1. Verfassung

1.1. Staatsname

Al-Jumhuriyya al-Iraqiyya = Republik Irak

1.2. Staatssymbol und Staatswappen

Flagge: rot - weiss - schwarz; auf dem mittleren Streifen sind drei grüne Sterne abgedruckt. Inschrift in grüner Schrift.

1.3. Staatsform

Gemäss der zur Zeit geltenden Provisorischen Verfassung vom September 1968, die am 16. Juli 1970 in Kraft trat, ist der Irak eine souveräne demokratische Volksrepublik mit der ideologischen Zielsetzung der regierenden sozialistischen Baath-Partei und dem Islam als Staatsreligion. Da faktisch alle Macht auf Saddam Hussein Abd-al-Majid al-Tikriti vereinigt ist, der das Land seit 1979 mit eiserner Faust und per Dekret regiert, findet die Verfassung in zahlreichen Punkten keine Beachtung. Mitte Juli 1990 billigte die 250köpfige Nationalversammlung einen Entwurf für eine neue Verfassung, die aus 180 Artikeln besteht, von denen rund ein Drittel die Kompetenzen des Staatspräsidenten zum Inhalt haben. Der Entwurf sieht unter anderem die Abschaffung des Kommandorats der Revolution vor und setzt die Amtszeit des Präsidenten auf acht Jahre fest. Die neue Verfassung ist bisher nicht in Kraft getreten. Nördlich des 36. Breitengrades besteht eine seit dem Golfkrieg vom Frühjahr 1991 faktisch autonome kurdische Sicherheitszone unter alliiertem Schutz. Das kurdische Autonomiegebiet verfügt zwar seit 1992 über eine eigene Regierung, ein Parlament und administrative Strukturen, gehört völkerrechtlich jedoch nach wie vor zum irakischen Staatsgebiet.

2. Soziales und Kultur

2.1. Bevölkerung

Verlässliche demographische Angaben liegen seit dem Golfkrieg nicht vor, da unter anderem keine verbindlichen Zahlen über die Opfer der beiden Golfkriege und des Volksaufstandes vom März 1991 existieren. Die Angaben über die Gesamtbevölkerung schwanken zwischen 16 und 19 Mio. Einwohner für das Jahr 1990 bei einer Landfläche von 434'924 km². Die durchschnittliche Lebenserwartung lag 1985 bei 61 Jahren. Zwei Drittel der Bevölkerung waren damals jünger als 25 Jahre. Der Irak ist ein Vielvölkerstaat. Gemäss Artikel 6 der Provisorischen Verfassung setzt sich die irakische Bevölkerung aus Arabern und Kurden zusammen. Neben diesen Volksgruppen (ca. 76% Araber und 19-23% Kurden) gibt es allerdings noch weitere ethnische Minderheiten wie die Assyrer, Turkmenen, Perser, Armenier, Juden und Ma'dan, auch Al-Me'edan genannt ("Sumpf-Araber", eine schiitische Bevölkerungsgruppe, die im südostirakischen Sumpfland im Gebiet zwischen Nasiriya, Amara und Qurna beheimatet ist; man nennt sie auch "Al-Sharagwah", wörtlich "Leute, auf die man sich nicht verlassen kann"). Die Angaben über die Grösse dieser Bevölkerungsgruppen gehen zum Teil weit auseinander, so im Falle der Turkmenen. Die Nationale Turkmenenpartei des Irak gibt an, dass gegenwärtig 2,5 Mio. Türken im Irak leben, 40% davon allein im Norden des Landes. Andere Quellen sprechen hingegen von 200'000 Turkmenen landesweit. Die grössten Städte des Landes sind die Millionenstädte Bagdad, Mosul, Sulaimaniya, Basra und Kirkuk. Es liegen keine aktuellen Angaben über die Einwohnerzahlen dieser Städte vor. Schätzungsweise leben zwei Drittel der Bevölkerung in den Städten, die Hälfte davon allein in der Hauptstadt Bagdad (ca. 1% der Landfläche).

2.2. Sprache

Arabisch ist die Amtssprache, sie wird von der Mehrheit der Bevölkerung gesprochen. Die offizielle Sprache der irakischen Kurden ist Sorani, neben Kurmanji einer der wichtigsten kurdischen Dialekte des Iraks. Gorani und Hawrami, zwei weitere kurdische Dialekte, sind für Sorani- oder Kurmanji-Sprechende nicht verständlich. Viele Kurden, vor allem junge Leute in den Städten, sprechen auch Arabisch. Weitere Sprachen, die im Irak gesprochen werden, sind Aramäisch und Türkisch.

2.3. Religion

Staatsreligion ist laut Verfassung der Islam. Andere Religionen werden verfassungsgemäss toleriert, sofern ihre Ausübung nicht gegen das öffentliche Interesse verstösst. Rund 95% der Bevölkerung sind Moslems; davon sind 45 bis 60% Schiiten und 40 bis 55% Sunniten. In den Schulen des Landes wird ausschliesslich die sunnitische Glaubensrichtung gelehrt. Die Schiiten leben hauptsächlich im Süden des Iraks sowie in zahlreichen mehrheitlich von Schiiten bewohnten Städten nördlich des 32. Breitengrades. Eine dieser Städte ist das für die Schiiten heilige Kerbela, wo sich das Mausoleum des bedeutenden schiitischen Imam Hussein befindet. Christen verschiedener Konfessionen machen ca. 3,5% der Bevölkerung aus. Sie gehören hauptsächlich verschiedenen alten Orientalischen Kirchen an: der katholischen Chaldäischen Kirche, der Alten Apostolischen Kirche des Ostens (früher auch als nestorianische Kirche bekannt), der Syrisch Orthodoxen Kirche, der katholischen Syrianischen Kirche sowie der Gregorianischen und der Katholischen Armenischen Kirche. Die rund 250'000 chaldäischen und nestorianischen Christen im irakischen Kurdengebiet werden als Assyrer bezeichnet. Eine weitere kleine Religionsgemeinschaft bilden - neben den Juden - die rund 50'000 kurdisch-sprachigen Yeziden im kurdischen Nordirak. Sie leben vor allem im Shaikhan-Bezirk in der Provinz Dohuk sowie im Sinjar-Gebiet westlich von Mosul. Die dualistische Glaubensvorstellung der yezidischen Geheimreligion wird von den meisten Moslems nicht anerkannt. Zahlreiche Yeziden bekennen sich aus Angst vor Repressalien nicht offen zu ihrer Religion und flüchten sich in die Grossstädte des Landes wie Bagdad und Mosul.

