Mehr als nur ein neuer Mitbewohner
Mehr als nur ein neuer Mitbewohner
WIEN, Österreich – Yassin ist Palästinenser und lebte lange Zeit mit seiner Familie im Libanon. Dort arbeitete er als Filmemacher gemeinsam mit Freunden an einer Dokumentation über islamischen Extremismus. Diese Arbeit machte ihn zur Zielscheibe und er wurde bedroht, geschlagen und bedrängt. Auch seine Mutter war Drohungen ausgesetzt. Im Juli 2015 musste Yassin flüchten und im September kam er in Österreich an.
Als Yassin in Wien ankam, schlief er zunächst eine Nacht auf der Straße und lebte dann in verschiedenen Notunterkünften. Kurz nach seiner Ankunft hat er sich als Freiwilliger beim Team Österreich gemeldet und in den Notquartieren mitgearbeitet. Das sei wichtig für die Integration, meint er. Im Rahmen der Initiative „Join Media“, die geflüchteten Medienschaffenden hilft, wieder in ihren Berufen zu arbeiten, lernte er Jonas kennen.
Jonas war damals kurz davor, für einen Monat nach Deutschland zu gehen. Als er hörte, dass Yassin auf der Suche nach einem Zimmer war, bot er ihm sein WG-Zimmer für diesen Zeitraum an. Das Zusammenleben mit den WG-KollegInnen klappte perfekt und so war es klar, dass sie Yassin anboten, zu ihnen zu ziehen, als ein Zimmer frei wurde. Zum Glück war auch der Vermieter sofort damit einverstanden.
Häufig wird in der Vierer-WG gemeinsam gegessen und gekocht. Ein absolutes Highlight war Yassins Halawet al jibin, eine libanesische Nachspeise. Geputzt wird jede Woche abwechselnd und der Alltag funktioniert reibungslos.
Yassin und Jonas haben aber auch ähnliche Interessen: Yassin studierte Film und Jonas studiert Kommunikationswissenschaften. „Wir haben uns von Anfang an gut verstanden und Jonas ist einer meiner besten Freunde geworden. Wir verbringen viel Zeit gemeinsam und drehen auch gerade einen Film zusammen“, sagt Yassin. „Wir helfen uns gegenseitig bei Projekten, mit Ideen und denken uns gemeinsam neue Medienprojekte aus. Und wir gehen auch gemeinsam aus”, sagt Jonas.
Mittlerweile bringt Yassin Jonas und seinen Freunden Arabisch bei. Im Gegenzug helfen sie Yassin, seine Deutschkenntnisse zu verbessern. Bald möchte sich Yassin auf der Wiener Filmakademie bewerben.
Jonas erzählt auch, wie ihm durch Yassin viele Dinge bewusster geworden sind. „Ich habe schon so viel von Yassin gelernt. Durch ihn kann ich Dinge, von denen man sonst nur in den Medien liest, ganz anders einordnen und auf einer persönlichen Ebene verstehen.“ Zum Beispiel wie schwer es ist, von 320 Euro Grundversorgung im Monat zu leben.
Auch für Yassin hat sich mit dem Einzug in die WG viel verändert: „Seit Februar bin ich in Österreich glücklich“, sagt Yassin. „Am Anfang war es sehr schwer, und natürlich vermisse ich meine Familie, aber seit ich Jonas kenne, ist alles viel einfacher.“