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UNHCR-Chef Grandi: weitere Kürzungen bei der Flüchtlingshilfe drohen

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UNHCR-Chef Grandi: weitere Kürzungen bei der Flüchtlingshilfe drohen

Filippo Grandi warnte vor den Folgen einer Finanzierungslücke von 300 Millionen US-Dollar
7. Oktober 2025
Switzerland. UNHCR’s 76th annual plenary session of the Executive Committee

In seiner letzten Eröffnungsrede vor den Vertretern der Mitgliedsstaaten warnte UN-Flüchtlingshochkommissar Filippo Grandi, dass ein Finanzloch von 300 Millionen US-Dollar im UNHCR-Haushalt 2025 zu weiteren Einschnitten bei der Unterstützung für Flüchtlinge und Vertriebene führen könnte.

Bereits in diesem Jahr mussten wichtige Hilfsprogramme gestrichen werden. Nun drohen noch weitere finanzielle Kürzungen, die lebensrettende Hilfe für Millionen von Menschen gefährden könnten, warnte Filippo Grandi diesen Montag.

Die aktuelle Finanzierungslücke im Budget von UNHCR könnte sich auch auf das kommende Jahr auswirken. Es fehlt bereits jetzt Geld, um Ausgaben für den Beginn des nächsten Jahres zu decken. Grandi sprach von einer „äußerst schädlichen“ Phase, in der Programme für Nothilfe, Bildung, Resettlement sowie Unterstützung für Überlebende von Folter und geschlechtsspezifischer Gewalt eingestellt werden mussten. Diese Entscheidungen waren laut Grandi das Ergebnis „politischer Entscheidungen mit katastrophalen finanziellen Folgen.“

„Nach derzeitigem Stand gehen wir davon aus, dass uns bis Ende 2025 insgesamt rund 3,9 Milliarden US-Dollar für das Jahr bereitgestellt werden. Das sind 1,3 Milliarden weniger als 2024, also etwa 25 Prozent weniger“, sagte Grandi in Genf. „Das letzte Mal, dass wir unter vier Milliarden US-Dollar lagen, war 2015. Damals war die Zahl der gewaltsam Vertriebenen allerdings nur halb so hoch wie heute.“

Weltweit sind derzeit rund 122 Millionen Menschen vertrieben. Zu ihnen gehören unter anderem Flüchtlinge und Binnenvertriebene.

Die Finanzkrise im humanitären Bereich hat bereits dazu geführt, dass fast 5.000 UNHCR-Mitarbeitende ihre Stellen verloren haben und 185 Büros verkleinert oder umstrukturiert werden mussten.

Grandi appellierte eindringlich an die Geberstaaten, die aktuelle Budgetlücke von 300-Millionen US-Dollar noch in diesem Jahr mit flexibler Finanzierung zu schließen und so schnell wie möglich Mittel für 2026 bereitzustellen.

Grandi: UNHCR-Mandat heute wichtiger denn je

Das Mandat des UNHCR, Flüchtlinge zu schützen, zu unterstützen und Lösungen für sie zu finden, sei heute vielleicht wichtiger als je zuvor in der 75-jährigen Geschichte der Organisation, betonte Filippo Grandi.


Er verwies auf die Folgen ungebremster Gewalt an Orten wie der Ukraine, dem Sudan, Myanmar, der Demokratischen Republik Kongo sowie in Gaza, die Millionen Menschen zur Flucht zwingen.

Keine einfachen Lösungen

Grandi räumte ein, dass angesichts anhaltender Konflikte und großer Fluchtbewegungen ein wachsendes Gefühl der Hilflosigkeit zu spüren sei. So würden sich viele Staaten zurückziehen und stattdessen auf kurzfristige, eigennützige Ansätze im Umgang mit globalen Herausforderungen setzen.

Doch jede Infragestellung des in der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 und ihrem Protokoll verankerten Asylrechts wäre, so Grandi, „ein katastrophaler Fehler“.

„Das würde uns in eine Sackgasse führen und das Problem letztlich nur verschärfen. Bitte hüten Sie sich vor der vermeintlich einfachen Lösung!“, warnte er. Zugleich würde ein solcher Kurs übersehen, dass drei Viertel aller Flüchtlinge in Ländern mit niedrigem oder mittlerem Einkommen leben – Länder, deren Großzügigkeit mehr internationale Solidarität verdiene.

„Die Herausforderung, vor der wir stehen, betrifft die Umsetzung, nicht die Prinzipien“, fügte Grandi hinzu.

UNHCR arbeitet weiterhin eng mit Regierungen und Partnern zusammen

UNHCR wird weiterhin eng mit Regierungen, anderen UN-Organisationen und Partnern zusammenarbeiten, um die Herausforderungen in vielen Teilen der Welt anzugehen – insbesondere bereits in den frühen Phasen von Flucht- und Migrationswegen.

Langfristige Lösungen für anhaltende Krisen

Zudem wird die Organisation ihre Zusammenarbeit mit humanitären und Entwicklungsakteuren ausbauen, um nachhaltigere Ansätze für langanhaltende Krisen zu finden.

Dabei soll die Abhängigkeit von kurzfristiger humanitärer Finanzierung verringert werden.

Ein zentraler Bestandteil ist die Integration von Flüchtlingen in nationale und lokale Strukturen, etwa in Bildung, Gesundheitsversorgung und Arbeitsmärkte.

Wege zum Frieden

„Eine der größten Privilegien der Arbeit beim UNHCR ist es, an der Schnittstelle von humanitärer Hilfe und Diplomatie zu wirken: Flüchtlingen zu helfen und dadurch Türen zum Frieden zu öffnen, selbst wenn Frieden unmöglich scheint“, sagte Grandi.
„Deshalb können wir sagen: Frieden, entgegen allen Widrigkeiten, ist in mehr Situationen möglich, als wir oft glauben.“

Grandi verwies auf das Beispiel Syrien, wo seit Dezember 2024 mehr als eine Million Menschen zurückgekehrt sind. Die Rückkehrenden benötigen nun dringend mehr internationale Unterstützung, um Häuser, Arbeitsplätze, Schulen und dauerhafte Sicherheit wieder aufbauen zu können. Jetzt gibt es die Chance auf ein Ende einer der größten Vertreibungskrisen der Welt.

Zum Abschluss dankte Grandi den Staaten, die Flüchtlinge aufgenommen haben, den öffentlichen und privaten Gebern, den zahlreichen Partnerorganisationen weltweit und den Flüchtlingen, Vertriebenen und Staatenlosen selbst, deren Mut, Würde und Entschlossenheit inmitten von Leid und Verlust die treibende Kraft für die Arbeit von UNHCR seien.

„Danke, dass Sie mir über mehr als 40 Jahre Kraft und Inspiration gegeben haben. Dieses Jahr war sicher für niemanden einfach. Aber denken Sie daran: Es hat noch nie ein einfaches Jahr gegeben, um Flüchtling zu sein und es wird auch nie eines geben.“