2.4. Schul- und Bildungswesen

Seit 1970 besteht für Kinder zwischen sechs und elf Jahren die allgemeine Schulpflicht, was bis 1986 einen Anstieg der Zahl der Primarschüler um mehr als das 2½fache auf 2,8 Mio. zur Folge hatte. Dennoch betrug die Analphabetenrate bei den über 15Jährigen im Jahre 1984 noch 54%. Der Schulbesuch wird im Irak durch den Staat finanziert. Nach der sechsjährigen Primarschulausbildung folgt der fakultative Besuch der Sekundarschule (12 bis 15 Jahre) mit Abschlussprüfung. Diese berechtigt zum Besuch der Mittelschule (15 bis 18 Jahre) mit Kursen sprachlicher oder wissenschaftlicher Richtung. Die Maturaprüfungen erfolgen in sechs Fächern und sind Voraussetzung für den Übertritt an eine Hochschule. Der Notendurchschnitt entscheidet über die Zulassung an eine bestimmte Fakultät. Um beispielsweise einen der begehrten Studienplätze für ein Medizinstudium zu erhalten, sind mindestens 65-70 von maximal 100 Punkten erforderlich. Ein Medizinstudium dauert zwischen sechs und elf, andere Studien zwischen vier und sieben Jahren. Drei Universitäten des Landes - University of Bagdad, Al-Hikma University und Al Mustansiriya University - sowie die technische Hochschule befinden sich in der irakischen Hauptstadt, die übrigen sind in Basra, Mosul und Sulaimaniya. Daneben gibt es noch private Colleges, Gewerbeschulen und Lehrerseminare. Bis 1982 war es irakischen Studenten erlaubt, individuell oder mit einem Staatsstipendium im Ausland zu studieren. Allerdings war das Wechseln von Irakischen Dinar in eine ausländische Währung (US$) wegen Ausbruch des ersten Golfkrieges im September 1980 offiziell nur bis 1981 erlaubt, was das Studieren auf eigene Kosten faktisch verunmöglichte. Seit 1982 steht ein Auslandstudium (meist in sozialistischen Staaten) nur noch Partei- und Regierungsmitgliedern oder ihren Angehörigen offen. Um die Immatrikulation von irakischen Bürgern an ausländischen Hochschulen zu verhindern, stellen irakische Hochschulen Zeugnisse und Diplome in der Regel nur in Kopie aus.

2.5. Medizinische Infrastruktur

Die einst gute medizinische Versorgung im Irak hat sich seit 1991 drastisch verschlechtert. Unterernährung und zunehmende Kindersterblichkeit sind die Folgen des Golfkriegs für die irakische Bevölkerung. Magen-Darm-Infektionen, Cholera, Typhus und Malaria sind weitverbreitete Krankheiten. Allein zwischen März und Juni 1994 erkrankten im Nordirak 29'000 Personen an Malaria, verglichen mit 35'000 Personen für das ganze Jahr 1993. Obwohl die medizinische Versorgung nicht von den internationalen Sanktionen betroffen ist, mangelt es in den meisten Krankenhäusern an finanziellen Mitteln für die Beschaffung von Medikamenten. In manchen Landesteilen sind mehr als die Hälfte der Krankenhäuser und Gesundheitszentren geschlossen. Im Nordirak ist die Ausstattung der Spitäler generell so dürftig, dass den meisten Kranken nur die Möglichkeit bleibt, nach Bagdad zu fahren.

3. Frau und Familie

Mit der Machtübernahme durch die Baath-Partei im Juli 1968 wurde erstmals auch die Gleichheit der Geschlechter propagiert. Das Parteiprogramm verkündete "Tahrir", die Befreiung der Frau, als integralen Teil der Befreiung des irakischen Volkes und somit als eines der Hauptziele der sozialistischen Revolution. Als erster Meilenstein wurde 1974 das Schulgeld abgeschafft und 1979 die Schulpflicht für die Unterstufe eingeführt. Damit blieb die Bildung der Mädchen nicht mehr den Kindern aus der Mittel- und Oberschicht vorbehalten. Durch eine 1978 gestartete Alphabetisierungskampagne gelang es auch, das Bildungsniveau der 14- bis 45Jährigen anzuheben. Die Irakische Frauenvereinigung entwickelte sich zu einer aktiven Kraft für die Durchsetzung der Frauenrechte in der Gesellschaft. Zahlreiche Gesetze wurden erlassen, um die Emanzipation der Frau voranzutreiben. Polygamie wurde offiziell verboten, und Frauen erhielten das Recht auf die Beantragung der Scheidung sowie das Recht auf Landbesitz. Eltern wurde es gesetzlich untersagt, ihre Tochter zu einer Ehe zu zwingen. Die auch in der Verfassung verankerte Gleichheit der Geschlechter scheitert in der Praxis allerdings oft an den festgefahrenen Traditionen und an der wirtschaftlichen Realität.

4. Medien

4.1. Nachrichtenagenturen

Die 1959 gegründete Irakische Nachrichtenagentur INA verfügt über Büros in allen Provinzen des Landes sowie im Ausland.

4.2. Zeitungen und Zeitschriften

Die Pressefreiheit, obwohl in Artikel 26 der Provisorischen Verfassung garantiert, existiert nicht. Alle Verlagshäuser sind in staatlicher Hand, die Veröffentlichung privater Zeitschriften ist seit 1969 verboten. Der Journalistenverband "Babil" wird seit April 1992 vom Sohn Saddam Husseins, Uday Saddam Hussein, geleitet. Die wichtigsten Tageszeitungen sind:

– Al-Thaura: Presseorgan der Baath-Partei, Arabisch

– Al-Jumhuriyya (The Republic): Arabisch

– Babil: Arabisch

– Al-Iraq: kurdische Zeitung, Arabisch

– Al-Kadisiya: Armeezeitung, Arabisch

– Baghdad Observer: Englisch

Daneben gibt es zahlreiche Wochen- und Monatszeitschriften, die vom Informationsministerium, den Massenorganisationen und den Berufsverbänden herausgegeben werden:

– L'Irak aujourd'hui / Irak Today

– Hawkari: Kurdisch

– Yard: Türkisch

– El Rafidein: Arabisch (Wochenzeitschrift unter der Leitung von Uday Saddam Hussein)

– Wai al-Ummal: Arabisch (Zeitschrift des Gewerkschaftsbundes)

– Saut al-Fallah: Arabisch (Zeitschrift des Bauernverbandes)

– al-Kitab: Arabisch (Zeitschrift des Schriftstellerverbandes)

