UNHCR warnt vor zunehmender Zahl von Todesfällen im zentralen Mittelmeer
UNHCR warnt vor zunehmender Zahl von Todesfällen im zentralen Mittelmeer
In den vergangenen Tagen konnten rund 1.500 Personen in Italien von Bord der Rettungsschiffe gehen. Zuvor waren sie von der italienischen Küstenwache, der Zollpolizei oder von internationalen NGOs im zentralen Mittelmeer gerettet worden. Die meisten der ankommenden Menschen waren von Libyen mit unsicheren, seeuntüchtigen Schiffen aufgebrochen und hatten wiederholt Notrufe abgesetzt.
Die Mehrheit der Ankommenden stammt aus Mali, der Sahelzone, Eritrea und Nordafrika und viele von ihnen sind unbegleitete Kinder. Die Gründe ihrer Flucht sind komplex: Viele fliehen vor Krieg und Konflikten, wie in der Sahelzone, wo wahllose Angriffe immer wieder zu Tod und Zwangsvertreibung führen. Viele fliehen vor Verfolgung und davor, wie Waren gehandelt und verkauft zu werden. UNHCR war bei der Ankunft der Boote präsent:
„Während ich spreche, gehen über 450 Personen nach der Rettung durch das NGO-Schiff Sea Watch von Bord, unter ihnen etwa 180 Kinder.“
UNHCR-Sprecherin Carlotta Sami aus dem Hafen von Trapani auf Sizilien
Die Fluchtbewegungen in Richtung Europa stellen jedoch nur die „Spitze des Eisbergs" dar. Die meisten bleiben in der Nähe ihrer Heimat, wie auch die 5,4 Millionen Flüchtlinge und Binnenvertriebenen in den Sahelländern. Laut globaler UNHCR-Statistik bleiben 80 Prozent der Menschen, die fliehen, in ihrer Herkunftsregion.
Während die Gesamtzahl der Ankünfte in Europa seit 2015 rückläufig ist, stieg in diesem Jahr die Zahl jener, die über das Mittelmeer nach Italien kommen, auf über 10.400. Das ist ein Anstieg um mehr als 170 Prozent im Vergleich zum gleichen Zeitraum im Jahr 2020. UNHCR ist ausserdem zutiefst besorgt über die Zahl der Todesopfer: Bislang haben in diesem Jahr mindestens 500 Personen ihr Leben bei dem Versuch, die gefährliche Überfahrt über die zentrale Mittelmeerroute zu schaffen, verloren. Verglichen mit den 150 Personen im Vorjahreszeitraum ist dies ein Anstieg um mehr als 200 Prozent. Dieser tragische Verlust an Menschenleben verdeutlicht einmal mehr die Notwendigkeit, ein von den Staaten koordiniertes System für Such- und Rettungsaktionen im zentralen Mittelmeer wiederherzustellen.
UNHCR ist Italien dafür dankbar, dass es seine Häfen während der Pandemie offengehalten hat. Die Solidarität weiterer EU-Mitgliedstaaten ist jedoch dringend erforderlich, da sich die Situation in Libyen weiter verschlechtert und Menschen weiterhin verzweifelt Überfahrten wagen werden. UNHCR arbeitet mit Partner*innen und der italienischen Regierung an den Ankunftsstellen zusammen, um die Identifizierung von besonders vulnerablen Personen zu unterstützen und das Aufnahmesystem für Asylsuchende zu fördern. Dies ist eine Priorität, da viel zu viele derjenigen, die versuchen, Europa zu erreichen, auf ihrer Flucht unsägliche Gewalt und Missbrauch erlitten haben. Zeug*innenaussagen, die UNHCR in den letzten Tagen unter anderem auch von Kindern erhalten hat, sprechen von Inhaftierungen und Brutalitäten ohne Achtung vor dem menschlichen Leben und die Überlebenden leiden oft an schweren psychischen Problemen als Folge der erlebten Traumata.
Während diese Menschen in Italien in Sicherheit gebracht werden, fordert UNHCR die internationale Gemeinschaft auf, ihre Bemühungen zu verstärken, um den Schutz jener Menschen, die auf dieser Route fliehen, zu verbessern und sichere Alternativen zu schaffen. Legale Wege wie humanitäre Korridore, Evakuierungen, Resettlement und Familienzusammenführung müssen ausgebaut werden. Für Personen die keinen internationalen Schutz brauchen, müssen Lösungen gefunden werden, die ihre Würde und ihre Menschenrechte respektieren.