Bereiche sind miteinander verbunden, weil die Koordinierung von Nothilfe mit der Vorbereitung für zukünftige Flüchtlingskrisen beginnt.

Was sind die größten Herausforderungen in deiner täglichen Arbeit?

Personalmangel. Es gibt in der Region immer wieder neue Krisen, während es oft lange dauert, bis die bestehenden Krisen bewältigt sind. Daher habe ich immer mehr Arbeit, aber im Moment kein Team im Regionalbüro, das mir dabei hilft. Ich bin daher oft auf Kollegen angewiesen, die in anderen Bereichen arbeiten und mich teilweise unterstützen, wenn sie dazu Zeit haben.

Tschad2

Stella registriert neu angekommene Flüchtlinge im Tschad. Der Tschad hat mehr als 400.000 Flüchtlinge aufgenommen, darunter 320.000 Sudanesen. © UNHCR

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Stella und ein Flüchlingsmädchen bei der Registrierung im Tschad. © UNHCR

Tschad4

Ankunft einer Gruppe Flüchtlinge in einem Camp im Tschad. © UNHCR

 

„Ich habe in den letzten zwölf Jahren in acht verschiedenen Ländern in Asien, der Pazifik-Region und in Afrika gearbeitet. In jedem Land hatte ich einen anderen Aufgabenbereich, was die Arbeit sehr abwechslungsreich gemacht hat.“

 

Was war dein bisher schönster Moment beim UNHCR?

Es fällt mir schwer, diese Frage zu beantworten, da es viele schöne Momente gegeben hat. Ich habe in den letzten zwölf Jahren in acht verschiedenen Ländern in Asien, der Pazifik-Region und in Afrika gearbeitet. In jedem Land hatte ich einen anderen Aufgabenbereich, was die Arbeit sehr abwechslungsreich gemacht hat.

Generell würde ich sagen, dass ich am glücklichsten war und bin, wenn man es im Teamwork geschafft hat, das Leben von Menschen zu verbessern und ihnen in schwierigen Situationen zu helfen – im besten Fall soweit, dass sie dann irgendwann keine Unterstützung mehr brauchen. Am schlimmsten sind die Momente, wenn man Menschen sterben oder leiden sieht, weil sie verletzt, krank oder unterernährt sind oder ihre Familienangehörigen verloren haben. Auch ist es nicht immer einfach, wenn man ihre Erfahrungen geschildert bekommt – z.B. von Folter, Massenvergewaltigungen, Zwangsrekrutierung, einschließlich von Kindern, und willkürlicher Haft.

Um dennoch ein paar Beispiele für sehr schöne Momente zu nennen: Im Kongo war es jedes Mal schön zu sehen, wenn kongolesische Flüchtlinge auf einem großen Schiff aus Tansania zurückkamen und sich mit ihren Freunden und Familien vereinten, die sie oft jahrelang nicht gesehen hatten. Wir unterstützten sie dabei, ihr Leben zuhause wieder aufzubauen. Allerdings war es auch sehr deprimierend dort mitzuerleben, wie Konflikte zwischen verschiedenen Gruppen immer wieder aufflammten und dazu führten, dass die Menschen wieder fliehen mussten.

In Papua-Neuguinea war es großartig zu sehen, wenn Flüchtlinge mithilfe von Projekten selbständig wieder ihren eigenen Lebensunterhalt verdienten. Ich kann mich da besonders an eine alleinstehende junge Frau erinnern, die ihr eigenes Restaurant eröffnete, Tiere züchtete und einen Frauenverein führte.

Und schließlich kann ich mich an eine Frau in den Philippinen erinnern, die wie so viele andere, ihren Mann, ihre Kinder, ihre Schwester und Mutter, als auch alle ihre Habseligkeiten in der Naturkatastrophe des Taifun nur wenige Wochen zuvor verloren hatte. Sie saß alleine mit ihren kleinen Kindern, die überlebt hatten vor einem Zelt, das UNHCR ihr gegeben hatte. Sie war dabei mit Holz und anderen Mitteln, die sie gefunden hatte, einen kleinen Kiosk aufzubauen und erklärte mir, dass sie sehr traurig sei, aber sich nun um die Zukunft kümmern müsse. Ich war beeindruckt davon wie stark diese Frau war.

 

UNHCR ist in 128 Ländern auf der ganzen Welt aktiv, in großen Städten oder abgelegenen und oft gefährlichen Orten. Gemeinsam arbeiten die Mitarbeiter von UNHCR, um vertriebenen Menschen auf der ganzen Welt zu helfen. Rund 88 Prozent arbeiten im Feld und helfen den Schutzbedürftigen unmittelbar vor Ort. Darunter auch einige Deutsche. Dieses Portrait ist Teil einer Interviewreihe, die deutsche MitarbeiterInnen und ihre Arbeit beim UNHCR vorstellt.