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Yojoa setzt sich dafür ein, einen positiven Kreislauf zu schaffen, um die berufliche Eingliederung junger Flüchtlinge und Migrant*innen unter Einbeziehung von Unternehmen zu fördern.
In den letzten Monaten hat die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt viel Aufmerksamkeit erhalten. Yojoa (Youth Job Accelerator) gehört dabei zu den führenden Akteuren. Die im März 2020 in Genf gegründete Organisation ermöglicht jungen Menschen mit Flucht- oder Migrationshintergrund den ersten Schritt in die Berufswelt, sei es durch ein Praktikum, eine Ausbildung oder einen Job.
Das Besondere an Yojoas Ansatz ist die enge Zusammenarbeit mit Unternehmen, denen Unterstützung in den Bereichen Vielfalt und Inklusion angeboten wird. Diese Partnerunternehmen stellen auch Praktikums- oder Ausbildungsplätze für die von Yojoa betreuten Jugendlichen zur Verfügung. Emmanuelle Werner Gillioz, Mitbegründerin und Direktorin von Yojoa, und Lydia Tesfu, eine von der Organisation betreute junge Frau, erklären in einem Interview, wie dieser Kreislauf funktioniert.
Frau Werner Gillioz, wie kommen Sie in Kontakt mit den Personen, die Sie unterstützen? Welche Unterstützung bieten Sie an?
Yojoa hat es sich zur Aufgabe gemacht, die berufliche Eingliederung von Jugendlichen mit Flucht- und Migrationshintergrund zu beschleunigen. Diese jungen Menschen werden uns von lokalen Behörden wie dem Hospice général, das in Genf die Rolle des kantonalen Sozialamts übernimmt, sowie durch Massnahmen der Integrationsagenda Schweiz (IAS) vermittelt. Zusätzlich erhalten wir Empfehlungen von Vereinen und den Jugendlichen selbst.
Im Rahmen unseres Programms «Junge Talente» bieten wir den jungen Menschen eine persönliche Betreuung, bei der sie ihre beruflichen Pläne entwickeln und die notwendigen Fähigkeiten erwerben, um sich erfolgreich zu bewerben und Vorstellungsgespräche zu meistern. Gemeinsam erstellen wir einen Lebenslauf und ein Bewerbungsschreiben, machen sie mit Suchmaschinen vertraut und bereiten sie intensiv auf Vorstellungsgespräche vor. Zusätzlich bietet Yojoa einwöchige Schulungen an, die wir als «Soft Skills Workshops» bezeichnen. Diese Workshops helfen den Jugendlichen, ihre Stärken zu erkennen, ihre persönliche Geschichte positiv zu gestalten und dem Arbeitsmarkt mit mehr Selbstvertrauen zu begegnen.
Parallel dazu baut Yojoa eine Netzwerk von Partnerunternehmen auf und bietet den Jugendlichen die Möglichkeit, mit potenziellen Arbeitgebern in Kontakt zu treten.
Frau Tesfu, wie hat sich die Unterstützung, die Sie von Yojoa erhalten haben, auf Sie ausgewirkt?
Dank Yojoas Unterstützung fand ich eine erste EBA-Lehre als Assistentin Gesundheit und Soziales bei der Stiftung Foyer Handicap. Nachdem ich meine EBA abgeschlossen hatte, unterstützte mich Yojoa bei der Suche nach eine EFZ-Ausbildung als Fachfrau Gesundheit bei der Institution IMAD. Ich möchte Yojoa sehr für alles danken, was sie für mich getan haben.
«Ich habe ein Praktikum im Gesundheitsbereich gefunden, was mir sehr am Herzen lag»
Warum konzentrieren Sie sich auf junge Menschen mit Flucht- oder Migrationshintergrund?
Emmanuelle Werner Gillioz: Diese Jugendlichen stehen vor ganz spezifischen Hindernissen, und ihre Integration in den Arbeitsmarkt erfordert eine angepasste und differenzierte Herangehensweise im Vergleich zu hiesigen Jugendlichen. Die Teilnehmenden unseres Programms sind als Teenager in die Schweiz gekommen, einige mit ihrer Familie, andere ohne. Sie alle haben Flucht- oder Migrationserfahrungen gemacht und aussergewöhnliche Situationen erlebt. In der Schweiz sehen sie sich einer Vielzahl von Herausforderungen gegenüber: Sie müssen die Sprache und kulturelle Codes erlernen, sich in der lokalen und nationalen Verwaltung zurechtfinden, ein Netzwerk aufbauen und die Verhaltensregeln in einem Unternehmen verstehen. Diese jungen Menschen tragen auch zur Vielfalt bei, und für Yojoa ist die Berücksichtigung von Vielfalt in Organisationen ein Schlüssel zur kollektiven Intelligenz und eine Quelle der Kreativität.
