Close sites icon close
Search form

Nach einer Länderseite suchen.

Länderprofil

Länderseiten

Junge Rohingya-Flüchtlinge helfen, das grösste Lager der Welt zu begrünen

Medienmitteilungen

Junge Rohingya-Flüchtlinge helfen, das grösste Lager der Welt zu begrünen

16 November 2022 Auch verfügbar auf:
Samia, 14 Jahre alt, ist eine junge Freiwillige im Umweltschutz. Sie und andere Mitglieder ihrer Gruppe arbeiten daran, ihre Gemeinde über den Schutz von Wildtieren aufzuklären, die aus den umliegenden Wäldern in das Lager kommen.
Samia hat fünf ihrer 14 Lebensjahre in Kutupalong verbracht – der grössten und am dichtesten besiedelten Flüchtlingssiedlung der Welt.

Die Siedlung besteht aus einer Reihe von Lagern, die 2017 in den Wäldern im Süden Bangladeschs errichtet wurden, um Hunderttausende Rohingya-Flüchtlinge aufzunehmen. Diese mussten vor der Gewalt im Rakhine-Staat im Westen Myanmars fliehen. Fast eine Million Menschen leben jetzt zusammengepfercht auf einer Fläche von nur 17 Quadratkilometern. An den Hängen drängen sich Bambushütten und auf den engen Strassen wimmelt es nur so von Fussgänger und Fussgängerinnen, Rikschas, Autos von Helfer und Helfer*innen und Händler*innen.

„Wenn ich einen Vogelschwarm in der Nähe fliegen sehe, fühle ich mich gut“, sagt sie. „Ich mag den Klang der Vögel.“

Nach ihrer traumatischen Flucht aus Myanmar und anschliessenden Ankunft in Bangladesch war Samia bestürzt über die Zerstörung des Waldes. Er wurde gerodet, um Platz für Unterkünfte zu schaffen.

„Als ich das erste Mal hierher kam, sah ich, wie die Menschen wilde Tiere töteten, als sie die Lager betraten. Sie fällten die Bäume und warfen sie weg, um das Land zu bewirtschaften. Die Leute haben überall ihren Müll hingeworfen.“

„Der Klimawandel bedeutet, dass es im Sommer zu heiss ist und während des Monsuns zu viel regnet.“

Ihren Bemühungen und der weiterer junger Rohingya-Flüchtlinge in Kutupalong sei Dank, hat sich die Einstellung zu Wildtieren und dem umliegenden Wald zu ändern begonnen.

Samia gehört zu einer von fünf Jugendgruppen in den Lagern, die zusammen mit fünf ähnlichen Gruppen in den umliegenden Gastgemeinden von UNHCRn und seiner Partnerorganisation, der Weltnaturschutzunion (IUCN), in Umweltfragen geschult wurden.

Sie haben die Zusammenhänge zwischen der Zerstörung von Bäumen und Vegetation sowie der Klimakrise, die sich zunehmend auf ihr tägliches Leben auswirkt, kennengelernt.

„Der Klimawandel bedeutet, dass es im Sommer zu heiss ist und während des Monsuns zu viel regnet“, sagt Samia.

„Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie Unterkünfte durch Erdrutsche zerstört und Menschen verletzt wurden.“

Im vergangenen Jahr wurden die Jugendgruppen aufgefordert, Umweltprobleme in ihrem Teil des Lagers zu ermitteln und eigene Lösungen dafür zu finden. Samia ergriff die Gelegenheit, um ihre Familie, Freund*innen und Nachbar*innen über die Bedeutung des Schutzes der Bäume und der einheimischen Wildtiere, die in das Lager kommen, aufzuklären. Sie und der Rest ihrer Gruppe führen Aufklärungsveranstaltungen mit Kindern, Erwachsenen und lokalen Führungskräften wie Imamen durch.

„Ich sage ihnen: ‚Wenn ihr die Bäume wachsen lasst, werdet ihr Schatten haben und friedlich unter ihnen sitzen.‘ Ich sage ihnen, dass sie die Tiere nicht töten sollten, weil sie uns nützen.“

 

Der Süden Bangladeschs ist durch die Auswirkungen des Klimawandels extrem gefährdet. Die Notunterkünfte der Flüchtlinge, von denen viele auf abgeholzten, instabilen Hängen errichtet wurden, bieten kaum Schutz vor den immer stärker werdenden Tropenstürmen. Allein im letzten Jahr mussten rund 24.000 Flüchtlinge aufgrund von Überschwemmungen und Erdrutschen ihre Unterkünfte und ihr Hab und Gut zurücklassen. Während der schweren Monsunregenfälle kamen ebenfalls zehn Flüchtlinge ums Leben.

„Wir erleben den Klimawandel jeden Tag“, sagt der achtzehnjährige Mohammed Rofique, der einer anderen Jugendgruppe angehört. „Aber die grossen Länder sehen ihn nicht; sie sind diejenigen, die sich dessen bewusst sein müssen. Sie müssen aufhören, Bäume zu fällen. Wir versuchen hier, unsere Bäume zu retten und die Natur zu schützen.“

„Die Leute waren es gewöhnt, ihren Müll überall hinzuschmeissen. Es roch wirklich übel und war für die Kinder unsicher“, sagt er. „Der Müll verstopfte die Entwässerung, und wenn es regnete, gab es Überflutungen und der Müll wurde im ganzen Lager verteilt.“

Neben der Herstellung und Verteilung von Mülleimern aus Bambus, hat die Gruppe auch Gärten auf offenen Flächen angelegt, wo die Menschen früher ihren Müll weggeworfen haben.

Abgesehen von den offensichtlichen Vorteilen für die Umwelt weist Ehsanul Hoque, der in der Umweltabteilung von UNHCR arbeitet, darauf hin, dass die Jugendgruppen den jungen Menschen in den Lagern Problemlösungs- und Führungskompetenzen vermitteln. Ausserdem haben sie eine sinnstiftende Aufgabe – an diesem Ort, an dem es nur sehr wenige Möglichkeiten für den Zugang zu höherer Bildung oder für den Lebensunterhalt gibt, ist dies umso wichtiger. „Wir lassen sie wissen, dass sie etwas bewirken können. Sie können mit ihrer Familie sprechen, mit ihren Nachbar*innen, sie können bei sich selbst anfangen.“

UNHCR arbeitet mit Partner*innen und freiwilligen Flüchtlingen zusammen, um die Lager zu begrünen und das Ökosystem wiederherzustellen. Das wird erreicht, indem Tausende von Bäumen, Sträuchern und Gräsern gepflanzt, Wasserläufe wiederherstellt und Flüssiggas als Alternative zu Brennholz an alle Haushalte verteilt werden.

Samia sagt, dass sie ihre jüngeren Brüder davon überzeugt hat, keine Steine mehr auf Vögel zu werfen, und dass andere Flüchtlinge für die Botschaften der Gruppe zum Schutz der Umwelt empfänglich sind.

„Manche Leute wollen uns nicht zuhören, aber ich glaube fest daran, dass sich ihr Blickwinkel allmählich ändern wird“, sagt sie. „Am Ende des Tages fühle ich mich gut, wenn ich daran denke, dass ich das Bewusstsein in meiner Gemeinschaft geschärft habe.“

Als vor kurzem eine grosse Schlange in ihrem Teil des Lagers gefunden wurde, wollten einige ihrer Nachbar*innen sie töten, erzählt sie. „Aber andere sagten: ‚Das brauchen wir nicht, wir können sie in den Wald bringen und freilassen‘. Also steckten sie sie in einen grossen Jutesack und trugen sie dorthin.“