Zeitungen und Zeitschriften aus dem Ausland sind erhältlich, unterliegen allerdings einer strengen Zensur. Im Irak nicht erhältlich ist die zweimal monatlich erscheinende islamische Oppositionszeitung Al-Maukif, die seit Mai 1991 von der irakischen Opposition im Ausland herausgegeben wird. Im kurdischen Autonomiegebiet werden zahlreiche Zeitungen und Zeitschriften publiziert. Die meisten sind Parteiorgane:

– Regay Kurdistan (KPI)

– Newroz (PASOK)

– Kurdistani Niwe (PUK)

– Gel (KPDP)

– Berey Kurdistani (Kurdistan-Front, auch in englischer Ausgabe)

4.3. Radio

Rundfunk und Fernsehen unterstehen dem Informationsministerium, welches den Inhalt der Sendungen bestimmt. Die beiden wichtigsten Rundfunksender sind Radio Bagdad (1936 gegründet) und Saut al-Jamahir (Stimme der Volksmassen, 1970 gegründet). Daneben gibt es in mehreren Provinzen des Landes regionale Rundfunk- und Fernsehstationen. 1990 zählte man landesweit 6,5 Mio. Rundfunk- und 1,4 Mio. Fernsehgeräte.

4.4. Fernsehen

Die kurdischen Parteien verfügen ausserdem über rund ein halbes Dutzend parteieigene Fernsehstationen. Die zwei wichtigsten, die Fernsehstation KTV der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP) sowie PUK-TV der Patriotischen Union Kurdistans (PUK) befinden sich in Salaheddin und Sulaimaniya.

5. Wirtschaft

5.1. Volkswirtschaft

Nach zwei Kriegen und dem Volksaufstand vom März 1991 befindet sich der Irak in einer katastrophalen wirtschaftlichen Lage. Bereits Ende 1990 beliefen sich die Staatsschulden auf über 80 Mrd. US Dollar; heute dürfte diese Zahl angesichts der neuen Kriegsschäden und der Reparationsforderungen von Kriegsgegnern um ein Vielfaches angestiegen sein. Die desolate Situation wird durch die am 4. August 1990 verhängten UN-Sanktionen noch verschärft. Eine Aufhebung des Embargos ist an politische Bedingungen geknüpft, die das Regime bis anhin nicht zu erfüllen gedenkt. Während in gewissen Landesteilen mit dem Wiederaufbau und der Sanierung von Öl- und Erdgasanlagen, öffentlichen Bauten und Abwassernetzen begonnen wurde, sind im Norden und Süden des Landes sowohl die Infrastruktur als auch die Versorgungslage kritisch. Das kurdische Autonomiegebiet leidet zudem an den Folgen eines Nahrungsmittel- und Brennstoffboykotts, das die irakische Regierung im Oktober 1991 gegen die kurdische Bevölkerung im Nordirak verhängte. Die Inflationsrate wurde für das Jahr 1991 auf 45% geschätzt; Ende 1991 lag sie bei rund 2'000%. Die Regierung subventioniert den öffentlichen Verkehr, die Schulen, den Gesundheitsbereich und einen Grossteil der Lebensmittel. Die Lebensmittelrationen decken allerdings nur einen Teil des Nahrungsbedarfes, der Rest muss auf dem Schwarzmarkt besorgt werden, wo die Produkte unerschwinglich geworden sind. Der Preis für Weizenmehl stieg zwischen 1991 und 1993 um fast 4'000(!) %. Fisch und Fleisch kosteten Ende 1992 das Doppelte als ein Jahr zuvor, für ein Kilo Reis zahlte man zum selben Zeitpunkt 8 ID verglichen mit 3 ID ein halbes Jahr zuvor. Um den drohenden wirtschaftlichen Zusammenbruch abzuwenden, verbot die Regierung Anfang 1993 den Import von 146 Luxusgütern, darunter Käse, Gemüsekonserven, ausländische Zigaretten, Möbel und elektrische Geräte. 1994 bezahlte man auf dem Markt in Bagdad für ein Kilo Reis 280 ID, für weisse Bohnen 640 ID und für Speiseöl 600 ID. Rind- und Schaffleisch ist mit 700 ID pro Kilo für die meisten unerschwinglich.

5.2. Beschäftigungssituation

Die Kriegsschäden, das Embargo der Vereinten Nationen und die Demobilisierung der Volksarmee haben eine wachsende soziale Ungleichheit und steigende Arbeitslosigkeit zur Folge. Diese lag Anfang 1993 im Nordirak bei 70%; für das ganze Land liegen seit dem 2. Golfkrieg keine Angaben vor. Die Zahl ausländischer - hauptsächlich arabischer - Arbeitskräfte wurde Anfang 1991 auf 750'000 geschätzt. Ein höheres Monatseinkommen lag 1994 bei 3'000 ID; zahlreiche Personen mussten sich aber mit einem Salär von weniger als 1'000 ID durchschlagen. Soldaten und Offiziere erhalten neben Schenkungen von Grundstücken und grosszügigen Krediten für den Haus- und Wohnungsbau auch die höchsten Löhne im Land. Hohe Offiziere sollen Anfang 1993 monatlich 29'000 Dinar bezogen haben.

5.3. Währung

Währungseinheit ist der irakische Dinar (ID) = 1000 Fils oder 20 Dirham. Der ID ist an den US-Dollar gebunden. Der offizielle Umtauschkurs liegt bei 3,2 US$ für 1 ID. Auf dem freien Markt hingegen liegt der ID weit unter seinem Nominalwert (-300% Ende April 1993). Ende 1991 erhielt man für 1 US$ 4-5 ID; Ende 1992 hatte sich der Kurs auf 30 Dinar für 1 US$, im April 1993 auf 95 ID für 1 US$ erhöht. Als Massnahme zur Eindämmung der Spekulation mit irakischen Devisen liess Saddam Hussein Anfang Mai 1993 die Grenze zu Jordanien für sechs Tage hermetisch abriegeln. Als Folge davon fiel der Schwarzmarktkurs über Nacht auf 70 ID pro US$ zurück. Bis Ende 1994 kletterte er auf 660 ID pro 1 US$. Die begehrteste Währungseinheit ist der noch vor dem Krieg in der Schweiz gedruckte 25-Dinar-Schein. Der gegenwärtig von Bagdads inflationären Pressen gedruckte 25-Dinar-Schein hingegen wird kaum als Geld gehandelt, und die 50-Dinar-Noten haben den Ruf, gefälscht zu sein.

