1. Verfassung

1.1. Staatsname

'Republika y'u Rwanda' (Republik Ruanda)

1.2. Staatssymbol und Staatswappen

Flagge: drei vertikale Streifen in den Farben Staatswappen: rot (links), gelb (Mitte) und grün (rechts). Grosses schwarzes 'R' in der Mitte der Flagge.

1.3. Staatsform

Nach der Erlangung der Unabhängigkeit am 1. Juli 1962 erhielt die Erste Ruandische Republik im November 1962 ihre Verfassung. Anlässlich einer Volksabstimmung (85% Ja) wurde sie im Jahr 1978 durch eine neue ersetzt, mit der eine Präsidialrepublik eingeführt wurde. Der ruandische Präsident war zugleich Staatschef, Premierminister und Präsident der Einheitspartei 'Mouvement Révolutionnaire National pour le Développement' (MRND). Jeder Bürger wurde mit seiner Geburt auch Mitglied dieser Partei. Der MRND und der Staatschef haben anlässlich der am 10. Juni 1991 vorgenommenen Verfassungsänderung ihre Vorrechte verloren. Mit dieser Verfassungsänderung wurden die folgenden Neuerungen eingeführt:

- das Mehrparteiensystem;

- eine Übergangsperiode von zwölf Monaten für die Einführung der Demokratie mit ursprünglich auf 1992 angesetzten Wahlen;

- die Ernennung eines Premierministers (im Oktober 1991 ernannt);

- die Einsetzung einer Übergangsregierung (Amtsantritt am 16.4.1992);

- ein Übergangsparlament, dessen Amtsantritt in der Folge verschoben wurde.

Die mit der Verfassungsänderung festgelegten Übergangsbestimmungen wurden anlässlich des Abkommens von Arusha vom 4. August 1993 zwischen der Regierung und der Opposition geändert. Gemäss diesem Abkommen hätten unter anderem während einer Übergangszeit von zwei Jahren eine Machtverteilung unter den einzelnen ruandischen Fraktionen vorgenommen und im Juni 1995 pluralistische Wahlen durchgeführt werden sollen. Die Übergangsperiode konnte aber wegen des Beginns der Massaker im April 1994 und des in der Folge entbrannten Bürgerkriegs mit dem Sieg des 'Front Patriotique Rwandais' (FPR) nicht zu Ende geführt werden. In Anbetracht der schwierigen Lage, in welcher sich das Land befindet, haben die Behörden - welche gestützt auf das Abkommen von Arusha (Bildung einer Übergangsregierung und eines -parlaments mit Mitgliedern der früheren legalen Opposition) eine teilweise Machtaufteilung vorgenommen haben - beschlossen, die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen, welche das Ende der Übergangszeit hätten bilden sollen, auf Juni 1999 zu verschieben.

2. Soziales und Kultur

2.1. Bevölkerung

Nach einer auf Juli 1996 zurückgehenden Schätzung zählte die ruandische Bevölkerung 6'853'359 Einwohner, verteilt auf 26'338 km² bei einer Bevölkerungsdichte von 260 Einwohnern pro km² (die höchste des afrikanischen Kontinents). Die wichtigsten Städte (Schätzung 1991) sind Kigali (300'000 Einwohner), Butare (40'000), Ruhengeri (30'000) und Gisenyi (22'000). Im Jahr 1996 gehörten ungefähr 80% der Bevölkerung der Ethnie der Hutu an, fast 19% der Ethnie der Tutsi und 0.5% der Ethnie der Twa (Pygmäen). Auch die folgenden Minderheiten waren vertreten: Banyenkombo (rund 57'000 Personen), Bagogwe (500 bis 1'500 Mitglieder) und Banyambo (rund 400 Personen).

2.2. Sprache

Die offiziellen Sprachen sind das Kinyarwanda (auch 'Rwanda', 'Ikinyarwanda' oder 'Orunyarwanda' genannt), Französisch und Englisch. Zu den häufigsten Sprachen zählt auch Swahili (oder 'Kiswahili') als Verkehrssprache. Kinyarwanda wird praktisch von der gesamten ruandischen Bevölkerung verstanden und kommt auch in Uganda, Ex-Zaire, Tansania und Burundi vor. Hutu (Lera, Ululera, Hera, Ndara, Shobyo, Tshogo, Ndogo), Igikiga (Kiga, Tshinga), Rutwa (Twa) und Bufumbwa sind kinyaruandische Dialekte.

2.3. Religion

Gemäss den Schätzungen von 1996 waren 74% der Bevölkerung Christen (65% Katholiken und 9% Protestanten), während annähernd 25% der Bevölkerung animistisch waren. Die Muslime machten ungefähr 1% der Bevölkerung aus. Die Zeugen Jehovas zählten etwa 7'000 Anhänger. Das Prinzip der Religions- und Überzeugungsfreiheit ist in der Verfassung von 1991 verankert.

2.4. Bildungssystem

Eine Folge der dramatischen Ereignisse, die Ruanda seit dem 6. April 1994 erschüttert haben, ist der totale Zusammenbruch des Bildungssystems. Alle Schulen sind ernsthaft beschädigt worden, zahlreiche Lehrkräfte wurden umgebracht oder leben im Exil. Dank der Hilfe der UNICEF konnten Anfang 1995 rund 250 Schulen - vor allem Primarschulen - wieder geöffnet werden, Sekundarschulen funktionierten zu diesem Zeitpunkt nur wenige. Es fehlt Ruanda, dessen Bevölkerung zu mehr als der Hälfte weniger als 18 Jahre alt ist, dramatisch an Lehrkräften und öffentlichen Schulen. Im September 1997 schätzte man, dass von 31 Schulen in Kigali gerade vier öffentlich waren. Anders als in der Vergangenheit müssen die Schüler nun eine Prüfung ablegen, um Zugang zum Sekundarniveau zu erhalten. Es ist das Niveau der Schüler, welches ihre Aufnahme bestimmt. Wer nicht die Chance hat, zu den öffentlichen Lehrgängen aufgenommen zu werden, muss sich in den in
Ruanda zahlreichen Privatschulen einschreiben. Sie werden meistens durch Elternvereinigungen von Schülern, denen die Bezahlung der Lehrkräfte leichter möglich ist als dem Staat, finanziert. Ein Problem besteht für die aus Uganda zurückgekehrten Flüchtlinge im Unterricht in englischer Sprache, da die Anzahl englisch sprechender Lehrkräfte sehr gering ist. Um dieses sprachliche Ungleichgewicht zu beseitigen, richtete das Erziehungsministerium Intensivkurse in Französisch und Englisch ein. Das Ziel ist, dass die ruandischen Schüler und Schülerinnen sich in den beiden Sprachen ausdrücken können. Die obligatorische Schulzeit gemäss dem ruandischen Bildungssystem liegt zwischen dem 7. und 15. Lebensjahr:

- Primarschule: (obligatorische Schulzeit) Die acht Jahre dauernde Primarschule ist in drei Zyklen aufgeteilt. Der erste dauert drei Jahre und vermittelt den Schülern Grundkenntnisse in Rechnen, Schreiben und Lesen. Auch der zweite umfasst drei Jahre, wobei die Schüler hier in den Fächern Französisch, Lebenskunde (Hygiene), Musik, Sport, Zeichnen und Handfertigkeit ausgebildet werden. Der letzte, zweijährige Zyklus, ist der Hauswirtschaft, der Landwirtschaft und dem Handwerk gewidmet.

- Sekundarschule: Sie dauert drei Jahre und bietet die Wahl zwischen zwei verschiedenen Richtungen an. Die eine ist auf allgemeinbildende Fächer ausgerichtet (Grundschule) und ermöglicht insbesondere den Zutritt zu den Hochschulen. Die andere legt den Schwerpunkt auf die handwerklichen Berufe, die Land- und Hauswirtschaft ('Centre d'Education Rural et Artisanal Integré', CERAI).

- Hochschule: Neben dem 'Institut Pédagogique National' (IPN) für die Ausbildung der Lehrkräfte in Butare gibt es in der gleichen Stadt die erste, im Jahr 1963 gegründete Universität des Landes, die 'Université Nationale du Rwanda'. Diese letztere wurde offiziell am 2. April 1995 wiedereröffnet (die Kurse begannen am 11. April 1995). Sie verfügt über drei Fakultäten, das heisst Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (in Butare), Sprach- und Literaturwissenschaft (in Ruhengeri) und Rechtswissenschaft (in Kigali). Zu dieser Universität kommt die Freie Universität von Kigali, welche am 31. Mai 1997 ihr erstes akademisches Jahr abschloss. Diese Universität, welche in den Gebäuden des Pastoralzentrums Saint Paul untergebracht ist, zählt zwei Fakultäten, das heisst Wirtschaft und Verwaltung.

Alphabetenrate (Schätzung von 1990): 50% (Männer: 64%; Frauen: 37%).

