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Covid-19 beeinflusst unser Leben, wie wir es nie für möglich gehalten hätten. Davon sind auch die in der Schweiz lebenden Flüchtlinge betroffen. Wir möchten einige von ihnen zu Wort kommen lassen – mit Antworten auf vier Fragen zu ihrem Alltag während der Pandemie.
Die Pandemie, die uns nun seit Wochen beschäftigt, stellt Vertrautes in Frage. Das Leben hat sich für jede und jeden von uns in ungeahnter Weise verändert. Rasch haben wir unsere Gewohnheiten anpassen müssen, um unsere eigene Gesundheit zu schützen – sowie die Gesundheit unserer Angehörigen, unserer Nachbarn und aller anderen.
Das Virus macht keine Unterschiede. Das ruft uns unsere Gemeinsamkeiten als Menschen in Erinnerung. Die Verletzlichsten unter uns sind dennoch besonders betroffen, sie stellt das Virus vor besondere Herausforderungen.
Flüchtlingen sind Gefühle von Angst und Unsicherheit im Zusammenhang mit einer Krise bekannt. In manchen dürfte die aktuelle Situation schmerzhafte und traumatische Erinnerungen wach rufen, was in ihrem Alltag und auf dem Weg zur Integration ein zusätzliches Hindernis darstellen könnte.
Mit ihren Erfahrungen haben viele aber auch Fähigkeiten erworben, die ihnen ermöglichen, in Zeiten der Unsicherheit weiterzumachen. Flüchtlinge wissen besser als irgendjemand sonst, wie wichtig Solidarität und gegenseitige Unterstützung sind. Wir wollten deshalb einigen von ihnen Gelegenheit geben, über ihren Alltag in Zeiten von Covid-19 zu erzählen. Ihre Gedanken haben sie in den Antworten auf vier Fragen geschildert.
In den letzten Wochen hatten wir mit mehreren Flüchtlingen Kontakt, die uns von ihrem Alltag während der Pandemie erzählt haben. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer unseres Projekts haben erlebt, wie ihr Integrationsprozess in den Gastgemeinden durch die Krise verlangsamt wurde, insbesondere aufgrund der daraus resultierenden sozialen Isolation. Die Sprachkurse wurden ausgesetzt, und manche konnten nicht mehr arbeiten.
Ihre Berichte haben uns auch gelehrt, dass gut integrierte die Flüchtlinge zu wichtigen Bezugspersonen für ihre Gemeinschaften werden: Sie verbreiten Informationen über die vom Bund vorgeschriebenen Gesundheitsmassnahmen. Einige von ihnen arbeiten auch im Gesundheitswesen oder in unterstützenden Berufen an der vordersten Front gegen COVID-19. Andere wiederum engagieren sich in der Zivilgesellschaft, indem sie Menschen in Not helfen.
Wir möchten ihnen dafür danken, dass sie sich die Zeit genommen haben, mit uns über ihren Alltag zu sprechen. Sie haben uns Botschaften voller Hoffnung und Ratschläge für den Umgang mit der Krise mitgegeben haben, von der wir alle betroffen sind.
Für weitere Informationen zu diesem Thema verweisen wir auf die rechtlichen Empfehlungen von UNHCR, die im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise herausgegeben wurden:
COVID-19: UNHCR-Empfehlungen zum Asylverfahren und zur Unterbringung: Zusätzlich zu den Empfehlungen auf europäischer Ebene (EN) hat UNHCR spezifische Punkte zum Asylverfahren und zur Unterbringung in der Schweiz ausgearbeitet – April 2020.
Grenzschutzmassnahmen aufgrund von COVID-19: Rechtliche Erwägungen von UNHCR zu Grenzverwaltungsmassnahmen, die von den europäischen Staaten im Kontext der Corona Krise getroffen wurden.
Kayhan, ist aus dem Osten der Türkei. Er lebt in Winterthur ZH und ist Mitgründer einer Organisation, die sich für Asylsuchende in der Schweiz einsetzt.
Kayhan, der in der Türkei einen Bachelor in Öffentlicher Verwaltung abgeschlossen hat, ist vor gut einem Jahr in die Schweiz gekommen.
Er spricht noch nicht so gut Deutsch, was er sehr bedauert. Vor der Corona-Krise besuchte er einen Sprachkurs, der aber nun auf Eis gelegt wurde. Da Kayhan erst kurz vor dem Lockdown umgezogen ist, hatte er noch nicht wirklich die Gelegenheit, in seinem neuen Heimatort Kontakte zu knüpfen. Alleine fühlt er sich aber trotzdem nicht, da viele türkisch sprechende Leute in seiner Nähe wohnen. Trotzdem hofft er, dass er bald wieder einen Deutschkurs besuchen kann, damit er sich häufiger und besser mit Schweizern unterhalten kann.
