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Vertreibungen und humanitäre Not im Libanon und Syrien nehmen zu

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Vertreibungen und humanitäre Not im Libanon und Syrien nehmen zu

Die UNHCR-Vertreter für den Libanon und Syrien berichten über die Situation von Flüchtlingen und Rückkehrer*innen angesichts der sich verschärfenden Krise.
22 November 2024
Libanon. Israelische Angriffe treffen Vororte von Beirut

Israelische Angriffe treffen Vororte der libanesischen Hauptstadt Beirut

Libanon

Dies ist eine Zusammenfassung dessen, was Ivo Freijsen, der UNHCR-Vertreter im Libanon, heute in der Pressekonferenz im Palais des Nations in Genf sagte.

Die letzten Wochen waren für den Libanon und seine Bevölkerung die tödlichsten und verheerendsten seit Jahrzehnten. Israels verstärkte Luft- und Bodenangriffe haben die ohnehin schon schwere humanitäre Krise der Zivilbevölkerung dramatisch verschärft.

In den zwei Monaten seit der Eskalation der Angriffe im Libanon wurden mehr als 3.500 Menschen getötet, 15.000 verwundet und schätzungsweise 1,3 Millionen Menschen aus ihren Häusern vertrieben. Die anhaltende Gewalt hat zahllose Menschenleben gefordert und zu verheerenden Schutzproblemen geführt, wodurch viele Menschen großen Risiken ausgesetzt sind.

Der Wintereinbruch verschärft die Not der Vertriebenen

Der heutige Unabhängigkeitstag des Libanon wird leider von Trauer und wachsender Besorgnis überschattet. Die Lage ist nach wie vor äußerst unberechenbar und lässt sowohl die Libanes*innen als auch die Flüchtlinge im Land im Ungewissen und in Angst um ihre Sicherheit und unmittelbare Zukunft.

Wir befürchten, dass sich die humanitäre Lage für die Vertriebenen angesichts des Temperatursturzes weiter verschlechtern wird. Das kalte Wetter und die heftigen Regenfälle verschlimmern die Notlage vieler Menschen, die gezwungen sind, aus ihren Häusern zu fliehen. Zu ihren dringendsten Bedürfnissen gehören angemessene Unterkünfte und Winterhilfe.

Seit Oktober hat UNHCR 450.000 Menschen erreicht

UNHCR ist eine der führenden Organisationen im Rahmen der UN-Hilfsmaßnahmen und hat seit Oktober rund 450.000 Menschen, darunter Libanes*innen (70 Prozent) und Flüchtlinge, mit lebenswichtigen Hilfsgütern, Unterkünften, Schutz und anderen wichtigen Gütern und Leistungen versorgt. Wir haben Sammelunterkünfte für Vertriebene verbessert und Decken sowie warme Kleidung bereitgestellt.

UNHCR setzt sich aktiv für einen gleichberechtigten Zugang zu Unterkünften für alle Vertriebenen ein, insbesondere für Flüchtlinge, die sich bereits vor dieser Krise in einer äußerst prekären Lage befanden. Unsere Schutzmaßnahmen, zu denen Beratung, Unterstützung der Gemeinden und die Schaffung sicherer Räume für die am meisten gefährdeten Menschen gehören, haben über 100 000 Menschen erreicht. Wir unterstützen ein Netz von 44 Gesundheitseinrichtungen im ganzen Land und stellen lebensrettende Ausrüstung, darunter auch Trauma-Kits, zur Verfügung.

UNHCR-Teams sind unermüdlich im Einsatz, doch der Libanon braucht dringend mehr internationale Hilfe

UNHCR-Teams sind vor Ort, unterstützen und arbeiten unermüdlich daran, den Menschen wieder ein Stück Normalität zu geben, auch wenn sie selbst vertrieben wurden oder sich in Gefahr befinden.

Was wir jedoch dringend brauchen, ist ein Waffenstillstand, um die Spirale der Gewalt zu stoppen. Wir fordern die internationale Gemeinschaft auf, dem Libanon beizustehen und dringend benötigte Gelder bereitzustellen, um allen Betroffenen zu helfen, auch denen, die nach Syrien und andere Länder geflohen sind. Wir sind dankbar für die rasche Unterstützung durch unsere Geber*innen, aber wir verfügen über weniger als die Hälfte der Mittel, die zur Deckung des unmittelbaren humanitären Bedarfs erforderlich sind.

Syrien

Dies ist eine Zusammenfassung dessen, was Gonzalo Vargas Llosa, UNHCR-Vertreter in Syrien, heute in der Pressekonferenz im Palais des Nations in Genf sagte.

Infolge der tödlichen Situation im Libanon sind in den letzten Wochen mehr als 557.000 Menschen nach Syrien gekommen. Trotz der Schäden, die durch israelische Luftangriffe auf eine Reihe von Grenzübergängen und Straßen verursacht wurden, fliehen die Menschen weiterhin vor den verstärkten Bombardierungen im Libanon, hauptsächlich zu Fuß. 