2.5. Medizinische Infrastruktur

Die medizinische Infrastruktur Ruandas hat während den dramatischen Ereignissen zwischen April und Juli 1994 bedeutenden Schaden davongetragen. Die Spitäler sind nicht nur beschädigt und oft auch geplündert worden, sondern waren auch gelegentlich Schauplatz von Massakern wie beispielsweise das Universitätsspital von Butare, wo am 24. April 1994 rund 170 Verwundete durch die Präsidentengarde getötet wurden. Seit Mitte 1994 haben einige Spitäler und Gesundheitszentren ihre Tätigkeiten wieder aufgenommen, aber fast alle sind, mehr oder weniger, von ausländischen NGO's abhängig. So bestand 1995 75% des in Ruanda tätigen medizinischen Personals aus ausländischen Freiwilligen, und lediglich 25% war ruandischer Herkunft. Zum Mangel an qualifiziertem Personal kommt noch der Mangel an öffentlichen Spitälern. Da das Staatsbudget beschränkt ist, leidet der Gesundheitsbereich als erster darunter. Im September 1997 gaben die ruandischen Behörden die Privatisierung des Spitalzentrums von Kigali - dessen Betten zu 60% von AIDS-Kranken belegt waren - offen bekannt. Heute muss der Grossteil der Patienten die Krankenpflege- und Hospitalisationskosten allein tragen. Die internationale Hilfe versucht zur Zeit, diese Verhältnisse zu mildern. Am 30. August 1997 unterzeichneten die Regierung und der 'Hochkommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge' (HCR) ein Abkommen über die Schaffung von Gesundheitszentren im Land. Dennoch bleiben die hygienischen und sanitären Bedingungen in Ruanda prekär. Zu den am meisten verbreiteten Krankheiten gehören - neben AIDS - die Tuberkulose, die Malaria sowie Infektionskrankheiten der Haut. Ende 1996 traten, als Folge der Rückkehr von hunderttausenden von ruandischen Flüchtlingen aus Tanzania und der Demokratischen Republik Kongo (Ex-Zaire), erneut Infektionskrankheiten wie Cholera, Typhus, Ruhr, Sumpffieber, virale Meningitis und Masern auf. Die Verbreitung von AIDS, welches bereits vor dem Völkermord zahlreiche Opfer forderte, hat in Ruanda ebenfalls beunruhigende Ausmasse angenommen. Die Krankheit verbreitete sich vor allem infolge der massiven Vergewaltigungen während des Krieges sowie der Bevölkerungsbewegungen. Nach Schätzungen waren im Januar 1997 25% der ruandischen Bevölkerung und 35% der Armeebestände HIV-positiv. Ausserdem wurde im September 1997 festgestellt, dass die städtische Bevölkerung mit 30% HIV-Positiven am stärksten betroffen war (10% in ländlichen Gebieten). Die ruandische Regierung, welche sich des Problems bewusst ist, hat ein Netz von Gesundheitsberatungen aufgezogen, um die Bevölkerung zur Prävention zu erziehen. Um diese Anstrengungen zu unterstützen, haben die UNO und die USA anlässlich der letzten Konferenz über die Seuche im Juni 1997 in Kigali eine erste Hilfe von 600'000 bzw. 4 Millionen Dollar versprochen. Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass Ruanda und vier weitere Länder der Region (Demokratische Republik Kongo, Republik Kongo, Burundi und Tanzania) am 15. August 1997 eine Übereinkunft zur Zusammenarbeit auf dem Gebiete der Bekämpfung von Epidemien wie die Cholera und die Sumpffieber unterzeichnet haben. Dieses Abkommen sieht namentlich die gemeinsame Bereitstellung von Medikamentenvorräten und Impfungen, gemeinsame medizinische Forschungsprogramme und regelmässige Zusammenkünfte vor, um Fragen der öffentlichen Gesundheit zu diskutieren. Ethnische Minderheiten Quelle: Progrom. Göttingen. Nr. 165. Mai/Juni 1992

3. Frau und Familie

In Ruanda haben die Frauen die Möglichkeit, auf politischer, wirtschaftlicher und sozialer Ebene bedeutende Positionen zu erreichen. Allerdings sind sie in diesen Bereichen nach wie vor stark in der Minderzahl. Ungefähr 98% der Frauen sind im Agrarsektor tätig. Die meisten von ihnen pflanzen die für die Ernährung der Familie bestimmten Produkte. Auch kümmern sie sich um alle traditionellen häuslichen Arbeiten, wie das Sammeln von Holz und der Transport von Wasser. Im ländlichen Milieu wird der Wert der Frau noch oft nach der Zahl der Kinder, welche sie in die Welt setzt, gemessen. Auch nach der Periode des Völkermords bleiben verschiedene gesetzliche Bestimmungen, welche die Frauen - sie machen beinahe 70% der Bevölkerung aus - diskriminieren. Obwohl Artikel 16 der ruandischen Verfassung von 1991 Gleichheit garantiert, sind die Frauen immer noch zahlreichen Einschränkungen und Restriktionen ausgesetzt. So erhebt Artikel 206 des Familienrechts von 1988 den Ehemann zum "Haupt der ehelichen Gemeinschaft", während Artikel 213 bestimmt, dass eine Frau kein kaufmännisches Gewerbe betreiben oder ohne die Zustimmung des Ehemannes keine Erwerbstätigkeit annehmen kann. Das Zivilgesetzbuch sieht seinerseits vor, dass eine Frau der Zustimmung ihres Ehemannes bedarf, um ein gerichtliches Klageverfahren anzuheben, in welchem sie persönlich auftreten muss. Für den Fall des Ehebruchs sieht Artikel 354 des Strafgesetzbuches für die Frauen eine härtere Strafe (ein Monat bis zu einem Jahr Gefängnis) vor als für die Männer (ein bis drei Monate Gefängnis). Äusserst benachteiligt bleiben die Frauen zudem im Bereich von Eigentum und Erbschaft, namentlich in den ländlichen Gegenden. Da ausdrückliche Gesetze in diesem Bereich fehlen, werden Eigentum und Erbschaft im Allgemeinen durch den Brauch bestimmt, es sei denn, es liege ein Testament vor, welches die Nutzniesser klar definiert. Nach Gewohnheitsrecht erben die Frauen nicht (sie sind sogar manchmal Teil "der Güter", welche vererbt werden). Beim Tod des Ehemannes wird der älteste Sohn zum Familienoberhaupt. Ist der Knabe noch minderjährig, muss die Frau oft die Erlaubnis eines Magistraten einholen, um die Erbschaft zu verwalten, bis das Kind das Erwachsenenalter erreicht. Fehlt ein Sohn, ist es die Familie des Ehemannes, welche Anspruch auf die Erbschaft erhebt. Von daher läuft die Witwe Gefahr, mit leeren Händen von der Schwiegerfamilie ausgestossen zu werden. Traditionellerweise erben die Töchter nicht von ihrem Vater, ausser wenn sie nicht verheiratet sind und kein männlicher Nachfolger vorhanden ist. In Anbetracht dieser Verhältnisse hat der ruandische Staatschef, Pastor Bizimungu, im März 1995 angekündigt, dass das Ministerium für Familie und Soziales die diskriminierenden Gesetze, welche die Frauen und Kinder betreffen, revidieren werde. So wurde ein Verfahren in drei Phasen vorgesehen, das heisst: (1) Sitzung der Experten, um die diskriminierenden Bestimmungen im Gesetz aufzuheben, (2) Beratung und Schulung der Frauen und (3) Übernahme von Vorschlägen der Frauen. Die erste Phase begann im Juni 1995 und wurde im September des gleichen Jahres beendet. Im Zeitpunkt der Redaktion dieses Blattes war die Regierung mit der Durchführung der zweiten Phase beschäftigt. Mit den Kindern waren die Frauen - insbesondere jene über 50 Jahre - die vom Völkermord am meisten betroffene Gruppe. Eine sehr grosse Anzahl von Frauen und Mädchen, welche den Völkermord überlebten, wurden vergewaltigt. Mehrere von ihnen wurden mit dem AIDS-Virus angesteckt, geschwängert oder erlitten Verstümmelungen, vor allem der Geschlechtsorgane. Im psycho-physiologischen Bereich sind die Folgen der sexuellen Gewalt gravierend. So gibt es vergewaltigte Frauen, welche es vorzogen, sich von keinem Arzt untersuchen zu lassen, aus Angst vor der Entdeckung, mit dem AIDS-Virus angesteckt worden zu sein. Oft suchten sie aus Scham, aber auch aus Geldmangel, oder weil eine Krankenpflegestation gar nicht erreichbar war, keinen ärztlichen Beistand auf. Alle diese Schwierigkeiten haben nur noch zur Verschlimmerung der durch die Vergewaltigungen verursachten gesundheitlichen Probleme beigetragen. Im Januar 1997 machten die ruandischen Ärzte darauf aufmerksam, dass die hauptsächlichsten Gesundheitsprobleme bei den Frauen die sexuell übertragbaren Krankheiten, die Traumatas und die psychologischen Probleme sowie die Komplikationen als Folge unsachgemässer Abtreibungen sind. Obwohl die Abtreibung in Ruanda illegal ist, konnten zahlreiche Frauen die Idee nicht ertragen, ein Kind von einem Soldaten zu haben, welcher sie vergewaltigt hatte. Verschiedene Frauen, welche nach einer Vergewaltigung schwanger waren, trieben die eigene Frucht ab und nahmen dabei oft beträchtliche gesundheitliche Risiken in Kauf, vor allem bei Abtreibungen bei bereits fortgeschrittener Schwangerschaft. Die vergewaltigten Frauen, welche sich dazu entschlossen, ihr Kind zu behalten, wurden meist von ihren Familien verstossen. Gleichzeitig wurden zahlreiche, aus einer Vergewaltigung hervorgegangene Kinder verlassen. Was die Kinder anbelangt, so gaben die internationalen Organisationen - vor allem das UNICEF - im Jahre 1995 an, dass sie einen Drittel der Opfer des Völkermords ausmachten (insbesondere die jungen Mädchen sowie die Kinder und Kleinkinder unter zwei Jahren). Nach weiteren Schätzungen erlitten 80 bis 90% der überlebenden Kinder starke Traumatas, während zahlreiche junge Mädchen, welche die Massaker überlebten, Opfer von Vergewaltigungen wurden. Die "unbegleiteten Kinder", meistens Waisen, von denen die Hälfte im Innern des Landes herumirrte und die andere Hälfte in den Flüchtlingslagern der grenznahen Gebiete dahinvegetierte, wurden demgegenüber auf 150'000 beziffert. Nach Angaben des 'Internationalen Komitees vom Roten Kreuz' (IKRK) im September 1997 hatten bereits 28'000 "unbegleitete Kinder" ihre Familien wiederum gefunden. Zur gleichen Zeit schätzte man die Zahl der Waisen, von denen einige alleine lebten, auf 500'000. So wurde beispielsweise bestätigt, dass in der Präfektur Byumba 200 "Familien" nur aus Waisen bestanden, deren "Familienhäupter" zwischen 11 und 15 Jahren alt waren.