6. Mobilität

6.1. Kommunikationsmittel

Eine Einreise in den Irak ist nur über Land via Jordanien oder die Türkei möglich, da der internationale Luftverkehr seit dem zweiten Golfkrieg eingestellt wurde. Eine Busreise von Amman (Jordanien) nach Bagdad dauert ungefähr 15 Stunden, längere Wartezeiten am Grenzübergang vorbehalten. Der einzige offizielle türkisch-irakische Grenzübergang befindet sich bei Habur. Zwischen dem autonomen Kurdistan und dem übrigen Irak besteht eine innerirakische Grenze, die strengen Durchreisebestimmungen unterworfen ist und zu Fuss überquert werden muss.

6.2. Reisepapiere

– Nationalitätennachweis (schwarz): Dieser wird von den Eltern für ihre Kinder beantragt und ist später für den Eintritt in die Hochschule und in die Armee sowie für die Passbeantragung erforderlich.

– ID (weiss)

– Pass (dunkelgrün): Pässe mit der Seriennummer K sind ungültig.

7. Regierung

7.1. Staatsoberhaupt

Seit dem Rücktritt von Präsident al-Bakr im Juli 1979 ist Saddam Hussein irakischer Staatschef. Am 15. Oktober 1995 wurde er bei einer Volksabstimmung über die Verlängerung seines Mandats als Staatschef um sieben Jahre in seinem Amt bestätigt. Saddam Hussein ist gleichzeitig Staatspräsident, Vorsitzender des Kommandorats der Revolution, Generalsekretär der Baath-Partei und Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Mit Unterbrüchen bekleidete er auch das Amt des Regierungschefs. Ausserdem sind ihm die Sicherheitsdienste unterstellt.

7.2. Landesregierung

Gemäss Artikel 37 der Provisorischen Verfassung ist der Kommandorat der Revolution (RCC) das höchste Staatsorgan. Verfassungsänderungen dürfen einzig durch diesen Rat vorgenommen werden. Er ist ermächtigt, Gesetze und Bestimmungen zu erlassen, den Staatshaushalt zu verabschieden, die Armee zu mobilisieren, Abkommen zu ratifizieren und über Krieg und Frieden zu bestimmen. Gegenwärtig besteht der Rat unter dem Vorsitz Saddam Husseins aus neun Mitgliedern, die sich verfassungsgemäss aus der regierenden Baath-Partei rekrutieren. Seit dem 30. Mai 1994 steht Saddam Hussein auch wieder dem Regierungskabinett vor. Die Besetzung der Ministerposten ist einem häufigen Wechsel unterworfen, die Zusammensetzung des Kabinetts deshalb unübersichtlich. Seit Mitte 1992 besteht für das kurdische Autonomiegebiet im Norden des Landes eine international nicht anerkannte kurdische Regionalregierung mit Sitz in Erbil. Die neue Regierung setzt sich aus 16 Ministern - Mitgliedern der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP) und der Patriotischen Union Kurdistans (PUK) - zusammen, die sich die einzelnen Ressorts für Inneres, Justiz, Wirtschaft, Wohnungsbau, Erziehung usw. teilen. Für die Koordination zwischen der Zentralregierung in Bagdad und der kurdischen Regionalregierung ist ein Staatsminister verantwortlich.

8. Parlament

Die Legislative ist zwischen dem Kommandorat der Revolution (cf. Kap. 7.2.) und der 250 Mitglieder zählenden Nationalversammlung aufgeteilt. Diese wurde 1980 ins Leben gerufen, zehn Jahre, nachdem ihre Errichtung in der Provisorischen Verfassung von 1970 postuliert worden war. De facto ist sie keine eigenständige legislative Kammer, sondern ein Bestätigungsapparat für die Entscheidungen des Kommandorats der Revolution. Ihre Aufgabe besteht vor allem darin, die Gesetzesentwürfe des Kommandorats zu prüfen, wofür ihr gemäss Artikel 52 der Provisorischen Verfassung ein Zeitrahmen von fünfzehn Tagen zusteht. Wird ein Gesetzesentwurf durch die Nationalversammlung abgelehnt, was selten der Fall ist, geht der Entwurf zur Überarbeitung an den Kommandorat zurück. Die Nationalversammlung kann selber Gesetze ausarbeiten, sofern diese die Bereiche Staatssicherheit und Militär nicht tangieren. Im kurdischen Autonomiegebiet existiert seit den Wahlen vom 19. Mai 1992 ein kurdisches Parlament mit 105 Mitgliedern.

9. Verwaltung

Der Irak ist seit 1969 in 18 Provinzen beziehungsweise Gouvernorate (Muhafazat) gegliedert, die in 99 Kreise (Qadha) oder kreisfreie Städte sowie in 245 Gemeinden (Nahiya) unterteilt sind. Jede Provinz wird von einem durch das Regierungskabinett bestimmten Gouverneur (Muhafiz) regiert. Die Hauptstadt Bagdad besitzt einen Sonderstatus. Im Norden des Landes bilden die drei Provinzen Erbil, Dohuk und Sulaimaniya das kurdische Autonomiegebiet mit Erbil als inoffizielle Hauptstadt. Die wichtigen Erdölstädte Kirkuk, Khanaqin und Sinjar sind von der Autonomie ausgeschlossen und unter eine gemeinsame kurdisch-arabische Verwaltung gestellt. Im April 1991 wurden nördlich des 36. Breitengrades und im August 1992 südlich des 32. Breitengrades UN-Schutzzonen beziehungsweise Flugverbotszonen eingerichtet.