Durch seine Tätigkeit in einer Organisation, die er mitgegründet hat und die sich für Asylsuchende in der Schweiz einsetzt, kommt Kayhan auch mit Leuten in Kontakt, die nicht aus der Türkei oder der Schweiz stammen. Dass er auch arabisch spricht, ist ihm dabei von grosser Hilfe.
«Wenn man als Asylsuchender in die Schweiz kommt, trifft man auf eine fremde Kultur»
Als das Coronavirus die Schweiz erreicht hat, hat meine Organisation angefangen, Asylsuchende in ihren Unterkünften über das Virus zu informieren. Aus eigener Erfahrung – ich habe ja selbst längere Zeit in einer solchen Unterkunft gelebt – habe ich gewusst, dass viele die Schweizer Nachrichten gar nicht lesen oder verstehen. Oder dass es kulturelle Unterschiede gibt, die dazu geführt haben, dass aktuelle Probleme wie das Coronavirus nicht richtig eingeschätzt werden.
Deshalb haben wir drei Wochen lang Masken und Desinfektionsmittel an die Asylsuchenden verteilt und haben versucht, sie auf die Gefahr, die von dem Virus ausgeht, hinzuweisen.
Meine Familie in der Türkei rufe ich jeden Tag an. Ich vermisse vor allem meine Mutter, und sie vermisst auch mich. Auch wenn wir uns nur am Bildschirm sehen, fühle ich mich nach einem solchen Anruf immer gleich besser.
Es gibt viele Asylsuchende, die schon vor Corona ängstlich waren. Wenn man hierherkommt, trifft man auf eine sehr andere Kultur, die man nicht kennt und nicht versteht. Asylsuchende wissen dann manchmal nicht einmal, wie sie sich verständigen können, nicht aufgrund von sprachlichen Schwierigkeiten, sondern wegen interkultureller Kommunikationsprobleme. Diese Probleme haben meiner Meinung nach mit der Krise zugenommen. Zum Beispiel wurde ein Bekannter von mir, der in einem Aufnahmezentrum lebt, positiv auf das Virus getestet, und es bedurfte einiger Überzeugungsarbeit, ihn ins Krankenhaus einliefern zu lassen.
Für solche Fälle ist es wichtig, sich gegenseitig zu unterstützen und Organisationen zu gründen, die Asylsuchende verstehen und sich in ihre Lage versetzen können.
Ich habe noch viel Kontakt mit meinen Freunden aus der Kollektivunterkunft und mit den Kollegen der Organisation. Wir treffen uns manchmal zu zweit oder dritt, um zusammen spazieren zu gehen, natürlich mit Social Distancing. Wenn es regnet, gehen sie aber nicht so gerne spazieren, dann gehe ich alleine in den Wald, um den Kopf zu lüften.
Ich habe während des Lockdowns auch angefangen komplizierte Rezepte zu kochen, die in einem Roman vorkommen.
Khaoula, 31, aus Palästina, lebt in Lausanne. Seit einem Jahr bereitet sie sich auf die Teilnahme an den nächsten Olympischen Spielen im Schiesssport vor.
Khaoula kam vor fast sechs Jahren in die Schweiz. Sie war schon immer sportbegeistert und hat früher Karate gemacht. Vier Monate nach der Geburt ihres Sohnes nahm sie an einem Schnuppertag für das Sportschiessen teil. Dort traf sie Nicolo Campriani, mehrfacher italienischer Olympiasieger im Sportschiessen, der in der Schweiz lebt. Er hat sich zum Ziel gesetzt, Flüchtlingsathleten an die Olympischen Spielen zu bringen. Khaoula begann, sich für diese Disziplin zu begeistern und startete das Training unter Camprianis Fittichen. Seither trainiert sie unermüdlich für die nächsten Olympischen Spiele, an denen sie als Flüchtlingsathletin teilnehmen möchte. COVID-19 hat nichts an ihrer Motivation geändert. Sie nutzt diese ausserordentliche Zeit, um ihre Technik zu perfektionieren. Durch ihre Disziplin hat sie gelernt, sich besser zu konzentrieren, ihren Geist ruhen zu lassen und ihre Emotionen zu kontrollieren, um ihr Ziel erreichen. Neben dem Sport studiert sie weiterhin und hofft, später einmal in der Diplomatie arbeiten zu können.
«Es ist ein guter Moment, um das Gespür zurückzugewinnen»
Wegen der Massnahmen zur Bekämpfung von COVID-19 musste ich darauf verzichten, in mein Trainingszentrum zu gehen. Ich habe jedoch nicht aufgehört zu trainieren. Ich mache meine täglichen Übungen fast wie gewohnt mit meinem Gewehr, aber ich schiesse nicht. Es ist ein guter Zeitpunkt, für Trockenübungen. Es zwingt mich, mich besser auf meine Position, meine Bewegungen zu konzentrieren, während ich mich früher oft zu sehr auf das Ziel konzentriert habe. Mein Sohn ist jetzt eineinhalb Jahre alt und beobachtet mich manchmal bei meinen Übungen. Aber er beginnt, die Sache besser zu verstehen und stört mich nicht mehr. Ich bin froh, dass er sieht, was ich mache. Es vermittelt ihm ein Gefühl für Sport.