4. Medien

4.1. Nachrichtenagenturen

Die 'Agence rwandaise de presse' (ARP) wurde 1975 gegründet und hat ihren Sitz in Kigali.

4.2. Zeitungen und Zeitschriften

Zeitungen:

- Kinyamateka (= 'Die Zeitung' in Kinyarwanda): die unabhängige, der katholischen Kirche nahestehende Zeitung besteht seit 1933 und ist somit die älteste des Landes. Seit Ende 1994 erscheint sie wieder, unterstützt von 'Reporters sans Frontières'. Auch wenn sie nicht als regierungsfeindlich bezeichnet werden kann, so ist sie der heutigen Regierung gegenüber doch recht kritisch eingestellt. Ihre heutige Auflage beläuft sich auf 11'000 Exemplare.

- Le Messager: unabhängige, der aktuellen Regierung gegenüber eher kritisch eingestellte Zeitung. Der Herausgeber des 'Messager', Isaie Niyoyita - er ist auch der Herausgeber der Zeitung 'Intego' - ist seit Mitte 1996 untergetaucht. Der Direktor der Zeitung ist Amiel Nkuliza (vgl. 'Le Partisan').

- Le Partisan: unabhängige, gegenüber den Behörden kritisch eingestellte Zeitung, deren Chefredaktor, Amiel Nkuliza, ebenfalls der Direktor der Zeitung 'Le Messager' ist. Nkuliza, welcher im Mai 1997 verhaftet wurde, ist am 13. September 1997 wieder freigelassen worden.

- The Rwanda Time: englischsprachige, kürzlich erschienene Zeitung.

Zeitschriften:

- Dialogue: 1967 gegründete, zweimonatlich erscheinende, unabhängige und christliche Publikation. Nach dem Tode mehrerer seiner Journalisten während des Völkermordes wurde die Redaktion des 'Dialogue' Ende 1994 in Belgien neu gebildet. Seither und bis heute wird der 'Dialogue' von Brüssel aus publiziert.

- Journal Officiel: das 'Journal Officiel' der Republik Ruanda wird alle zwei Wochen vom Präsidialbüro veröffentlicht.

- Imvaho: 1990 gegründete, dem FPR nahestehende Zeitschrift in Kinyarwanda. Heutige Auflage: 51'000 Exemplare.

- Intego: gilt als "Nachfolgerin" des 'Messager', weil vom gleichen Herausgeber (vgl. Zeitungen) publiziert. Das Erscheinen von 'Intego' - einer unabhängigen Wochenzeitschrift mit eher kritischer Einstellung gegenüber der Regierung - wurde von den Behörden im Juli 1996 verboten.

- Nyabarongo: unregelmässig erscheinende satirische Publikation, dem FPR nahestehend, von 'Reporters sans Frontières' unterstützt.

- La Relève: es handelt sich um eine amtliche Monatszeitschrift. Erscheint in französischer Sprache mit einer Auflage von 1'700 Exemplaren.

4.3. Radio

- Radio 'Agatashya' (= "hoffnungsbringende Schwalbe"): dieser Sender wurde Mitte 1994 gegründet und bringt humanitäre Informationen, insbesondere für die in die Nachbarstaaten Ruandas geflüchteten Ruander. Zu Beginn seiner Existenz wurde der Sender von 'Reporters sans Frontières' unterstützt und wird seit dem 17. März 1995 von der 'Fondation Hirondelle' finanziert.

- Radio 'Mille Collines': Privatsender, massgeblich verantwortlich für die Massaker in Ruanda. Der Präsident dieses Senders, Félicien Kabuga (am 18. August 1994 aus der Schweiz weggewiesen), war Hauptaktionär.

- Radio 'Rwanda': amtlicher Sender, Nachfolger des ehemaligen nationalen Radiosenders ('Radiodiffusion de la République Rwandaise'), welcher im Jahr 1961 gegründet wurde. Radio 'Rwanda' bringt täglich Sendungen in Französisch, Kinyarwanda, Swahili und Englisch.

Beizufügen bleibt, dass das 'Office Rwandais d'Information et de Radiodiffusion' (ORINFOR) am 29. September 1997 mit dem 'BBC World Service' eine Übereinkunft getroffen hat, damit dieses mit Wirkung ab Ende 1997 in Kigali und Umgebung Programme auf Kurzwelle (Frequenz: 93,3 MHz) in Englisch, Französisch, Kinyarwanda und Swahili ausstrahlen kann. Das internationale deutsche Radio 'Deutsche Welle' verfügt seinerseits bereits über einen Sender in Kigali, welcher Programme in Deutsch, Haussa, Portugiesisch und Amharisch überträgt.

4.4. Fernsehen

- Ruandisches Fernsehen: aus Mangel an Personal und technischen Mitteln musste das 'Office Rwandais d'Information et de Radiodiffusion' (ORINFOR) die Fernsehprogramme anfangs 1997 aussetzen. Die Behörden kündigten jedoch im Oktober 1997 an, dass die besagten Programme anfangs November 1997 wiederum ausgestrahlt würden. Sie gaben ferner bekannt, dass der Programmempfang auf ruandischem Gebiet zu 60% gewährleistet sein werde, während dies vorher nur in Kigali (Hauptstadt) und Umgebung der Fall war.

- 'Télé 10': 'Télé 10' wurde offiziell am 4. Oktober 1997 in Betrieb genommen. Dank dieser Kette haben die Einwohner von Kigali und der peripheren Zonen der Hauptstadt die Möglichkeit des Zugangs zu etwa einem Dutzend internationaler Fernsehprogramme.

5. Wirtschaft

5.1. Volkswirtschaft

Ruanda hat die kriegsbedingten Schäden noch nicht abschliessend eruiert. Neben den menschlichen Verlusten ist auch das Ausmass der Schäden, welche die wirtschaftliche, soziale und administrative Infrastruktur davongetragen hat, unabsehbar. Allein der Rückgang des Bruttosozialprodukts wird im Jahr 1994 auf mehr als 50% geschätzt, wobei bereits im Jahr 1993 ein Rückgang von 11% zu verzeichnen war. Am 18. und 19. Januar 1995 legte die Regierung in Genf den Geberländern und den internationalen Institutionen einen als 'Programm der nationalen Versöhnung und des sozio-ökonomischen Wiederaufbaus' bezeichneten Plan vor, dessen Verwirklichung ein Budget von 764 Millionen Dollar erforderte. Seither haben mehrere Länder und internationale Organisationen ihren finanziellen Beitrag zum Wiederaufbau des Landes beigetragen. Dank internationaler Hilfe wurde die Regierung in den Stand gesetzt, so rasch wie möglich zu handeln und die Verteilernetze zu reaktivieren sowie Wasser- und Elektrizitätsversorgung an den nicht zu stark beschädigten Orten wiederherzustellen. So floss im September 1997 das Wasser in Kigali und in den Hauptorten des Landes insbesondere dank der effizienten Arbeit der spezialisierten Teams des 'Internationalen Komitees vom Roten Kreuz' (IKRK) wieder normal aus den Hahnen. In den Häusern der ruandischen Hauptstadt gab es zudem rund um die Uhr Elektrizität, und das Telefon funktionierte wieder. Zur gleichen Zeit wurden die Märkte und die Händler von Kigali wiederum beliefert, und in der ruandischen Hauptstadt war alles, oder fast alles, zu haben. Auf der 'Avenue de Commerce', der Hauptladenstrasse von Kigali, verkauften die Ladeninhaber Verbrauchsgüter aller Art, vom neuen Reifen bis zu Kleidern mit "Herkunft Paris". Ein wenig weiter unten, auf dem Markt von Nyabarongo, boten die Bauern Bananen, Kartoffeln, Hirse und Maniok an. Ende 1996, mit der massiven Rückkehr von Flüchtlingen, konnte man sehen, wie sich die Landwirtschaft erholte. Allerdings ist festzustellen, dass die örtliche Landwirtschaft wegen dem in den nördlichen Präfekturen, das heisst Ruhengeri und Gisenyi, vorherrschenden Klima der Unsicherheit schwer litt. In der Tat zögern die Chauffeure von schweren Fahrzeugen, das Abenteuer einzugehen, sich in eine derart unsichere Gegend zu begeben. Deshalb können die örtlichen Produktionen, darunter eine spezielle Kartoffelsorte, nicht auf den Markt gelangen. Desgleichen ist darauf hinzuweisen, dass die letzte Ernte im Land unter erschwerten Wetterbedingungen litt und der Preis des Kaffees, Hauptdevisenquelle des Landes, deswegen dramatisch zurückging. Diese Wirtschaftslage brachte eine galoppierende Inflation und eine zunehmende Verarmung der Bevölkerung mit sich. Im September 1997 lebte nach Schätzungen 30% der Bevölkerung unter der Armutsschwelle, gegenüber lediglich 10% vor dem Völkermord.