10. Wahlen

Staatspräsident: Am 15. Oktober 1995 wurde Präsident Saddam Hussein bei einer Volksabstimmung über die Verlängerung seines Mandats als Staatschef um sieben Jahre mit über 99 Prozent der Stimmen in seinem Amt bestätigt. Die Stimmzettel mussten meist in aller Öffentlichkeit und unter den Augen der Wahlhelfer ausgefüllt werden. Kommandorat der Revolution: Der Kommandorat, unter dem Vorsitz Saddam Husseins, ist allein verantwortlich für die Wahl und Entlassung seiner Mitglieder. Nationalversammlung: Am 22. Juni 1980 fanden die ersten Parlamentswahlen nach dem Sturz der Monarchie statt. Die 250 Mitglieder der Nationalversammlung werden laut Verfassung alle vier Jahre neu gewählt, so am 20. Oktober 1984 und am 1. April 1989. Für die bisher letzte Wahl vom April 1989 kandidierten 62 Kandidatinnen und 790 Kandidaten in 59 Wahlkreisen, darunter nur 29 Mitglieder des bisherigen Parlaments. Der bisherige Parlamentspräsident und spätere Ministerpräsident Saadun Hammadi kandidierte nicht mehr. Die Mitgliedschaft in der Baath-Partei war für eine Kandidatur nicht Bedingung. Allerdings fielen mehr als die Hälfte der 250 Sitze auf Mitglieder der Baath-Partei. Die übrigen Sitze gingen an "unabhängige" linientreue Kandidaten und Mitglieder der Nationalen Fortschrittsfront. Saddam Hussein kündigte für den 24. März 1996 die erste Parlamentswahl seit 1989 an. Für die Wahl kandidieren dürfen alle Iraker, die über 25 Jahre alt sind und im Land geboren wurden. Das autonome kurdische Gebiet ist vom Urnengang ausgeschlossen. Kurdisches Autonomiegebiet: Am 19. Mai 1992 wählte das Volk im kurdischen Autonomiegebiet ein eigenes Parlament mit 105 Mitgliedern, davon fünf Frauen. Alle Personen über 18 Jahre konnten sich zwischen den Kandidaten von sieben Listen entscheiden, die von den Mitgliedsorganisationen der Kurdistan-Front aufgestellt worden waren. 50 Sitze gingen an die Demokratische Partei Kurdistans (KDP) von Masud Barzani, 50 Sitze an die Patriotische Union Kurdistans (PUK) von Jalal Talabani, vier Sitze an die Assyrische Demokratische Bewegung und ein Sitz an die Kurdische Christliche Einheit. Es waren die ersten Wahlen im kurdischen Autonomiegebiet. Sie wurden von Bagdad nicht anerkannt.

11. Recht und Gerichtswesen

11.1. Recht

Gemäss Verfassung ist die irakische Gerichtsbarkeit unabhängig. De facto ist das Staatsoberhaupt aber befugt, mittels präsidentieller Deklaration jedes Gesetz ausser Kraft zu setzen, in jeder Phase einer Ermittlung oder eines Prozessverlaufes in die Rechtsprechung einzugreifen und die Ein- und Absetzung der Richter zu veranlassen. Die irakische Rechtsprechung beruft sich in den meisten Fällen auf Ausnahmeregeln. Dies hat rechtliche Willkür sowie eine erhebliche Rechtsunsicherheit zur Folge. Obwohl verfassungsgemäss alle Bürgerinnen und Bürger vor dem Gesetz gleich sind, werden Mitglieder der Baath-Partei oder der Sicherheitsdienste in der Regel bevorzugt behandelt. Ebenso sind Bestechlichkeit und Korruption in der Beamtenschaft (vor allem bei niedrigen, schlecht bezahlten Beamten) nicht auszuschliessen. Das Zivilrecht wurde 1951 nach ägyptischem Vorbild kodifiziert. Während Vermögens- und Erbrecht für alle Iraker gleich geregelt sind, richtet sich das Familienrecht nach der Religionszugehörigkeit. Für die Muslime gilt das Familienrecht von 1959, das sich nach dem islamischen Gesetz, der Scharia, richtet. Als Besonderheit im Eherecht ist hervorzuheben, dass die Tötung von Ehebrechern seit 1990 straffrei ist. Die Justiz im kurdischen Autonomiegebiet richtet sich weitgehend nach der irakischen Rechtsprechung.

11.2. Ordentliche Gerichte

Die irakische Strafgerichtsbarkeit wird von weltlichen Gerichten ausgeübt. Die höchste zivilrechtliche Instanz ist der Kassationsgerichtshof (Court of Cassation) in Bagdad. Erste Berufungsinstanz sind die Berufungsgerichte (Courts of Appeal) der fünf Berufungsdistrikte (Districts of Appeal) Bagdad, Mosul, Basra, Hilla und Kirkuk. Jedes der erstinstanzlichen Gerichte (Courts of First Instance) verfügt über ein Strafgericht (Penal Courts). Für Familienrechts- und religiöse Angelegenheiten der Muslime, wie zum Beispiel Scheidungen, sind religiöse islamische Gerichte beziehungsweise Sharia Courts zuständig. Diese sind an allen Orten mit erstinstanzlichen Gerichten vertreten.

11.3. Sondergerichte

Neben den ordentlichen Gerichten können laut Verfassung auch ständige und temporäre Sondergerichte eingesetzt werden. Das einzige ständige Sondergericht, das in den letzten Jahren tagte - der seit 1969 bestehende Revolutionsgerichtshof - wurde im Mai 1991 durch den Kommandorat der Revolution aufgelöst. Beim Revolutionsgerichtshof handelte es sich um ein Militärtribunal, welches Fälle von Hochverrat und Spionage behandelt und abgeurteilt hatte.

11.4. Militärgerichte

Militärangelegenheiten werden grundsätzlich von Militärgerichten behandelt. Wo keine Militärgerichte bestehen, können Militärangehörige nach irakischem Recht vor zivilen Gerichten gestellt werden.

12. Militär und Sicherheitsorgane

12.1. Militär

Militärdienstpflichtige Iraker werden im Alter von 17 Jahren persönlich aufgeboten, sich beim Muhtar ihres Ortes (Bürgermeister) zu melden. Sie werden in der Regel von ihrem Vater begleitet oder vertreten, der für sie auch unterschreibt. Der Aufruf erfolgt immer persönlich; es kann aber sein, dass die wehrdienstpflichtigen Jahrgänge gleichzeitig auch in den Zeitungen oder am Radio ausgerufen werden. Zuhanden der Militärverwaltung müssen sich die 17Jährigen einem Gesundheitscheck unterziehen und ein Foto von sich abgeben. Mit 18 Jahren werden sie eingezogen und kommen für zwei bis drei Monate in eine "provisorische" Kaserne. Nach dieser Zeit werden sie gemäss ihren Fähigkeiten - und nicht nach alphabetischer Ordnung - einer anderen Kaserne zugeteilt. Die irakische Armee, deren Bestand zwischen 1980 und 1988 von 200'000 auf 1 Mio. Mann aufgestockt worden war, soll laut Schätzungen gegenwärtig noch 400'000 Mann zählen. Nach Ende des zweiten Golfkrieges wurde sie unter dem eisernen Regiment des irakischen Verteidigungsministers Ali Hassan al-Majid, einem Vetter Saddam Husseins, gesäubert und reorganisiert. Neben den verschiedenen Sicherheitsdiensten ist die Armee die entscheidende Stütze des Regimes. Wehrpflichtig sind in Friedenszeiten alle Männer zwischen 18 und 45 Jahren; Studenten werden erst nach dem Hochschulabschluss einberufen. Die Wehrpflicht beträgt zwei bis drei Jahre, für Hochschulabsolventen 1 1/2 Jahre. Im Kriegsfall wird sie auf unbestimmte Zeit verlängert. Über die Entlassung aus der Wehrpflicht verfügt Saddam Hussein. So wurden beispielsweise im Mai 1991 die Wehrpflichtigen der Jahrgänge 1961 bis 1963, im Februar 1993 die des Jahrganges 1968 entlassen. Während den beiden Golfkriegen waren auch 18jährige Studenten im In- und Ausland wehrpflichtig. Die entsprechenden Jahrgänge wurden durch die Allgemeinen Einberufungsbehörden aufgefordert, sich zu gegebenen Zeiten in ihren Rekrutierungszentren zu melden. Bei Unterlassung wurden nicht weiter definierte "rechtliche Massnahmen" angedroht. Gemäss Resolution 1370 vom 13. Dezember 1983, in Kraft getreten am 2. Januar 1984, ist für ein solches Nichterscheinen (z.B. wegen Aufenthalt im Ausland) die Todesstrafe vorgesehen. Für Deserteure, Refraktäre, Strafgefangene usw. werden durch den Kommandorat der Revolution immer wieder Amnestien erlassen, die sich häufig durch zahlreiche Ausnahmeklauseln auszeichnen. Für angehende Berufsoffiziere bestehen Militärakademien ("Military Colleges"), die bereits im Alter von 16 Jahren besucht werden können. Eine Matura ist seit dem Ende des ersten Golfkrieges nicht mehr Aufnahmebedingung. Die Ausbildung zum Offizier dauert ein Jahr, was es in der Praxis möglich macht, 17jährige Offiziere hervorzubringen. Die Militärakademien stehen nur Baath-Mitgliedern und ihren Angehörigen offen.

