Angelina Jolie im Irak: Mehr internationale Hilfe nötig
Angelina Jolie im Irak: Mehr internationale Hilfe nötig
Bagdad - UNHCR-Sondergesandte Angelina Jolie war gestern (25. Januar 2015) im irakischen Dohuk, um dort syrische Flüchtlinge und Binnenvertriebene aus dem Irak zu besuchen und auf die schlimme Lage der 3,3 Millionen Menschen in den kurdischen Gebieten und dem Rest des Landes aufmerksam zu machen.
Seit ihrem letzten Besuch im September 2012 und mit der zunehmenden Verflochtenheit der Konflikte in Syrien und dem Irak, haben Ausmaß und Schwere der humanitären Situation dramatisch zugenommen.
„Es ist schockierend zu sehen, wie sich die humanitäre Situation seit meinem letzten Besuch verschlechtert hat. Zusätzlich zu der hohen Zahl syrischer Flüchtlinge, mussten allein 2014 zwei Millionen Iraker aufgrund von Gewalt ihre Häuser verlassen. Da sich die Fronten laufend verschieben mussten viele dieser Menschen mehrfach fliehen, um sich in Sicherheit zu bringen.“
Trotz der massiven Hilfsaktion durch UNHCR und seine Partner leben immer noch 330.000 Menschen im ganzen Land in unzulänglichen Unterkünften und müssen dort ihren ersten Winter, weit weg von Zuhause, durchleben.
Angelina Jolie besuchte Binnenvertriebene sowohl in einer inoffiziellen Siedlung als auch in dem offiziellen Camp in Khanke, 40 Minuten außerhalb der Stadt Dohuk. Zusammen sind diese beiden Standorte das Zuhause von mehr als 20.000 Menschen der jesidischen Minderheit, die Anfang August 2014 aus Sindschar und Umgebung fliehen mussten. Die Menschen, mit denen Jolie sprach, berichteten von ihrer dramatischen Flucht, wie sie die ganze Nach durchlaufen und sich bei Tag verstecken mussten. Angelina Jolie traf außerdem eine ältere Frau, die zu den 196 von den Aufständischen kürzlich freigelassenen jesidischen Frauen gehört und nun im inoffiziellen Camp in Khanke lebt.
Die Frauen erzählten von den erlebten Torturen, von Gefangennahme, Inhaftierung, Flucht und Freilassung. Sie berichteten Jolie von der extremen Not und den Verlusten, die sie erleiden mussten. Die Söhne, Ehemänner und Töchter einiger der Frauen sind immer noch inhaftiert, andere haben gehört, dass ihre Töchter nach Syrien verschleppt wurden. Wieder andere haben jeglichen Kontakt zu ihren Angehörigen verloren und wissen nicht, was mit ihnen geschehen ist.
„Nichts kann einen auf diese furchtbaren Geschichten der Überlebenden von Kidnapping, Missbrauch und Ausbeutung vorbereiten, und wie sie die dringende Hilfe, die sie brauchen und verdienen nicht bekommen", sagte Angelina Jolie. „Der Bedarf übersteigt auf so dramatische Weise die Mittel, die in dieser massiven Krise zur Verfügung stehen. Viel mehr internationale Unterstützung ist nötig“, fügte die Sondergesandte hinzu.
Knappe Gelder haben direkten Einfluss auf Größe und Art spezieller Hilfsprogramme für Überlebende von Gewalt und Menschenrechtsverletzungen, zusätzlich zu der Bereitstellung von Unterkünften und anderer Nothilfe. Während die Regierung viel Unterstützung gewährt hat, haben UNHCR und seine Partner 34 neue Camps errichtet, die fertig oder noch in Bau sind. Die Hilfsmaßnahmen werden aber durch Finanzierungslücken und Sicherheitsbeschränkungen behindert. Zum Beispiel hat UNHCR 2014 nur 53 Prozent der benötigten 337 Millionen US-Dollar für die Binnenvertriebenen-Krise im Irak erhalten, während der Einsatz für 2015 voraussichtlich nur mit 31 Prozent der benötigten 556 Millionen US-Dollar finanziert sein wird.
In der Region Kurdistan im Irak haben rund 900.000 Menschen Zuflucht gefunden – eine enorme Herausforderung für die Städte und Gemeinden, die die Menschen aufnehmen, die Behörden und die Infrastruktur. Der große Zustrom von Menschen, die zwischen Juni und August 2014 aus Mossul und Sindschar geflohen sind, hat zu einer dreitägigen Verzögerung des Schulbeginns geführt, weil über 700 öffentliche Schulen als Notlager genutzt wurden. Geschätzte 20 Prozent der fünf Millionen Einwohner der kurdischen Gebiete sind entweder Iraker, die von anderswo fliehen mussten oder Flüchtlinge.
„Ich danke den kurdischen Behörden, dass sie in solch schwierigen Zeiten neben den syrischen Flüchtlingen so viele Vertriebene aus dem Irak aufgenommen haben“, sagte Sondergesandte Angelina Jolie.
Am heutigen Montag besucht Jolie zum wiederholten Mal das ausgedehnte Domiz-Camp, das 50.000 syrische Flüchtlinge beherbergt und damit Zuhause von mehr als ein Fünftel der 223.000 im Irak lebenden syrischen Flüchtlinge ist. Jolie besuchte dieses Camp zuletzt am 16. September 2012, als noch 8.500 Menschen dort lebten.
Vor dem Hintergrund des bevorstehenden fünften Jahrestages des Syrien-Konfliktes sagte Jolie: „Der Krieg in Syrien ist die Ursache so vieler Probleme, die wir hier im Irak und der ganzen Region sehen. Mehr internationaler Führungswille ist nötig, um die Spirale der Gewalt in Syrien zu brechen und einen Weg zu einem gerechten und nachhaltigen Friedensabkommen zu finden.“
Es ist Angelina Jolies fünfter Besuch im Irak und ihr sechster bei syrischen Flüchtlingen in der Region.
"Zu viele unschuldige Menschen bezahlen den Preis für den Konflikt in Syrien und die Ausbreitung des Extremismus", sagte Jolie nach dem ersten Tag ihres zweitägigen Besuchs im Irak. „Ich möchte der Familie von Haruna Yukawa, der japanischen Geisel, die angeblich gestern in Syrien ermordet wurde, mein tiefstes Mitgefühl aussprechen, genauso wie allen Familien und Opfern solcher abscheulichen und extremen Taten.“
Mehr als 3,8 Millionen Syrer sind in die Nachbarstaaten Türkei, Libanon, Jordanien, Irak und Ägypten geflohen. Weitere 7,6 Millionen sind innerhalb Syriens auf der Flucht.
3,1 Millionen Binnenvertriebene gibt es im Irak, einschließlich einer Millionen Menschen, die zwischen 2003 und 2013 geflohen ist sowie 2,1 Millionen Menschen, die 2014 ihre Heimat verlassen mussten.