5.2. Beschäftigungssituation

Im September 1997 zogen es zahlreiche diplomierte Arbeitskräfte vor, für die 130 nichtstaatlichen, in Ruanda tätigen internationalen Organisationen, statt für den Staat, zu arbeiten. Die von diesen Organisationen bezahlten Löhne waren nämlich im Durchschnitt zwei Mal höher als diejenigen der Staatsangestellten. Dies war der Grund für einen ständigen Mangel an qualifiziertem Kader für den Staat, insbesondere im Unterrichtsbereich. Was die Arbeitszeit anbelangt, sei daran erinnert, dass die Abgeordneten des Übergangsparlaments am 6. Mai 1996 ein Gesetz zur Einführung der 40-Stunden-Woche annahmen. Dieses Gesetz änderte dasjenige vom 28. Februar 1967, in welchem 45 Wochenstunden festgelegt waren. Soziale Unruhen, namentlich bei der Einführung des neuen Gesetzes über Steuern und Einkommen, welches vom Parlament am 22. April 1996 verabschiedet wurde, beeinträchtigten ausserdem das wirtschaftliche Klima des Landes. Dieses Gesetz - welches vorsieht, dass jeder Gewinn von 1 Million Frw monatlich mit einem Vorschuss von 3% zuhanden der Staatskasse besteuert werden muss - löste vor allem bei den Kaufleuten Proteste aus. Diese beschlossen daraufhin, ihre Geschäfte vom 22. bis 31. Juli 1997 geschlossen zu halten.

5.3. Währung

Währung: 'Franc rwandais' (Frw) 1 Frw unterteilt in 100 'centimes'. Wechselkurs (Januar 1997): 100 Frw = ~ 2.10 Sfr. Am 3. Januar 1995 hat die neue Regierung neue Banknoten in Umlauf gesetzt, um diejenigen zu ersetzen, welche die ehemaligen Regierungsvertreter auf den Weg in ihr Exil mitgenommen haben. Im September 1997 stellte man fest, dass sich die Inflation seit 1994 vervierfacht hatte. Zur gleichen Zeit wurde das Salär eines mittleren Kaders auf 20'000 Frw geschätzt, während eine Wohnung in Kigali kaum unter 40'000 Frw zu mieten war.

6. Mobilität

6.1. Kommunikationsmittel

Theoretisch verfügt Ruanda über ein Strassennetz von 12'070 km, davon sind 3'100 km Haupt- und 4'900 km Nebenstrassen, der Rest sind zum Teil einfache Pfade. Schätzungsweise lediglich 440 Strassenkilometer sind bei jeder Witterung befahrbar. Bedingt durch die bergige Topografie, den Mangel an Fahrzeugen und die unsichere Lage sind Reisen oft mit grossen Schwierigkeiten verbunden, vor allem von abgelegenen Ortschaften aus, wo die Strassen schlecht sind oder sich die privaten Transportunternehmer nicht hinwagen. Zu vermerken ist, dass Ruanda über kein Eisenbahnnetz verfügt. Der gesamte Luftverkehr wickelt sich über den Flughafen von Kanombe (Kigali) ab. Bei der Erstellung dieses Informationsblattes gab es keinen direkten Flug von der Schweiz (Zürich oder Genf) nach Kigali. Die 'Swissair' flog dreimal pro Woche (Montag, Mittwoch und Samstag) einzig bis Nairobi (Kenia); die Verbindung Nairobi-Kigali wurde von der 'Cameroon Airlines' (Dienstag, Donnerstag und Sonntag) gewährleistet. Die belgische Fluggesellschaft 'Sabena' unterhielt ihrerseits eine direkte Verbindung zwischen Brüssel und Kigali. Diese Verbindung bestand zweimal pro Woche, das heisst am Montag und am Samstag (Hin- und Rückflug am gleichen Tage). Obschon die 'Air Rwanda' immer noch besteht, waren bis heute keine präzise Informationen betreffend die Inlandflüge erhältlich. Bekannt ist einzig, dass die Flüge, welche regionale Linien abdecken, vom Flughafen von Cyangugu aus erfolgen. Zu vermerken ist auch, dass das offizielle Radio am 12. November 1996 bekanntgab, Ruanda habe ein Abkommen abgeschlossen, um sich der Lufttransportgesellschaft 'Air Alliance' anzuschliessen. Das ruandische Telefonnetz, welches im Wesentlichen auf einem System von Kurzwellenfunk beruht, ist normalerweise in der Lage, die wichtigsten Städte des Landes zu verbinden. Insbesondere das Ortsnetz von Kigali gilt als qualitativ gut. Bereits Mitte April 1995 funktionierten die telefonischen Verbindungen in der ruandischen Hauptstadt normal. Demgegenüber war ein chronischer Mangel an internationalen Linien zu verzeichnen. So laufen die Kontakte mit den nahen Ländern über ein Kurzwellenfunknetz, während die weiter entfernten Länder über Satellit erreicht werden.

6.2. Reisepapiere

Reisepass:

Die Verteilung des neuen nationalen Reisepasses ('urwandiko rw'abajya mu mahanga) - der in Deutschland gedruckt wurde und einen blauen Umschlag aufweist - begann am 20. Juni 1996. Der Pass wird vom Innenministerium ausgestellt, und zwar für alle Bürger ab dem vollendeten 16. Altersjahr, welche ihn beantragen. Der neue Pass kostet 10'000 Frw und ist fünf Jahre gültig. Der alte gewöhnliche Reisepass (kastanienbrauner Umschlag) ist seit dem 30. September 1996 nicht mehr gültig. Im Ausland können die Botschaften einen neuen Reisepass nur mit der Erlaubnis des Innenministeriums in Kigali ausstellen. Es ist darauf hinzuweisen, dass die zwischen dem 7. April 1994 und dem 14. März 1995 von den diplomatischen Vertretungen Ruandas ausgestellten Reisepässe ungültig sind, weil die Botschaften erst zu diesem letztgenannten Zeitpunkt offiziell wieder geöffnet waren. Die Diplomatenpässe (blauer Umschlag) und Dienstpässe (schwarzer Umschlag), welche vor dem 1. Oktober 1995 ausgestellt wurden, sind seit dem 1. Januar 1996 ebenfalls nicht mehr gültig.

Identitätsausweis:

Der alte, zweiseitige Identitätsausweis ('karita y'ibiranga umuntu') trug Einträge in französischer und kinyaruandischer Sprache sowie im speziellen die Rubrik mit der ethnischen Herkunft des Inhabers: "Hutu / Tutsi / Twa / Naturalisiert". Die vom Staatschef am 30. Juli 1994 angekündigte Einführung eines neuen Identitätsausweises ohne Angaben hinsichtlich der ethnischen Zugehörigkeit oder des ausgeübten Berufs, lief am 15. April 1996 an. Der neue Ausweis wird für alle Bürger ab dem vollendeten 16. Altersjahr ausgestellt.

7. Regierung

7.1. Staatsoberhaupt

Präsident der Republik: Nach der Machtübernahme durch den FPR Mitte 1994 wurde am 17. Juli 1994 mit der Person von Pasteur Bizimungu (Hutu, Mitglied des FPR) ein neuer Staatschef nominiert. Vizepräsident der Republik: Am 19. Juli 1994 trat der Verteidigungsminister, General Paul Kagamé, ehemaliger Stabschef der Patriotischen Armee Ruandas (Armée patriotique rwandaise, APR, Armee des FPR), den neu geschaffenen Posten des Vizepräsidenten an. Gemäss Beobachtern handelt es sich dabei um den eigentlichen "starken Mann" der ruandischen Regierung.

7.2. Landesregierung

Premierminister: Pierre-Célestin Rwigema, ein Hutu von 42 Jahren und Mitglied des 'Mouvement Démocratique Républicain' (MDR), hat das Amt am 31. August 1995 von Faustin Twagiramungu übernommen. Twagiramungu, Premierminister seit dem 19. Juli 1994, war am 28. August 1995 zurückgetreten. Regierung: Am 19. Juli 1994 trat die 'Regierung der nationalen Einheit' (Gouvernement d'union nationale) ihr Amt an. Seither änderte sich ihre Zusammensetzung mehrmals, zuletzt am 28. März 1997. Ministerliste (Stand: 28. März 1997) Premierminister: Pierre-Célestin Rwigema (MDR/Hutu) Verteidigung (und Vizepräsident): Maj-Gén. Paul Kagamé (FPR/Tutsi) Äussere Angelegenheiten: Anastase Gasana (MDR/Hutu) Inneres: Sheik Abdulkarim Harelimana (FPR/Tutsi) Planung und Finanzen: Jean Berchmans Birara (Unabhängig/Tutsi) Industrie und Handel: Bonaventure Niyibizi (---/---) Kommunikationsmittel: Charles Ntakirutinka (PSD/Hutu) Justiz: Faustin Ntezilyayo (Unabhängig/Hutu) Information: Jean-Nepomucène Nayinzira (PDC/Hutu) Präsidial: Patrick Mazimpaka (FPR/Tutsi) Familie und Soziales: Aloysia Inyumba (FPR/Tutsi) Bildung: Dr. Joseph Karemera (FPR/Tutsi) Landwirtschaft und Umwelt: Augustin Yamuremye (PSD/Hutu) Gewerbe, Bergbau und Tourismus: Marc Rugenera (PSD/Hutu) Gesundheit: Dr. Vincent Biruta (PSD/Hutu) Öffentliche Dienstleistungen und Arbeit: Dr. Joseph Nsengimana (PL/Tutsi) Bau: Laurien Ngirabanzi (FPR/Tutsi) Jugend und Sport: Dr. Jacques Bihozagara (MDR/Hutu)

8. Parlament

'Übergangs-Nationalversammlung': Das neue, aus 70 Mitgliedern bestehende Parlament trat sein Amt am 25. November 1994 an. Es setzt sich aus Vertretern des FPR und sieben anderer politischer Parteien zusammen, von denen einige in der neuen Regierung vertreten sind. 13 der 19 Sitze, auf die der MRND (ehemalige Einheitspartei) und seine Satellitenparteien gemäss dem Friedensabkommen von Arusha vom August 1993 Anspruch gehabt hätten, wurden unter den verschiedenen politischen Parteien der neuen Nationalversammlung aufgeteilt. Von den sechs übriggebliebenen Sitzen gingen fünf an die Vertreter der Armee und der Gendarmerie. Präsident der Nationalversammlung: Für diesen Posten wurde am 7. März 1997 Joseph Sebarenzi vom 'Parti Libéral' (PL) als Nachfolger von Juvénal Nkusi, Mitglied des 'Parti Social-Démocrate' (PSD), ernannt. Letzterer war am 10. Februar 1997 nach einer Abstimmung über einen Misstrauensantrag durch das Parlament seines Amtes enthoben worden. Vizepräsidentin: Jacqueline Muhongayire (PSD) Sekretär: Omar Hamidou (PDI) Sitzverteilung: FPR (13 Sitze), MDR (13), PSD (13), PL (13), PDC (6), Armee/Gendarmerie (6), PDI (2), PSR (2) und UDPR (2).