12.2. Polizei und Gendarmerie

Die irakische Polizei zählt rund 260'000 Bewaffnete. Neben Abteilungen für die üblichen Polizeiaufgaben gibt es Sektionen wie das Grenzkorps, die "Mobile Police Stroke Force" und das "General Department of Nationality", welche Geheimdienstfunktionen ausüben. In irakisch Kurdistan sind Verkehrs- und Sicherheitspolizei dem Innenministerium der Regionalregierung unterstellt und zählen insgesamt rund 15'000 Mann. Verkehrspolizisten verdienten Anfang 1994 rund 250 Dinar (5 US$ ), Sicherheitsbeamte 500 Dinar im Monat. Die Löhne werden von der Regionalregierung aus den Zolleinnahmen bezahlt. Da die wenigsten davon leben können, gehen viele einem Zweitberuf nach. Verkehrspolizisten, die schon vor dem Aufstand von 1991 gedient hatten, wurden wieder eingestellt, sofern sie nicht als Verräter galten. Die Sicherheitsbeamten, für die innere Sicherheit der Region zuständig, wurden alle neu eingestellt. Die Uniform der Verkehrspolizisten ist olivgrün wie im übrigen Irak. Die Sicherheitsbeamten tragen keine Uniform, laut dem Innenminister deshalb, weil das Geld dazu fehlt. Daneben gibt es noch die Kriminal- und Zollpolizei. Die Kriminalpolizei, für die Fahndung und Verhaftung Krimineller zuständig, ist nicht befugt, diese zu verhören. Nach irakischem Muster wird diese Aufgabe von einem "Muhakik", einem juristisch ausgebildeten Befrager übernommen.

12.3. Milizen

Volksmiliz: Zwischen 1988 und April 1991 bestand parallel zur Armee eine Volksmiliz, die sich aus Mitgliedern aller Altersstufen (auch unter 18 und über 45 Jahren) zusammensetzte und nicht den Kommandostrukturen der Streitkräfte unterlag. Zwangsrekrutierungen waren häufig; auch Gastarbeiter (u.a. Ägypter) wurden eingezogen. Republikanische Garden: Die Republikanischen Garden Saddam Husseins umfassen mehr als zehn Bataillone und setzen sich ausschliesslich aus Sunniten aus den Bezirken Takrit, Bagdad und Ninawa zusammen. Die wichtigsten sunnitischen Clans im Irak sind die Al Tikriti, Al Durri, Al Ani, Al Rawi, Al Hadithi, Al Charbiyit, Al Samarrai, Al Juburi und Al Bunniyya. Aufgenommen werden nur Personen, die vom Geheimdienst oder der Baath-Partei empfohlen wurden. Saddam-Fedayyin: Im März 1995 gründete Saddam Hussein eine neue Eliteeinheit mit dem Ziel, mögliche Umsturzversuche abzuwehren. Es wurden bis zu 15'000 Studenten für die sogenannten Saddam-Fedayyin rekrutiert. Die neue Einheit untersteht nicht den Kommandostrukturen der Streitkräfte. Die Mitglieder der Saddam-Fedayyin stammen aus regimetreuen Grossfamilien und werden besser versorgt als reguläre Soldaten.

12.4. Geheimdienste

Im Irak sind verschiedene Geheimdienste aktiv:

– Mudiriyat al-Amn al-Ameh, General Security Directorate (Allgemeiner oder interner Staatssicherheitsdienst): Der Mudiriyat al-Amn al-Ameh ist Iraks allgemeiner Geheimdienst und direkt dem Präsidentenbüro in Bagdad unterstellt. In den einzelnen Provinzen befinden sich Regionalbüros.

– Al-Amn al-Khas (Spezial-Sicherheitsdienst): Dieser Dienst ist für die Sicherheit des Regimes verantwortlich und direkt dem Büro Saddam Husseins unterstellt.

– Mukhabarat (Geheimdienst der Baath-Partei): Zusammen mit dem Spezial-Sicherheitsdienst ist auch der Geheimdienst der Partei für willkürliche Inhaftierungen bekannt. Vor allem die bewaffnete Einheit des Mukhabarat (spezial security section) ist in der Bevölkerung gefürchtet. Mitte der 70er-Jahre wurde dem Mukhabarat eine Volksmiliz angegliedert, die 1991 wieder aufgelöst wurde.

– Elmohomat Elkhassa (Spezial-Aufträge): Diese Spezialbehörde ist Teil des Mukhabarat. Aufträge wie Erschiessen, Vergiften von bestimmten Personen usw. werden von Saddam Hussein persönlich erteilt.

– Istikhbarat (Armee-Geheimdienst): Dieser untersteht der direkten Kontrolle des Präsidentenbüros in Bagdad und ist in den verschiedenen Landesteilen durch regionale Hauptquartiere (manthumat) vertreten. Er ist für die Durchführung von Militär- und Sonderaktionen sowie für die Überwachung der Armee verantwortlich.

