Weiterbestand des Schutzstatus S: UNHCR begrüsst Entscheid des Bundesrates
Weiterbestand des Schutzstatus S: UNHCR begrüsst Entscheid des Bundesrates
Seit Beginn des Krieges in der Ukraine hat die Schweiz – Bund, Kantone, Gemeinden und Zivilgesellschaft – mit der Aufnahme einer grossen Anzahl Flüchtlinge innerhalb kurzer Zeit eine ausserordentliche Leistung erbracht. Personen aus der Ukraine konnten mit Unterkunft und anderen lebensnotwendigen Gütern versorgt werden, obwohl die Zahl der Geflüchteten die Grössenordnungen von 2015/2016 weit überstieg.
Als Folge des andauernden Krieges muss damit gerechnet werden, dass die Zahl der in der Schweiz anwesenden Flüchtlinge aus der Ukraine in den Wintermonaten hoch bleibt oder weiter steigt, während eine Rückkehr für die grosse Mehrheit der Betroffenen nicht möglich ist. UNHCR ist deshalb erfreut, dass der Bundesrat den Schutz des Status S für Geflüchtete aus der Ukraine beibehält.
Empfehlungen von UNHCR
In einer heute veröffentlichten Stellungnahme macht UNHCR eine Reihe von Vorschlägen für eine verbesserte Praxis:
- Geschützte Personengruppen präzisieren: Die Personengruppen, die durch den Status S geschützt werden, sind in der «Allgemeinverfügung zur Gewährung des vorübergehenden Schutzes im Zusammenhang mit der Situation in der Ukraine» definiert. Hier haben sich in der Anwendungspraxis verschiedene, wichtige Fragen ergeben, die geklärt werden müssen. Zum Beispiel zur Verweigerung des Status S bei Drittstaatangehörigen, Doppelbürgern und binationalen Paaren oder beim Zugang zum regulären Asylverfahren für Personen mit Status S.
- Kantone besser unterstützen: Dank des raschen Verfahrens für den Status S halten sich ukrainische Flüchtlinge nur kurz in Bundesasylzentren (BAZ) auf. Kantone, kantonale Strukturen oder kantonale Rechtsberatungsstellen hatten und haben daher aufgrund der hohen Zahl zugewiesener Personen grosse Aufgaben zu bewältigen. UNHCR empfiehlt, die Kantone und die kantonalen Strukturen noch besser zu unterstützen und beispielsweise Experten Know-how oder finanzielle Ressourcen zur Verfügung zu stellen.
- Mindeststandards für die Unterbringung: Angesichts der Vielzahl der Akteure und der Notwendigkeit, schnell Unterkünfte bereitzustellen, weisen die vorhandenen Strukturen sehr unterschiedliche Standards auf. Es wäre von Vorteil, wenn Bund und Kantone Mindeststandards für die verschiedenen Unterkunftsarten vereinbaren könnten. Zugleich empfiehlt UNHCR, Begleitung und Dialog bei Gastfamilien zu verstärken und das Gastfamilienprojekt zu evaluieren, damit solche Plätze wenn möglich auch künftig zur Verfügung stehen.
- Mehr Schutz für Personen mit besonderen Bedürfnissen: Personen mit besonderen Bedürfnissen müssen gleichberechtigten Zugang zu ihren Rechten haben. UNHCR empfiehlt, die Strukturen für die Identifikation besonderer Bedürfnisse in den BAZ und in den Kantonen zu verstärken und die Information an die Schutzsuchenden und die Kantone zu verbessern.
- Integrationsmassnahmen stärken: Trotz Rückkehrorientiertheit des Status S ist wichtig, an der Integration der Geflüchteten zu arbeiten. Dies steht einer Rückkehr, sobald sie möglich ist, nicht entgegen. Das heisst unter anderem, dass die zuständigen kantonalen Stellen rasch mit entsprechenden Mitteln für die Integrationsförderung ausgestattet werden sollten.
- Regelung zum Widerruf an Realitäten anpassen: Der Status S kann widerrufen werden, wenn sich eine Person mehr als 15 Tage pro Quartal in der Ukraine aufhält. Tatsächlich begeben sich Geflüchtete aus beruflichen Gründen kurzfristig in die Ukraine oder damit sie sich um Verwandte oder den Zustand des Wohnsitzes kümmern können – Faktoren, die eine künftige erfolgreiche Rückkehr unterstützen. Daraus abzuleiten, diese Personen könnten bereits heute dauerhaft zurückkehren, entspricht aber häufig nicht der Lebenswirklichkeit. UNHCR empfiehlt, den Widerruf des Status S erst in Erwägung zu ziehen, wenn sich Schutzbedürftige tatsächlich drei Monate oder mehr in der Ukraine aufhalten.
- Schutzsuchende gleich behandeln: Das besondere Schutzregime für Flüchtlinge aus der Ukraine hat Fragen der Ungleichbehandlung aufgeworfen – einerseits von Schutzsuchenden aus anderen Kriegs- und Krisensituationen, andererseits von Flüchtlingen mit Schutzstatus S und solchen mit Asyl. Dies verdeutlicht die Notwendigkeit einer überfälligen Reform der vorläufigen Aufnahme und der Schaffung eines Schutzstatus mit Rechten. Insbesondere sollte sichergestellt werden, dass der Zugang zum Arbeitsmarkt ohne Wartefrist, die Reisefreiheit und die Möglichkeit der Familienzusammenführung generell verankert werden.