9. Verwaltung

Das Land besteht aus 12 'préfectures' (Präfekturen): Kigali 'Urbain' (Kigali-Stadt), Kigali 'Rural' (Kigali-Land), Ruhengeri, Gisenyi, Byumba, Kibungo, Gitarama, Butare, Gikongoro, Cyangugu, Kibuye, und - seit dem 19. April 1996 - die neue Präfektur von Mutara (oder Umutara). Die Präfekturen sind in 'sous-préfectures' (Unterpräfekturen), 'communes' (Gemeinden), 'secteurs' (Bezirke) und 'cellules' (Zellen) aufgeteilt. Die ruandischen Präfekturen Quelle: Reliefweb (Internet). Rwandan Prefectures. 10.3.1997 (geändert)

10. Wahlen

Am 19. Dezember 1988 haben in Ruanda mit der Wiederwahl von Präsident Juvénal Habyarimana - dem einzigen Kandidaten - die letzten Präsidentschaftswahlen stattgefunden. Die Parlamentswahlen fanden am 26. Dezember 1988 statt und waren nur für die Mitglieder des MRND (ehemalige Einheitspartei) bestimmt. Das Abkommen von Arusha vom 4. August 1993 schrieb eine Übergangsphase von zwei Jahren vor, die zwingend in pluralistische Wahlen, die für Juni 1995 vorgesehen waren, münden sollte. Nach seiner Machtübernahme im Juli 1994 verschob der 'Front populaire Rwandais' (FPR) in Anbetracht der schwierigen Lage im Land diesen Wahltermin auf Juni 1999.

11. Recht und Gerichtswesen

11.1. Recht

Das ruandische Gerichtswesen lehnt sich an das Erbe der ehemaligen belgischen Kolonisatoren an. Neben dem geschriebenen Recht spielt das Gewohnheitsrecht eine bedeutende Rolle. Der Völkermord hat das Gerichtswesen praktisch ausgelöscht. Nach Angaben vom Februar 1995 blieben von den 800 Magistraten, welche das Land vor dem Völkermord zählte, nicht mehr als ungefähr 200 übrig, wovon 190 in den Kantonsgerichten tätig waren. In den Gerichten und Staatsanwaltschaften waren nur 12 Richter im Amt. Von den etwa hundert Beamten der Staatsanwaltschaft blieb nur etwa ein Dutzend übrig. Die Gerichtspolizei besass nicht mehr als 36 Inspektoren (OPJ), anstelle von 300. Von daher genossen die Bildung und die Einsetzung von zuständigem Gerichtspersonal bei den ruandischen Behörden und der internationalen Gemeinschaft erste Priorität. So zählte das Land im Juli 1997 bei einem Total von 2'177 Gerichtsbeamten 910 Richter, 105 Staatsanwälte, 270 Inspektoren der Gerichtspolizei (IPJ), 198 Gerichtsschreiber, 63 Staatsanwaltschaftssekretäre sowie 631 weitere Magistraten. Am 2. April 1996 wurde ebenfalls ein 'Höherer Rat der Magistratur' ('Conseil Supérieur de la Magistrature'), bestehend aus 20 Magistraten, eingesetzt.

11.2. Ordentliche Gerichte

Die auf der Basis der Verfassung von 1978 neuorganisierte ruandische Gerichtsorganisation umfasst von unten nach oben 'Kantonsgerichte' ('Tribunaux de canton'), 'Erstinstanzliche Gerichte' ('Tribunaux de première instance'), vier 'Berufungsgerichte' ('Cours d'appel'), den 'Obersten Gerichtshof' ('Cour suprême'), einen 'Kassationshof' ('Cour de cassation'), einen 'Rechnungshof' ('Cour des comptes') sowie einen 'Verfassungsgerichtshof' ('Cour constitutionnelle'). Kantonsgerichte. Diese Gerichte bilden die erste Stufe des ruandischen Gerichtswesens. Es gibt im ganzen Land ungefähr 140 Kantonsgerichte. Erstinstanzliche Gerichte. Man zählt ein Gericht erster Instanz in jeder Präfektur. Es sind die 'spezialisierten Kammern' ('Chambres spécialisées') der erstinstanzlichen Gerichte, welchen die Beurteilung der vermutlichen Urheber des Völkermords in Ruanda obliegt. Berufungsgerichte. Es gibt vier Berufungsgerichte in Ruanda. Drei dieser Gerichte sind in Kigali, Cyangugu und Ruhengeri. Seit dem 5. Mai 1996 werden die Berufungsgerichte von Kigali und Cyangugu von Odette Marara bzw. Cassien Nzabonimana präsidiert. Der oberste Gerichtshof. Er besteht aus 20 Magistraten. Der Präsident und die fünf Vizepräsidenten des obersten Gerichtshofes haben am 17. Oktober 1995 vor der Nationalversammlung (Parlament) den Eid abgelegt. Es handelt sich um Jean Mutsinzi (Präsident des obersten Gerichtshofs), Balthazar Kanobana (Präsident der Gerichte), Major Augustin Cyiza (Präsident des Kassationshofs), Paul Rutayisire (Präsident des Verfassungsgerichtshofs) Paul Ruyenzi (Präsident des Rechnungshofs) und Vincent Nkezabanawa (Präsident des Staatsrates). Dieser letztere - er wurde unter ungeklärten Umständen ermordet - wurde Mitte 1997 durch Rechtsanwalt Alipe Nkundiyaremie ersetzt. Zu bemerken ist noch, dass der 'Staatsrat' diejenige Instanz darstellt, welche mit den verwaltungsrechtlichen Streitigkeiten befasst ist.

11.3. Sondergerichte

Internationales Strafgericht für Ruanda (TPR). Es wurde auf der Basis einer am 8. November 1994 angenommenen Resolution des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen geschaffen; ihm obliegt die Verfolgung, Beurteilung und Verurteilung der Verantwortlichen des Völkermords von Ruanda für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 1994. Das Gericht wurde offiziell im Rahmen einer Feier in Den Haag (Niederlande) am 27. Juni 1995 eingesetzt und hat seinen Sitz in Arusha (Tanzania). Das TPR muss insbesondere etwa 400 Personen beurteilen, welche als die hauptsächlichen Urheber des Völkermords gelten. Die erste Anklage des TPR geht auf den 12. Dezember 1995 zurück, während der erste Prozess vor diesem Gericht am 9. Januar 1997 eröffnet wurde. Bis zur Redaktion dieses Blattes hatte das TPR noch keine einzige Verurteilung ausgesprochen.

11.4. Militärgerichte

Ende 1994 wurde die Einsetzung eines Militärgerichts in Ruanda bekanntgegeben. Am 19. April 1997 wurden 11 Militärrichter vom Staatschef,
Pasteur Bizimungu an die Spitze dieses Gerichts berufen. Gleichzeitig wurde ein 'Kriegsrat' ('Conseil de guerre') unter der Leitung von Oberstleutnant John Peter Bagabo geschaffen. Das von Oberst Steven Ndugutse geleitete Militärgericht ist zuständig für die Beurteilung der militärischen Straftaten und kann die Todesstrafe aussprechen. Es besteht aus zwei Kammern: der ersten obliegt die Beurteilung der Soldaten und der Offiziere bis zum Hauptmannsgrad; der zweiten die Beurteilung der höherrangigen Offiziere (vom Major bis zum Obersten). Anzumerken ist noch, dass am 18. Januar 1996 vom ruandischen Parlament ein Gesetz angenommen wurde, welches die Militärgerichte ermächtigt, die zivilen Komplizen der Soldaten zu beurteilen.

12. Militär und Sicherheitsorgane

12.1. Militär

Die Patriotische Armee Ruandas (Armée Patriotique Rwandaise, APR). Der bewaffnete Flügel des 'Front Patriotique Rwandais' (FPR), übernimmt zur Zeit die Rolle der Regierungsarmee. Vor der Machtübernahme durch den FPR wurde die Sicherheit des Landes durch die 'Forces Armées Rwandaises' (FAR, Ruandische Streitkräfte) gewährleistet. Der Militärdienst war obligatorisch. Die APR wird von Paul Kagamé, einem Tutsi-Offizier, welcher früher in der 'National Resistance Army' (NRA, ugandische Armee) gedient hatte, befehligt. Die Offiziere und Soldaten der APR werden 'Inkotanyi' ("combattants valeureux", "tapfere Kämpfer") genannt und wurden vor allem in der vor langer Zeit nach Uganda ausgewanderten ruandischen Gemeinschaft rekrutiert. Deshalb sind zahlreiche Mitglieder der APR englischsprechend. Am 22. September 1997 leiteten die Behörden mit der Entwaffnung von 4'800 Soldaten die erste Phase eines grossangelegten Programmes zur Verminderung der Bestände der Patriotischen Armee Ruandas ('Armée Patriotique Rwandaise', APR) ein. Diese Operation, welche 57'500 Soldaten anvisiert, davon 40'000 aus den ehemaligen 'Ruandischen Streitkräften' ('Forces Armées Rwandaises', FAR) und 17'500 'Freiwillige' der APR, und welche in zwei Phasen auf drei Jahre verteilt umgesetzt werden soll, strebt eine erhebliche Verminderung der Militärausgaben, welche sich auf 34% des Staatsbudgets belaufen, an. Sie soll ebenfalls die Neuorganisation der APR, eine aus dem Widerstand hervorgegangene und 1994 in eine konventionelle Armee umgeformte Guerillaarmee, erlauben. Spezialeinheiten der APR:

- Präsidentengarde (GP). Die Mitglieder der heutigen Präsidentengarde tragen khakigrüne Uniformen sowie schwarze Baskenmützen. Das Hauptquartier der Präsidentengarde liegt im Quartier Kimihurura in Kigali.