13. Inhaftierung und Strafvollzug

Obwohl willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen laut Verfassung und Strafgesetz verboten sind, kommen sie im Irak häufig vor und sind vor allem im Südirak weit verbreitet. Häufiger als die normalen Polizeikräfte sind es Einheiten der Sicherheitskräfte - darunter vor allem die Sicherheitsdienste Al-Amn al-Khas (Spezial-Sicherheitsdienst) und Mukhabarat (Geheimdienst der Baath-Partei) - , welche willkürliche Inhaftierungen durchführen.

14. Allgemeine Menschenrechtssituation

Der Sonderberichterstatter der UNO-Menschenrechtskommission, Max Van der Stoel, hält fest, dass die Menschenrechtsverletzungen im Irak so schwerwiegend und massiv sind, dass es seit dem Zweiten Weltkrieg keine Parallele dazu gibt. Das Verschwindenlassen von Oppositionellen, willkürliche Exekutionen und Folter sind an der Tagesordnung. Am schwersten betroffen sind die Kurden im Norden und die Schiiten und Ma'dan im Süden des Landes. Die Vernichtungskampagne Saddam Husseins gegen die Kurden des Iraks, die in den Jahren 1987 und 1988 unter der Bezeichnung "al-Anfal" (al-Anfal ist der Name der achten Sure des Korans, die den Krieg gegen die Ungläubigen preist) geführt wurde, fand ihre Fortsetzung in der Niederschlagung des Volksaufstandes vom März 1991 und in zahlreichen Anschlägen der irakischen Armee gegen die kurdische Bevölkerung des Nordiraks. Ein "Aktionsplan für die Sumpfgebiete" aus dem Jahr 1989 zeugt vom Bestreben der irakischen Regierung, nach dem Muster der Anfal-Operationen gegen oppositionelle Elemente im Süden des Landes vorzugehen. Für die Durchführung der bisherigen Offensiven der irakischen Armee in diesem Gebiet (eine der jüngsten fand im April 1993 statt und richtete sich gegen die Bevölkerung mehrerer Dörfer) zeichnet Ali Hassan al-Majid verantwortlich. Dieser war schon wegen seiner führenden Rolle bei den Anfal-Operationen als "Schlächter von Kurdistan" bekannt geworden. Strafen wie Gliederamputationen oder Hinrichtung werden für Deserteure, Militärdienstverweigerer, Landesverräter und Oppositionelle sowie für Anhänger verbotener Organisationen angewendet. Für die dreimalige Desertion vom Militärdienst oder die zweimalige Desertion, falls sich der Täter zuvor dem Militärdienst entzogen hat, ist anstelle der Amputation der Ohrmuschel die Todesstrafe durch Erschiessen vorgesehen. Dieser Strafe unterliegen gemäss Dekret Nr. 115 vom 25. August 1994 auch Personen, die dreimal Deserteure oder Personen, die sich dem Militärdienst entzogen haben, Unterschlupf beziehungsweise Schutz gewähren. Mit der Todesstrafe haben auch Mitglieder der Baath-Partei zu rechnen, die frühere Verbindungen zu anderen politischen Parteien und Organisationen verschweigen oder nach ihrem Austritt aus der Baath-Partei einer anderen Partei beitreten beziehungsweise für eine andere Organisation tätig werden. Für Eigentumsdelikte wie Autodiebstahl und Handel mit geschmuggelten Waren sind ebenfalls Amputationen oder die Todesstrafe vorgesehen. Hinrichtungen werden häufig ohne Anklage oder rechtmässigen Prozess vorgenommen. Uday Saddam Hussein, der älteste Sohn Husseins, setzt sich seit Dezember 1992 für die Einführung öffentlicher Hinrichtungen im Irak ein; gegenwärtig werden Todesurteile unter Ausschluss der Öffentlichkeit vollstreckt. Obwohl die Meinungsfreiheit in Artikel 26 der Provisorischen Verfassung garantiert wird, ist sie in der Praxis inexistent. Die Resolution 840 vom 4. November 1986 des Kommandorats der Revolution sieht für jede Kritik, die gegen den Staatspräsidenten, den Kommandorat, die Baath-Partei, die Nationalversammlung oder die Regierung gerichtet ist, Strafen bis zur Todesstrafe vor. Die somit geschürte Angst der Bevölkerung vor Repressalien wegen kritischen Äusserungen führt zu einem tief verankerten Misstrauen des Einzelnen gegenüber Drittpersonen, mitunter gegen Verwandte und Bekannte. Unbehelligt bleibt im Irak nur, wer sich in der Einschätzung der staatlichen Behörden unauffällig verhält beziehungsweise "der Wand entlang geht", wie es eine irakische Redewendung ausdrückt.

15. Politische und religiöse Bewegungen

15.1. Legale Parteien und Bewegungen

– Baath. Seit 1968 ist im Irak der irakische Zweig der 1947 in Damaskus von Michel Aflaq gegründeten Arabischen Sozialistischen Baath-Partei unter Saddam Hussein an der Macht. Nach eigenen Angaben zählt die Baath-Partei 1,75 Mio. Mitglieder. Die oberste Parteiführung besteht aus 23 Männern: elf Mitglieder vom sunnitischen Takriti-Clan Saddam Husseins, fünf vom ebenfalls sunnitischen Durri-Clan Issat Ibrahim Al-Durris und sechs Sicherheits-Offiziere. Waren die Schiiten in der Baath-Partei ursprünglich sehr aktiv, schätzt man, dass sie heute nur noch fünf bis zehn Prozent der wichtigsten Partei- und Regierungsposten besetzen.

Die Machtstellung der Baath-Partei wird auch durch ein neues Parteiengesetz von 1991 nicht tangiert, das erstmals seit dem Putsch der Baathisten von 1968 die Bildung von Oppositionsparteien vorsieht. Das Gesetz war im Juli 1991 von der Nationalversammlung verabschiedet und am 2. September 1991 durch den Kommandorat der Revolution ratifiziert worden, nachdem die Nationalversammlung am 25. August 1991 einen stark einschränkenden Gesetzeszusatz hinzugefügt hatte. Es herrscht keine Klarheit darüber, ob es schon in Kraft getreten ist. Die Monopolstellung der Baath-Partei bleibt aus verschiedenen Gründen bestehen. Erstens müssen sich neue Parteien laut Gesetz zu den "Errungenschaften der Revolution" von 1968 und somit zur Baath-Partei bekennen. Zweitens hat die Regierung das Recht, jede Partei aufzulösen, die die Staatssicherheit und die nationale Einheit untergräbt. Drittens bleiben religiös, regional oder ethnisch orientierte Parteien verboten, und viertens dürfen weiterhin nur Baath-Mitglieder der irakischen Armee oder den Sicherheitsdiensten beitreten. Das Gesetz hält zudem fest, dass es den Parteien untersagt ist, direkte oder indirekte Verbindungen zu ausländischen Regierungen zu unterhalten, und dass sie ohne Zustimmung des Kommandorates der Revolution keine finanziellen Zuwendungen aus dem Ausland erhalten dürfen.