Was bedeutet es für Sie, dass Sie eine Lehrstelle bekommen haben?
Lydia Tesfu: Ich habe ein Praktikum im Gesundheitsbereich gefunden, was mir sehr am Herzen liegt. Dadurch kann ich in dem Beruf arbeiten, den ich gewählt habe, und langfristig finanziell unabhängig werden. Das ist besonders wichtig für mich, da ich als Mädchen aus Eritrea in die Schweiz geflüchtet bin. Es gibt mir die Chance, ein erfülltes Leben zu führen und eine erfolgreiche Karriere zu beginnen.
Sie arbeiten auch eng mit Unternehmen zusammen. Was genau machen Sie auf dieser Ebene?
Emmanuelle Werner Gillioz: Wir bieten Unternehmen die Möglichkeit, unsere Kandidat*innen für Praktika, Ausbildungsplätze und Juniorstellen kennenzulernen. Wir vermitteln ihnen Personen, die ihren Bedürfnissen entsprechen und gleichzeitig über Soft Skills verfügen, die sie durch ihre Migrationsgeschichte erworben haben: Anpassungsfähigkeit, Resilienz, Lösungsorientierung, Stressbewältigung, Empathie und Selbsthilfe.
Yojoa informiert Unternehmen über die administrativen Schritte, die sie unternehmen müssen, um Bewerber*innen mit einem Status N, F oder B einzustellen. Diese administrativen Schritte wurden in den letzten Jahren vereinfacht.
Wir bieten auch eine Nachbetreuung an, sobald die Kandidat*innen die Arbeit aufnehmen, um sicherzustellen, dass die Jugendlichen die besten Voraussetzungen haben, um in ihrer Ausbildung oder ihrem Job erfolgreich zu sein und sich weiterzuentwickeln.
Die Entwicklung und Stärkung der «Soft Skills» der betreuten Personen ist für Yojoa von zentraler Bedeutung. Was hat das für Sie persönlich bedeutet und warum war das wichtig?
Lydia Tesfu: Für mich persönlich bedeutete das, dass ich mich weiterentwickeln und neue Erfahrungen sammeln konnte. Durch die Arbeit an meinen Soft Skills habe ich wichtige Fähigkeiten erworben, um mich in meiner neuen Heimat besser zurechtzufinden. Das hat mein Selbstvertrauen gestärkt und mir erleichtert, Kontakte zu anderen Menschen zu knüpfen.
«Die Berücksichtigung der Vielfalt in Organisationen ist ein Schlüssel zur kollektiven Intelligenz und eine Quelle der Kreativität»
Was sind die grössten Herausforderungen, sowohl bei den Jugendlichen als auch bei den Unternehmen?
Emmanuelle Werner Gillioz: Obwohl sich immer mehr Unternehmen der Problematik der Inklusion bewusst werden, stehen wir nach wie vor vor zahlreichen Barrieren. Diese Barrieren können durch Vorurteile gegenüber Flüchtlingen und Migrant*innen, unbewusste Voreingenommenheit oder schlicht durch mangelnde Information darüber entstehen, dass Flüchtlinge das Recht haben zu arbeiten. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, hat Yojoa gemeinsam mit den Partnerorganisationen SINGA Switzerland und Association Découvrir ein innovatives Projekt ins Leben gerufen: die erste Schweizer Charta zur Inklusion von Migrant*innen und Flüchtlingen in Unternehmen. Mit dieser Charta werden Unternehmen, die sich für die Inklusion dieser Zielgruppe engagieren, sichtbar gemacht und für ihre soziale Wirkung anerkannt. Zudem dient die Charta als Werkzeug, um die von der Regierung festgelegten Ziele für die Beschäftigung von Flüchtlingen zu erreichen.
Auf Seiten der Jugendlichen besteht die grösste Schwierigkeit darin, ihre Motivation aufrechtzuerhalten, besonders wenn ihnen Türen verschlossen bleiben und sie Schwierigkeiten haben, ihre beruflichen Pläne zu verwirklichen. In solchen Situationen ist die Begleitung durch Yojoa besonders wichtig. Wir setzen alles daran, dass die Jugendlichen die Hoffnung nicht verlieren und weiterhin an ihren Zielen festhalten.
Haben Sie noch weitere berufliche Träume und Ziele?
Lydia Tesfu: Mein Traum war es schon immer, Krankenpflegerin zu werden, und ich werde dieses Ziel erreichen, indem ich alle Hürden überwinde.
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