- Para-Kommandos. Die Mitglieder dieser Eliteeinheiten tragen Tarnanzüge und grün-, braun- und beigegefleckte Baskenmützen.

12.2. Polizei und Gendarmerie

- Local Defence Force (LDF). Diese Ende 1995 geschaffene Spezialpolizei ist in der Präfektur der Stadt Kigali tätig. Ihre Mitglieder - welche eine zweiwöchige Ausbildung absolvierten - tragen eine Uniform und sind ausschliesslich damit beauftragt, die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten. Ferner obliegt ihnen die Kontrolle des Handels, insbesondere den Absatz von Getränken, sowie die Überwachung des Geldwechsels und der öffentlichen Gebäude.

- Police militaire (PM, Militärpolizei). Ihre Mitglieder tragen grüne Uniformen sowie eine um den Arm gewickelte Binde gleicher Farbe mit den Initialen 'MP' in weisser Farbe.

- Gendarmerie. Die ruandische Gendarmerie hat polizeiliche Funktionen. Ihre 1'500 Mitglieder tragen khakifarbene Uniformen und dunkelrote Baskenmützen. Das Hauptquartier der Gendarmerie liegt in Kacyiru (Kigali).

12.3. Milizen

- Impuzamugambi (Miliz der CDR). Die Führer der CDR haben Mitte 1992 die 'Impuzamugambi' ("diejenigen mit gemeinsamen Interessen") ins Leben gerufen und wurden von der Präsidentschaftsgarde in der Militärbasis von Mutara im Nordosten des Landes trainiert. So wie ihre Verwandten, die 'Interahamwe', sind auch die 'Impuzamugambi' verantwortlich für die furchtbarsten Massaker an den Angehörigen der Ethnie der Tutsi und den oppositionellen Hutu. 'Impuzamugambi'-Milizen sind, sei es im Exil, sei es - heimlich - im Innern Ruandas, immer noch aktiv.

- Interahamwe (Miliz des MRND). Die Miliz 'Interahamwe' ("diejenigen, die gemeinsam angreifen") ist mit dem MRND (ehemalige Einheitspartei) eng verbunden. Die Mitglieder dieser Miliz, unter der Führung von Robert Kajuga (ein Tutsi !) und trainiert von den Offizieren der Präsidentschaftsgarde, sind als eigentliche 'Todesschwadronen' in Erscheinung getreten und sind verantwortlich für die schlimmsten Massaker und Menschenrechtsverletzungen in Ruanda. Zur Zeit bleiben die 'Interahamwe'-Milizen weiterhin ein Instabilitätsfaktor, insbesondere im Nord-Westen von Ruanda, wo sie bewaffnete Angriffe gegen die Bevölkerung führen.

12.4. Geheimdienste

Department of Military Intelligence (DMI). Es handelt sich um den Nachrichtendienst der 'Ruandischen Volksarmee' ('Armée Populaire Rwandaise', APR). Die Agenten des DMI handeln oft in Zusammenarbeit und mit der Unterstützung von Agenten der Polizei (Gendarmerie).

13. Inhaftierung und Strafvollzug

In Ruanda bleiben die Rechtslage und die Zustände in den Gefängnissen kritisch. So sind die meisten Haftanstalten hoffnungslos überfüllt. Im September vegetierten etwa 120'000 des Völkermordes angeklagte Gefangene - darunter Männer, Frauen und Minderjährige - in den etwa 192 im Land verzeichneten Gefängnissen, Erziehungslagern oder kommunalen Kerkern. Jede Woche kamen Hunderte von neuen Gefangenen zu dieser bestehenden Gefängnisbevölkerung hinzu. Es ist jedoch zu betonen, dass die Hilfe der in Ruanda tätigen internationalen Gemeinschaft und der verschiedenen Nichtregierungsorganisationen (NGO) eine spürbare Verbesserung der Haftbedingungen hinsichtlich Hygiene und Verpflegung der Häftlinge gebracht hat. Dank dieser Hilfe sind auch neue Haftzentren eröffnet worden, um die Überbevölkerung in den wichtigsten Gefängnissen des Landes zu reduzieren. Ferner trug diese internationale Hilfe dazu bei, dass die schlechte Behandlung der Gefangenen praktisch aufhörte. So hatte das 'Internationale Komitee vom Roten Kreuz' (IKRK) im Zeitpunkt der Redaktion dieses Informationsblattes Zugang zu den Gefängnissen und den örtlichen Kerkern sowie zu einigen Militärgefängnissen, um die Gefangenen besuchen und ihnen Beistand gewähren zu können. Allerdings ist zu bemerken, dass die meisten der 120'000 Gefangenen von der Staatsanwaltschaft noch nicht angehört wurden, insbesonders weil es an Magistraten fehlt. Nach Schätzungen war Ende Juli 1997 von über 40% der Gefangenen in den amtlichen Gefängnissen bei den Gerichtsinstanzen noch kein Dossier angelegt. Das gleiche war bei 80% der in den lokalen Kerkern gefangenen Personen der Fall. Die Festnahmen und Inhaftierungen, welche die ruandischen Behörden vornehmen, sind meist willkürlich, denn sie stehen den Bestimmungen des Strafverfahrens entgegen. Dieses sieht nämlich eine gesetzliche Haftdauer von 48 Stunden vor. Eine Verlängerung dieser Haft ist möglich, darf aber fünf Tage nicht überschreiten. Nach Ablauf dieser Frist muss die Person, wenn der Staatsanwalt sie weiterhin in Haft belassen will, dem erstinstanzlichen Gericht vorgeführt werden. Es ist Sache dieser Instanz darüber zu entscheiden, ob die Inhaftierung bis zu höchstens einem Monat zu verlängern, oder ob der Gefangene provisorisch oder definitiv auf freien Fuss zu setzen sei. So erfolgten praktisch sämtliche seit dem Ende der Feindseligkeiten vorgenommenen Verhaftungen und Festnahmen gegen diese gesetzlichen Vorschriften. In diesem Zusammenhang sei auch darauf hingewiesen, dass die Nationalversammlung am 9. Juni 1995 ein Gesetz "über die Suspendierung der Anwendung der Bestimmungen über die Untersuchungshaft und die vorläufige Freilassung betreffend die wegen Völkermords, Massaker, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und anderen Verbrechen verfolgten Personen" erlassen hat. Bei der Annahme dieses Gesetzes postulierte das Parlament "die Unmöglichkeit einer wirksamen Anwendung des Strafverfahrens als Folge des Völkermordes und der Massaker, welche das Land und seine menschlichen und materiellen Ressourcen praktisch zerstört haben...". Der ruandische Verfassungsgerichtshof hat dieses Gesetz am 26. Juli 1995 jedoch als verfassungswidrig und gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung gerichtet erklärt. Die willkürlichen Festnahmen und Inhaftierungen hörten jedoch nicht auf. Im Gegenteil, es ist eine Zunahme zu vermerken. Diese erklärt sich nicht nur mit den - oft in verleumderischer Absicht erfolgenden - zahlreichen Anzeigen, sondern auch durch die herrschende Praxis der Blankomandate. Durch diese von den ruandischen Behörden begründete Praxis werden Staatsanwälte veranlasst, zuhanden der Bürgermeister Blankovollmachten zu unterzeichnen, sodass diese, welchen die Rolle eines Gerichtspolizeioffiziers mit eingeschränkter Kompetenz zukommt, Festnahmen vornehmen können.