80 Prozent der Ankommenden sind Frauen und Kinder

Die meisten Neuankömmlinge (80 Prozent) sind Frauen und Kinder. Auffallend viele der Flüchtlinge - 41 Prozent - sind Familien mit weiblichem Familienoberhaupt. Einige der Neuankömmlinge, darunter Kinder und ältere Menschen, haben Verletzungen von der Flucht oder den Bombardierungen. Viele von ihnen brauchen unmittelbare Hilfe, darunter Nahrungsmittel, Unterkünfte, medizinische Versorgung, rechtliche Unterstützung und Kleidung.

 Auch innerhalb Syriens haben die israelischen Luftangriffe zugenommen. Sie stellen eine ernsthafte Gefahr für die Zivilbevölkerung sowie für die Mitarbeiter*innen und Einrichtungen von UNHCR und Partnerorganisationen dar und beeinträchtigen unsere Nothilfe. Luftangriffe in der Nähe von Grenzübergängen gefährden die Möglichkeit und das Recht der Menschen, vor dem Konflikt in Libanon zu fliehen.

Angriffe auf Grenzübergänge stellen eine erhebliche Gefahr dar

Letzte Woche traf ein israelischer Luftangriff das Dorf Shamsin, in der Nähe eines Ortes, an dem sich libanesische Flüchtlinge versammelten, um Hilfe zu erhalten. Der Angriff verursachte erhebliche Sachschäden an der Straße zwischen Damaskus und Homs; glücklicherweise gab es keine Verletzten.

UNHCR und Partnerorganisationen sahen sich zudem gezwungen, ihre Einsätze an den Grenzübergängen in Homs auszusetzen, nachdem israelische Luftangriffe in der Nähe von Al-Qusair, nahe dem Grenzübergang Joussieh zwischen Syrien und dem Libanon, mehrere Brücken beschädigten und Todesopfer forderten. Nach einer Sicherheitsbewertung wurden unsere Einsätze am 18. November wieder aufgenommen.

Zwei von drei Menschen in Syrien sind auf humanitäre Hilfe angewiesen

Viele der zurückkehrenden Syrer*innen haben die Absicht geäußert, in ihre Herkunftsgebiete wie Aleppo, Homs, Sweida und Tartous zurückzukehren, und einige wollen in den Nordwesten und Nordosten. Sie kommen in Gemeinden an, die von der anhaltenden Krise in Syrien schwer getroffen wurden. Zwei von drei Menschen in Syrien sind auf humanitäre Hilfe angewiesen, und mehr als sieben Millionen Menschen sind immer noch innerhalb des Landes vertrieben.

 Sie leben unter prekären Bedingungen in Gebäuden und Strukturen, die häufig bereits beschädigt und für Wohnzwecke weitgehend ungeeignet sind. Der begrenzte Zugang zu angemessenen und sicheren Unterkünften gibt Anlass zur Sorge und erhöht das Schutzrisiko und durch den nahenden Winter droht eine weitere Gefahr.

UNHCR und Partnerorganisationen leisten Unterstützung

UNHCR gemeinsam mit UN-Organisationen und NGOs versorgen die Neuankömmlinge mit Hilfsgütern wie Decken, Matratzen und Solarlampen und leisten psychosoziale und rechtliche Unterstützung. Gemeinsam mit lokalen Partnerorganisationen bieten wir Rechtshilfe und -beratung an der Grenze an - insbesondere für Syrer*innen -, um ihnen die Einreise zu erleichtern, ihnen bei der Beschaffung wichtiger ziviler Dokumente zu helfen und sie für Fragen im Zusammenhang mit Immobilienrechten aufzuklären. Auch in den Aufnahmegemeinden wird rechtliche Unterstützung geleistet. Dies geschieht über unser bestehendes Netz von 114 Gemeindezentren und 119 mobilen Einheiten, die in den 14 Gouvernoraten unterwegs sind, um Menschen in schwer zugänglichen Gebieten und andere, die nicht zu uns kommen können, wie ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen und diejenigen, die sich keinen Transport leisten können, zu besuchen. 

Nur 17 Prozent des UN-Hilfsplans für Syrien finanziert

UNHCR hat auch mit der Verteilung von Winterpaketen begonnen, die Wärmedecken, Winterkleidung und Plastikplanen umfassen. Unser Ziel ist es, 420.000 Menschen zu erreichen.  Aber das ist nicht genug. Unsere finanziellen Mittel sind alarmierend gering. Der gemeinsame UN-Hilfsplan für Syrien ist bislang nur zu 17 Prozent finanziert.

Die Lage in Syrien erfordert mehr als nur Soforthilfe. Wir brauchen einen neuen Ansatz, um den unmittelbaren humanitären Bedarf zu decken, die Resilienz zu stärken, die Lebensgrundlagen wiederherzustellen, und die Rückkehr der Flüchtlinge, die die Grenze überschritten haben, nachhaltig und würdevoll zu gestalten.