– Nationale Fortschrittsfront. 1973 schloss sich die Baath-Partei mit der mittlerweile illegalen Kommunistischen Partei Iraks und einigen kleinen linientreuen Gruppen zur heute noch bestehenden Nationalen Fortschrittsfront zusammen.

– Grüne Partei Irak. Die Grüne Partei Irak unter Mashar Arik, Journalist und politischer Berichterstatter in der irakischen Presse, wurde am 18. März 1992 gegründet.

15.2. Illegale Parteien und Bewegungen

– Kurdistan-Front. Die Kurdistan-Front setzt sich aus den wichtigsten kurdischen Oppositionsparteien des Nordiraks zusammen:

– KDP, Partî Demokratî Kurdistan (Demokratische Partei Kurdistans, DPK). Sie wurde 1946 vom legendären Kurdenführer Mullah Mustafa Barzani gegründet. Unter dem Vorsitz von Masud Barzani ist sie gegenwärtig die stärkste Partei im Kurmanji-sprachigen Teil des kurdischen Autonomiegebietes. Sie hat ihren Hauptsitz in Salaheddin. Im Oktober 1991 gab die KDP an, über 100'000 Kämpfer (Peshmerga) zu verfügen.

– PUK, Yekitiya Nishtimanî Kurdistan (Patriotische Union Kurdistans). Sie entstand 1976 aus mehreren linksprogressiven Gruppierungen und steht unter dem Vorsitz von Jalal Talabani. Die PUK beherrscht die südöstliche Region von Sulaimaniya und hat ihren Sitz in Qalacholan. Wie die KDP verfügte im Oktober 1991 nach eigenen Angaben auch die PUK über 100'000 Peshmerga.

– KPI, Kommunistische Partei Irak. Der kurdische Zweig der Irakischen Kommunistischen Partei unter Aziz Mohamed hat seinen Sitz in Shaqlawa. Die KPI ist seit 1978 illegal; die meisten Mitglieder ihres Zentralkomitees leben heute im Exil.

– Kurdische Einheit, Yek Gürten. Unter diesem Namen haben sich nach den Wahlen von 1992 drei Parteien zusammengeschlossen:

– KSP, Kurdistan Socialist Party (Sozialistische Partei Kurdistan) mit Sitz in Raniya. Die KSP schloss sich im Februar 1993 nach 14jähriger Teilung wieder mit der PUK zusammen.

– PASOK, Kurdish Socialist Party (Kurdische Sozialistische Partei) mit Sitz in Raniya (mit der KSP nicht identisch).

– KPDP, Partî Gel (Demokratische Volkspartei Kurdistans) unter Sami Abdurrahman mit Sitz in Erbil.

– ADM, Assyrian Democratic Movement (Assyrische Demokratische Bewegung). Diese wichtigste Organisation der Assyrer im Nordirak wurde im April 1979 gegründet und soll unter dem Vorsitz von Yakoub Youssef rund 2'000 eigene Kämpfer stellen.

– Nationale Turkmenenpartei Irak, Irak Milli Türkmen Partisi. Die 1988 gegründete Nationale Turkmenenpartei des Irak unter Muzaffar Arslan, mit Sitz in Erbil, macht Ansprüche auf das Kirkuk-Gebiet geltend.

– Islamische Bewegung, Hareket-î Islami. Verschiedene neuere Gruppierungen im Nordirak haben sich zur Islamischen Bewegung, mit Sitz in Raniya, unter Othman Abdulaziz, zusammengeschlossen. Sie streiten ab, von Saudi-Arabien und dem Iran finanziert zu werden, und streichen ihren sunnitischen Charakter hervor. Ihre ideologische und organisatorische Ausrichtung ist unklar.

– Dawa-Partei. Die schiitische Dawa-Partei trat zu Beginn der 20er Jahre zum erstenmal in Erscheinung und wurde 1958 unter dem schiitischen Geistlichen Mohammed Baqr Al-Sadr wiederbelebt. In den 80er Jahren wurde die Mitgliedschaft in der Dawa-Partei durch die irakische Regierung gesetzlich unter Todesstrafe gestellt. Ihre Mitglieder operieren heute vom Iran aus, wo die Partei mit anderen schiitischen Aktivistengruppen dem Obersten Rat der islamischen Revolution im Irak (SAIRI) angehört.

– INC. Der Irakische Volkskongress (INC) der irakischen Opposition, mit Sitz in London, setzt sich aus verschiedenen Oppositionsgruppen innerhalb und ausserhalb des Iraks zusammen. Die wichtigsten sind der Oberste Rat der islamischen Revolution im Irak (SAIRI) sowie Mitglieder der Kurdistan-Front und des syrischen Zweiges der Baath-Partei. Ziel der Opposition ist der Sturz Saddam Husseins und die Einführung einer neuen Verfassung für einen demokratischen irakischen Staat mit umfassendem Minderheitenschutz.

15.3. Gewerkschaften

Gemäss Arbeitsgesetz von 1970 müssen alle Gewerkschaften beim Arbeitsministerium registriert sein. Im Irak existieren 160 Einzelgewerkschaften mit insgesamt 1,3 Mio. Mitgliedern, die in sechs Gewerkschaftsorganisationen zusammengeschlossen sind. Der Dachverband ist die 1959 gegründete parteinahe "General Federation of Iraqi Trade Unions" (GFTU) unter einem 65köpfigen Zentralrat und einem 13köpfigen Exekutivrat. Nicht der GFTU angeschlossen sind die ebenfalls parteinahen Lehrergewerkschaft, die Gewerkschaft für die im Irak arbeitenden Palästinenser sowie verschiedene Berufsverbände für Ärzte, Juristen, Ingenieure usw. Ausserdem existiert eine Frauengewerkschaft (Federal Union of Iraqi Women). Die Arbeitgeber sind in der Iraqi Federation of Industries mit Sitz in Bagdad zusammengeschlossen. Die freie Bildung von Gewerkschaften ist in der Praxis nicht gewährleistet; Streiken ist gemäss Arbeitsrecht von 1987 verboten.
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