14. Allgemeine Menschenrechtssituation

Die Bevölkerung Ruandas ist im Verlaufe seiner Geschichte oft Opfer von Massakern gewesen: 1959, 1963, 1966, 1973, 1990, 1991, 1992 und 1993. Aber die Massaker, die ihren Ursprung im Attentat vom 6. April 1994 haben, bei dem der ruandische Präsident, Juvénal Habyarimana und sein burundischer Amtskollege, Cyprien Ntaryamira, ums Leben kamen, sind beispiellos in der Geschichte Ruandas, haben sie doch zeitlich und räumlich noch nie dagewesene Ausmasse angenommen. Aus diesem Grund hat die Menschenrechtskommission der UNO die Massaker als "Völkermord" bezeichnet. Alles weist darauf hin, dass das ehemalige Regime von Präsident Habyarimana diese Massaker - zur Hauptsache begangen von Hutu an Tutsi - seit langem vorbereitet hat. Die Schlächtereien, von denen ebenfalls gemässigte Hutu betroffen waren, sind "abgesprochen und systematisch" durchgeführt worden. Die Hauptakteure waren eigentliche 'Todesschwadrone' der Milizen 'Interahamwe' (MRND) und 'Impuzamugambi' (CDR). Die Opfer wurden meistens bis in ihre letzten Schlupfwinkel (inkl. Waisenhäuser, Spitäler und Kirchen) verfolgt, wo sie gefoltert und auf schreckliche Weise - vor allem mit Blankwaffen (Macheten, Beile, Knüppel, Stöcke und Eisenstangen) - hingerichtet wurden. Diesbezüglich verschonen die Berichte der Vereinten Nationen und der Menschenrechtsorganisationen die neuen Machthaber nicht. So sollen nach mehreren Berichten auch Angehörige des Tutsi-Volkes, vor allem Soldaten der 'Patriotischen Armee Ruandas' (ein Zweig der FPR) zwischen April und Juli 1994 Massaker und Hinrichtungen ohne Gerichtsverfahren an den Hutus begangen haben. Die verschiedenen Schätzungen in Bezug auf den Völkermord sprechen von ungefähr 800'000 bis 1 Million Toten und fast 2 Millionen Verstümmelten unter der zuvor 7,7 Millionen zählenden Bevölkerung. Ferner sind fast 200'000 Ruander mit Hutu-Abstammung in den Wäldern der Republik Kongo (ehemals Zaire) als "verschwunden" gemeldet. Die internationalen Menschenrechtsorganisationen klagen die ruandischen und kongolesischen Behörden gemeinsam an, die Tötung einer grossen Zahl dieser Menschen befohlen und organisiert zu haben. Diese Flüchtlinge waren vor allem Opfer von Massakern, welche sich zwischen Ende 1996 und den ersten Monaten von 1997 in den Flüchtlingslagern des Kivu, in der Nähe der zwischen den Städten Kisangani und Ubundu (Ostprovinz) sowie in der Umgebung der Stadt Mbadaka (Äquator) gelegenen behelfsmässigen Lagern ereigneten. Andere Berichte sprechen von Festnahme und Verschwinden von Hunderten von in das Land zurückgekehrten Flüchtlingen oder ungestraft gebliebenen Tötungen, wie diejenige eines unabhängigen Journalisten im April 1995, welcher vor seiner Wohnung in Kigali von Unbekannten zu Tode geprügelt wurde. Verantwortung trägt die Patriotische Armee Ruandas (APR) ausserdem im Zusammenhang mit Durchsuchungsaktionen in den Präfekturen von Ruhengeri und Gisenyi, in welchen die Mitglieder der Hutu-Milizen besonders aktiv wurden, seit sie im November 1996 das Land mit weiteren Hunderttausenden von ruandischen Flüchtlingen im ehemaligen Zaire zurückgewannen. So beschuldigte Amnesty International die Regierungssoldaten am 8. August 1997, allein in den Monaten Mai, Juni und Juli 1997 im Norden des Landes mehr als 2'300 unbewaffnete Zivilisten getötet zu haben. Die ruandischen Behörden - welche einige Fälle von Tötungen und Plünderungen durch "undisziplinierte" Soldaten durchaus zugaben - wiesen diese Anschuldigungen, welche sie als "erfunden" bezeichneten, pauschal zurück. Trotzdem geht die Mehrheit der Tötungen von Zivilisten in den Provinzen Ruhengeri und Gisenyi auf das Konto der Hutu-Milizen. Unausgesprochenes Ziel aller dieser Mörder ist namentlich die Ausrottung von möglichst vielen Zeugen des Völkermordes. Unter den durch die Hutu-Milizen begangenen Massakern sei dasjenige von 148 Tutsi von Masisi (eine Gegend östlich der Demokratischen Republik Kongo) erwähnt, welches im Lager von Mudende (Gisenyi) in der Nacht vom 21. auf den 22. August 1997 begangen wurde. Am 1. September 1996 wurde ein Gesetz betreffend die vermuteten Urheber des Völkermords veröffentlicht. Dieses Gesetz unterscheidet vier Gruppen von Urhebern und erlaubt die gerichtliche Verfolgung von "Verbrechen wie Völkermord oder gegen die Menschlichkeit, begangen in Ruanda zwischen dem 1. Oktober 1990 und dem 31. Dezember 1994". Die Personen der ersten Kategorie, das heisst die geistigen Urheber, Organisatoren und/oder die Drahtzieher des Völkermordes werden, sind sie einmal für schuldig befunden, zum Tode verurteilt. Diesem Gesetz folgte am 30. November 1996 die Veröffentlichung einer Liste mit den Namen von etwa 2'000 Personen, welche unter dem Verdacht stehen, den Völkermord von 1994 geplant oder daran teilgenommen zu haben. Der erste Prozess gegen die vermuteten Urheber des Völkermords wurde am 27. Dezember 1996 vor der 'spezialisierten Kammer' des erstinstanzlichen Gerichts der Präfektur Kibungo (im Westen des Landes) eröffnet. Dieser Prozess, welcher ohne Verteidiger stattfand, endete am 3. Januar 1997 mit den zwei ersten Verurteilungen zum Tode. Ende Juni 1997 waren von 142 wegen Völkermordes verurteilten Personen deren 61 zum Tode und 38 zu lebenslanger Zuchthausstrafe verurteilt. 15 weitere Personen wurden zu unbedingten Gefängnisstrafen von zwölf oder mehr Jahren, elf zu Gefängnisstrafen zwischen sieben und elf Jahren und neun zu Gefängnisstrafen von sechs Jahren verurteilt. Acht Personen schliesslich wurden freigelassen. Einige dieser Personen wurden von Anwälten verteidigt, welche von der internationalen Organisation 'Avocats sans Frontières' (ASF) engagiert wurden. Zur Zeit lehnen die jetzigen Machthaber jede Amnestie ab und wollen die Todesstrafe anwenden. Ein Dekret über den Vollzug der Todesstrafe wurde denn auch am 19. Mai 1997 veröffentlicht. Dieses Dekret sieht insbesondere vor, dass die Hinrichtungen im Gefängnis zwischen 05.00 und 18.00 Uhr abseits von Publikum und Kameras in der Stadt, in welcher die Person verurteilt wurde, stattfinden müssen. Es ist anzumerken, dass die Behörden im Zeitpunkt dieses Papiers noch nicht zu solchen Hinrichtungen geschritten waren.

15. Politische und religiöse Bewegungen

Der Front Patriotique Rwandais (FPR) - gestützt auf das Abkommen von Arusha vom August 1993 - hat mit der Machtaufteilung begonnen und mehrere politische Formationen der ehemaligen legalen Opposition in der Regierung und im Parlament zugelassen. Seither gelten diese Formationen de facto als 'legal' (vgl. Kapitel 15.1.). Allerdings wurden der MRND (ehemalige Einheitspartei), seine Satellitenparteien sowie die neuen Oppositionsparteien von der Machtaufteilung ausgeschlossen. Somit gehören die letzten zur Kategorie der 'illegalen politischen Parteien' (vgl. Kapitel 15.2.).

15.1. Legale politische Parteien

- FPR (Front Patriotique Rwandais, Patriotische Front Ruandas). Der FPR - zur Zeit Machthaber in Ruanda - ist 1979 im Rahmen der im Exil lebenden ruandischen Gemeinschaft und im Untergrund gegründeten 'Alliance Rwandaise pour l'Unité Nationale' (Ruandische Allianz für die Nationale Einheit, ARUN) entstanden. Im Dezember 1987 ist die ARUN in Kampala (Uganda) zum 'Front Patriotique Rwandais' (FPR) umbenannt worden. Der FPR hat zu Beginn seine Kämpfer in der ruandischen Diaspora - vor allem in Uganda und bei den Tutsi - rekrutiert. Mit der Zeit hat sich dem FPR, der hauptsächlich aus Tutsi bestand, eine bestimmte Anzahl oppositioneller Hutu angeschlossen. Fred Rwigyema, erster Präsident des FPR und Kommandant der 'Patriotischen Armee Ruandas' (APR, militärischer Flügel des FPR), fiel am 2. Oktober 1990 an der Front. Alexis Kanyarengwe (Hutu) folgte ihm an der Spitze des FPR, während Paul Kagamé (Tutsi, eigentliche 'Nr. 1' des FPR) die Leitung des militärischen Flügels übernahm.

- MDR (Mouvement Démocratique Républicain, Demokratische Republikanische Bewegung). Bekannt unter der Bezeichnung 'Mouvement Démocratique Républicain' - 'Parmehutu' regierte der MDR das Land bis 1973, als er als Folge des Staatsstreichs von General Habyarimana aufgelöst wurde. Im März 1991 tauchte der MDR nach einem von 237 Personen unterschriebenen Wiederbelebungsaufruf wieder auf der politischen Bühne Ruandas auf. Die zunehmende Opposition zwischen einem dem Staatschef freundlich gesinnten Flügel unter der Führung des ehemaligen Premierministers Dismas Nsengiyaremié (vgl. UDR), Donat Murego (Generalsekretär des MDR) und Froduald Karamira sowie eines dem FPR nahestehenden Flügels - geführt von Faustin Twagiramungu (vgl. FRD) und Frau Agathe Uwilingyimana (im Jahr 1994 ermordete Premierministerin) - hat zur Spaltung des MDR geführt. Bezeichnenderweise hat die erste, mehrheitliche Richtung den Namen MDR-'Parmehutu' (oder MDR-'Power') wieder aufgenommen. Drei Mitglieder der "gemässigten" Richtung des MDR bilden Teil der aktuellen Regierung, das heisst: Pierre-Célestin Rwigema (Premierminister), Anastase Gasana (Äussere Angelegenheiten) und Jacques Bihozagara (Jugend und Sport).

- PDC (Parti Démocrate-Chrétien, Christlich-Demokratische Partei). Der eher kleinen Partei, die von den belgischen Christdemokraten unterstützt wird, steht Jean Népomucène Nayinzira vor. Er ist der einzige Vertreter der PDC in der vom FPR gebildeten Regierung und hat dort den Posten des Informationsministers inne. Téabald Rwaka ist der Vizepräsident der PDC.

- PDI (Parti Démocratique Islamique, Islamisch-Demokratische Partei). Diese kleine Partei wurde 1992 gegründet und ist mit zwei Sitzen in der Nationalversammlung (Parlament) vertreten. Einer der Vertreter, Omar Hamidou, ist Sekretär der Nationalversammlung.

