Libyen: UNHCR verhandelt über Alternativen zu Internierungslagern
Libyen: UNHCR verhandelt über Alternativen zu Internierungslagern
GENF, Schweiz – Die Situation in Libyen ist wegen der unterschiedlichen Flucht- und Migrationsbewegungen im Land weiterhin eine der kompliziertesten der Welt. Flüchtlinge und Migranten sind gemeinsam auf gefährlichen Routen im Land unterwegs, trotzen lebensgefährlichen Wüstendurchquerungen genauso wie Missbrauch und sexueller Gewalt, Folter, Inhaftierung unter unmenschlichen Bedingungen und Lösegeld-Entführungen. Und all dies geschieht bevor sie sich überhaupt auf den tödlichen Weg übers Mittelmeer machen, auf dem sie mit einer Wahrscheinlichkeit von 1 zu 39 ums Leben kommen. Das Land ist außerdem inmitten eines Konflikts, der Hunderttausende Libyer zu Binnenvertriebenen gemacht hat.
Auch wenn irreguläre Migrations- und Fluchtbewegungen eine Herausforderung für Staaten darstellen, ist Internierung keine Antwort. Als Organisation für den Schutz von Flüchtlingen ist UNHCR gegen die routinemäßige Internierung von Flüchtlingen und Vertriebenen und hat sich, auch auf höchster Stelle, sehr deutlich zu den entsetzlichen Bedingungen geäußert, unter denen Flüchtlinge und Migranten in Libyen festgehalten werden. Während eines Besuchs in Tripolis hat sich Flüchtlingskommissar Filippo Grandi kürzlich beispielsweise mit Flüchtlingen und Migranten in Internierungslagern getroffen und seine „Erschütterung angesichts der brutalen Bedingungen, unter denen Flüchtlinge dort interniert werden“ zum Ausdruck gebracht.
Gleichzeitig verhandelt UNHCR mit den Libyschen Behörden über die Errichtung eines offenen Aufnahmezentrums für Flüchtlinge und Migranten, das den am meisten gefährdeten Menschen Priorität einräumen und allen Bewohnern Bewegungsfreiheit garantieren würde. In diesem Aufnahmezentrum könnte UNHCR Registrierungen durchführen sowie Unterkunft, Lebensmittel, Sozialdienste, Beratung und Unterstützung von Opfern sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt sowie für besonders gefährdete Personen Lösungskonzepte in Drittländern anbieten.
UNHCR ist dabei, über 535.000 Menschen in Libyen Hilfe und Schutz bereitzustellen, einschließlich mehr als 226.000 Binnenvertriebenen, 267.000 Menschen die in ihr altes Zuhause zurückkehren konnten aber weiterhin gefährdet sind und 42.834 registrierten Flüchtlingen und Asylsuchenden.
UNHCR zeigt sich ob der Zustände in den Internierungslagern besorgt, hält es aber dennoch für wichtig, mit den verantwortlichen Behörden in Libyen den Dialog aufrecht zu erhalten. Dieser ist notwendig, um den Zugang zu den Lagern sicherzustellen, lebenswichtige Hilfeleistungen anzubieten und sich für einen noch besseren Zugang zu Prüfung, Identifizierung und Registrierung sowie für Maßnahmen zur Reduzierung des Risikos von sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt einzusetzen.
„Wir führen regelmäßig Besuche in den offiziellen Internierungslagern durch, um die Menschen mit lebenswichtigen Hilfeleistungen zu versorgen“, erklärte Roberto Mignone, UNHCR-Repräsentant in Libyen. „Unsere Anwesenheit in diesen Internierungslagern bedeutet weder die Billigung dieser Orte noch die Billigung dessen, was dort stattfindet. Es ist jedoch unsere Pflicht, Flüchtlingen und Asylsuchenden zu helfen und uns für ihren Schutz einzusetzen, auch wenn sie interniert sind. Dieses Jahr haben UNHCR und seine Partner 658 Besuche der Internierungslager durchgeführt. Dank unserer gemeinsamen Anstrengungen sind 1.000 Flüchtlinge und Asylsuchende aus diesen Einrichtungen freigekommen.“
In Libyen arbeitet UNHCR daran, die Lage von Hunderttausenden Zivilisten, die vom Konflikt betroffen sind, zu verbessern. UNHCR bemüht sich außerdem darum, Bewohnern des Landes und Menschen, die sich auf dem Weg nach Europa befinden, internationalen Schutz, humanitäre Hilfe und Lösungen anzubieten. Dabei arbeitet UNHCR eng mit der internationalen Organisation für Migration (IOM) und anderen Partnern zusammen. Sie alle haben bei ihrer Arbeit in Libyen große Schwierigkeiten, etwa die im ganzen Land begrenzten Zugangsmöglichkeiten wegen der aktuellen Sicherheitslage. Dennoch bemüht sich UNHCR nach Kräften, seine Präsenz und Aktivität in Libyen durch Ortskräfte und Partnerorganisationen sowie durch die regelmäßige Anwesenheit internationaler Mitarbeiter, die sonst von Tunis aus operieren, zu vergrößern.
In Anbetracht des dringenden humanitären Bedarfs und der entsetzlichen Zustände in den Internierungslagern ist es von zentraler Bedeutung, dass sich UNCHR weiterhin an der Bereitstellung lebenswichtiger Hilfeleistungen, Schutz und Lösungen beteiligt und sich vor allem für Alternativen zu Internierungslagern einsetzt.
„Die Hilfe, die UNHCR in Internierungslagern anbietet, hilft, das Leid der Insassen zu lindern,“ sagte Mignone. „Wir liefern Hygieneartikel, Decken, Schuhe und Kleidung. Darüber hinaus können wir durch unseren Partner IMC (International Medical Corps) Notleidenden eine medizinische Erstversorgung anbieten. Sie ist oft die einzige medizinische Unterstützung, die den Gefangenen zu Verfügung steht.“