- PL (Parti Libéral, Liberale Partei). Die Mitte 1991 gegründete Partei ist eine demokratische Oppositionspartei, Trägerin eines liberalen Projekts (im europäischen Sinn des Begriffs). Aus diesem Grund hat die Partei, die zur Hauptsache aus Tutsi bestehen soll, viele Geschäftsleute angezogen. Unter dem Druck der ethnischen Gegensätze hat im August 1993 eine Spaltung der Partei stattgefunden. Einerseits gab es den harten Hutu-Kern, PL-'Power' genannt, unter der Leitung des Parteipräsidenten Justin Mugenzi und andererseits den Tutsi-Kern, PL-'Lando' genannt, angeführt vom Vizepräsidenten der Partei, Landoald Ndasingwa (ermordet am 7.4.1994). Im November 1993 wurde die Spaltung vollzogen. Beide Parteirichtungen organisierten ihren eigenen Kongress und wählten den Vorstand. Heute ist Joseph Nsengimana, Mitglied der PL-'Lando', Minister für öffentliche Dienstleistungen und Arbeit.

- PSD (Parti Social-Démocrate, Sozial-Demokratische Partei). Präsident der Mitte 1991 gegründeten Partei, die den Übernamen "Partei der Intellektuellen" erhielt, war Frédéric Nzamurambo (ermordet am 7.4.1994). Geleitet wurde sie vom Generalsekretär Félicien Gatabazi (ermordet am 21.2.1994). Die Partei ist vor allem im Süden des Landes vertreten und stellt vier Minister in der vom FPR gebildeten Regierung. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang, dass Pierre-Claver Rwangabo, einer der Parteivorstehenden, welcher dem Völkermord entkommen ist und der zum Präfekt von Butare gewählt worden war, am 4. März 1995 von bewaffneten Zivilisten umgebracht wurde.

- PSR (Parti Socialiste Rwandais, Sozialistische Partei Ruandas). Die Partei wurde im Verlauf des Jahres 1991 gegründet und setzt sich insbesondere für die Verteidigung der Rechte der Arbeiter ein. Sie hat zwei Sitze in der Nationalversammlung (Parlament).

- UDPR (Union Démocratique Populaire Rwandaise, Demokratische Volksunion Ruandas). Die Partei wurde 1992 gegründet und wird von Vincent Gwabukwisi und Sylvestre Hubi geleitet. Sie hat zwei Sitze in der Nationalversammlung (Parlament).

15.2. Illegale politische Parteien

- CDR (Coalition pour la Défense de la République, Koalition für die Verteidigung der Republik). Die Partei entstand im März 1992 und galt als 'Satellit des MRND'. Die CDR vertrat seit Beginn eine offen zur Schau getragene rassistische Ideologie, indem sie bekräftigte, "die Interessen der Hutu-Mehrheit gegen die Minderheit der Tutsi zu verteidigen". Die Gründer und Leader der CDR, insbesondere Jean Barahinyura (ehemaliges Mitglied des Vorstands des FPR!), Martin Bucyana (ermordet am 22.2.1994) und Jean-Bosco Barayagwiza (Präsident der CDR) vertreten die "reine und harte Hutu-Linie", welche insbesondere die ehemaligen radikalen Elemente des MRND vereint. Seit Mai 1992 haben die Milizsoldaten der CDR mit dem Einverständnis gewisser Mitglieder des MRND die Anhänger der bedeutendsten demokratischen Oppositionsparteien aufs Korn genommen, allen voran diejenigen des MDR, der PL und der PSD.

- FRD (Forces de Résistance pour la Démocratie, Widerstandskräfte für die Demokratie). Faustin Twagiramungu (vgl. MDR) und Seth Sendashonga, ehemaliger Premierminister bzw. Innenminister in der durch die FPR gebildeten Regierung, haben am 26. März 1996 offiziell die Bildung einer neuen oppositionellen Partei oder "politischen Plattform" mit dem Namen 'Forces de Résistance pour la Démocratie' ("Widerstandskräfte für die Demokratie", FRD) angekündigt. Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die bevorstehende Gründung dieser politischen Gruppierung bereits acht Tage vorher (18.03.) durch M. Twagiramungu in Brüssel angekündigt worden war. Bei dieser Gelegenheit gab er an, die neue politische Gruppierung heisse provisorisch 'Forces Politiques Unies' (FPU) ('Vereinigte Politische Kräfte').

- MRND (Mouvement Républicain National pour la Démocratie et le Développement, Nationale Republikanische Bewegung für die Demokratie und Entwicklung). Der MRND (oder MRNDD) ist nichts anderes als die neue Bezeichnung des 'Mouvement révolutionnaire national pour le développement' (MRND, Revolutionäre Nationale Bewegung für die Entwicklung), d.h. der ehemaligen Einheitspartei, die das Land zwischen 1973 und Mitte 1991 regiert hat. Die Aufgabe des Status als Einheitspartei und die Annahme des Mehrparteiensystems anlässlich des ausserordentlichen Kongresses vom 28. April 1991 fielen mit der Namens- und Statutenänderung der Partei zusammen, da der Staatschef, General Juvénal Habyarimana, auf den Vorsitz der Partei verzichten musste. Sein Nachfolger war Mathieu Ngirumpatse. Der 'Mouvement Républicain National pour la Démocratie et le Développement' war vor allem in den nördlichen Präfekturen Ruandas verbreitet (insbesondere in Gisenyi und Ruhengeri).

- PALIR (Peuple Armé pour la Libération du Rwanda, Bewaffnetes Volk für die Befreiung von Ruanda). Diese Organisation wurde anfangs Juni 1996 in Nairobi (Kenya) konstituiert. Sie vereinigt insbesondere die im Exil lebenden Mitglieder der ehemaligen Hutu-Milizen (Interahamwe und Impuzamugambi). Militärisch aktiv, hat sich die PALIR vor allem mit Todesdrohungen gegen amerikanische Staatsbürger und Mitglieder der internationalen Hilfsorganisationen in Ruanda hervorgetan.

- RDR (Rassemblement pour le Retour et la Démocratie au Rwanda, Vereinigung für die Rückkehr und Demokratie in Ruanda). Der RDR wurde am 3. April 1995 im Flüchtlingslager von Mugunga (Ex-Zaire) gegründet. Sein Sitz ist in Paris, den Vorsitz hat François Nzabahimana inne, ein ehemaliger Minister von J. Habyarimana. Die Partei wird vom Generalstab der ehemaligen 'Forces Armées Rwandaises' (FAR) unterstützt. In einer Mitteilung vom 31. Mai 1997 gab das RDR - bislang als wichtigste Organisation zur Vertretung der Flüchtlinge betrachtet - seine Umwandlung in eine politische Partei bekannt, um "für einen Rechtsstaat und für die Errichtung einer demokratischen Alternative zum diktatorischen Regime von Kigali" zu kämpfen.

- UDR (Union Démocratique Rwandaise, Demokratische Union Ruandas). Die UDR wurde am 5. November 1994 durch den ehemaligen ruandischen Premierminister (April 1992 - Juli 1993) Dismas Nsengiyaremyé (Ex-Führer des MDR) in Paris gegründet. Die UDR prangert die "Übergriffe des FPR unter dem Vorwand der Rache für die Opfer des Völkermordes" an. Die UDR gibt sich als demokratische Oppositionspartei und bekräftigt, sich für "die Neutralisierung der beiden politisch-militärischen Blöcke des Landes" einzusetzen (gemeint sind MRND/CDR und FPR). Die Gesellschaftsziele der UDR lassen sich mit den drei Begriffen "Demokratie, Friede und sozialer Fortschritt" zusammenfassen. An erster Stelle will die UDR den Friedensprozess gemäss dem Abkommen von Arusha neu beleben, welches sie als "unumgängliche Grundlage für jede gerechte und dauerhafte Lösung des ruandischen Konflikts" betrachtet.

15.3. Organisationen zur Verteidigung der Menschenrechte

- ADL (Association Rwandaise pour la Défense des Droits de l'Homme et des Libertés Civiles; Ruandische Vereinigung für die Verteidigung der Menschenrechte und der bürgerlichen Freiheiten). Die ADL wird von Abbé André Sibomana geleitet. Er ist Bischof von Kabgayi und Herausgeber der katholisch inspirierten Zeitung 'Kinyamateka'. Der Vizepräsident der ADL ist Joseph Nsengimana. Unter den Gründungsmitgliedern der ADL ist Monique Mujawamariya zu erwähnen.

- ARDHO (Association Rwandaise pour la Défense des Droits de l'Homme; Ruandische Vereinigung für die Menschenrechte). Die ARDHO wird von Alphonse Marie Nkubito, ehemaliger Justizminister und ehemaliger Präsident des 'Collectif des Ligues et Associations de Défense des Droits de l'Homme' (CLADHO), geleitet.

- CLADHO (Collectif des Ligues et Associations de Défense des Droits de l'Homme; Bund der Ligen und Vereinigungen für die Verteidigung der Menschenrechte). Es handelt sich um eine Plattform, welche die hauptsächlichsten ruandischen Organisationen zur Verteidigung der Menschenrechte (darunter die ADL, die ARDHO und die
LIPRODHOR), in sich vereinigt. Der Präsident des CLADHO ist Jean-Baptiste Barambirwa. Er wurde am 15. Oktober 1995 nominiert und ist Nachfolger von Jean Rubaduka (Redaktor der katholischen Zeitung 'Kinyamateka'), welcher im August 1995 auf diesen Posten berufen worden war.

- LIPRODHOR (Ligue Rwandaise pour la Promotion et la Défense des Droits de l'Homme; Ruandische Liga für die Förderung und die Verteidigung der Menschenrechte). Unter den Gründern der LIPRODOR finden wir Téabald Rwaka, welcher auch Vizepräsident des 'Parti Démocrate-Chrétien' (PDC) ('Christlich-Demokratische Partei') ist.

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