Ein weiterer Aspekt von COVID-19 ist, dass die Olympischen Spiele verschoben wurden. Vorher hatte ich den Druck voranzukommen, und ich musste eine Balance halten mit meinem Studium. Als sich die Daten verschoben haben, konnte ich das etwas lockerer angehen. Ich nehme diese Situation eher als Chance wahr, weil ich mehr Zeit zum Üben habe.
Ich bin nur telefonisch mit ihnen in Kontakt. Es ist manchmal schwierig, weil ich eine arabische Frau bin und aus einer Kultur der Gastfreundschaft komme. Das gesellschaftliche Leben ist für uns heilig. Wir teilen gerne gemeinsame Momente. Aber nun ist es so, wir haben keine andere Wahl. Wir müssen die Menschen um uns herum schützen, indem wir zu Hause bleiben.
Es ist ein guter Moment, um sein Gleichgewicht wiederzufinden. Man merkt, dass viele ein Leben voller Stress führen. Normalerweise sind wir ständig in Bewegung, wir haben keine Zeit, uns hinzusetzen und über unser Leben und andere nachzudenken. Wir stellen unsere Lebensweise, unsere Werte nicht in Frage.
Mit meinem Sport habe ich gelernt, mich neu zu fokussieren, und ich denke, es ist ein guter Moment, das in die Praxis umzusetzen. Das Leben gewährt uns jetzt eine Pause. Es gibt uns die Chance, uns auszuruhen, über uns selbst nachzudenken. Das müssen wir nutzen. Es ist ein guter Moment, um das Gespür für die Seele zurückzugewinnen, um herauszufinden, was wir anderen Gutes tun können.
Ich habe die Chance bekommen, ein neues Leben anzufangen. Nicht jedem wird diese Chance gegeben. Deshalb finde ich es wichtig, auch in dieser Situation nicht negativ zu werden. Ich versuche mit meinem Sohn, meinem Training und meiner Ausbildung wie vorher weiterzumachen, aber halt von zu Hause aus. Ich vermeide es, wegzugehen, wenn ich nicht muss, und ich entdecke neue Leidenschaften. Ich habe wieder angefangen Bücher zu lesen, was mir wirklich Spass macht.
Sherihan aus Syrien, lebt in Dietlikon ZH und absolviert ein Praktikum in einem Kindergarten.
Sherihan lebt seit etwas mehr als fünf Jahren mit ihren vier Geschwistern in der Schweiz.
Wenn sie sich nicht gerade mit viel Engagement um die kleinen Kinder im Kindergarten kümmert – als Teil ihres Praktikums – lernt Sherihan fleissig Deutsch, sei das alleine mit einem Lehrer, in einem Verein oder an der Universität Zürich. Sie ist sehr motiviert, ihre Deutschkenntnisse zu verbessern.
«In dieser aussergewöhnlichen Zeit habe ich meine Liebe zu Krimifilmen entdeckt»
Zunächst arbeite ich natürlich nicht mehr. Vor der Corona-Krise war ich meistens den ganzen Tag draussen und jetzt bin ich vor allem zuhause. Aber das Gute ist, dass ich nun noch mehr Zeit und Ruhe habe, um besser Deutsch zu lernen. Es gibt verschiedene Kanäle auf Youtube, die Deutschkurse auf Arabisch anbieten, denen ich selbstständig folgen kann. Ich schaue mir seit neuem auch viele Krimifilme auf Deutsch an, das finde ich wahnsinnig spannend.
Zum Glück lebe ich mit meinen Geschwistern, ich bin gerne mit ihnen zusammen. Mit meiner Mutter telefoniere ich jetzt viel öfters als vor Corona, eigentlich jeden Tag, manchmal sogar zweimal.
Obwohl man zuhause bleiben muss, kann man diese Zeit auch nutzen – nicht nur herumhängen und die Zeit totschlagen. Man kann endlich all das machen, wofür man früher nie Zeit hatte und sich so einen kleinen persönlichen Erfolg erarbeiten.
Ich beschäftige mich so gut wie möglich. Neben dem Deutsch lernen, informiere ich mich darüber, wie Politik in den verschiedenen Teilen der Welt funktioniert oder schaue mir Programme an, in denen über ein Thema diskutiert wird.
Grundsätzlich denke ich, dass man auch das Positive an dieser ausserordentlichen Lage sehen sollte, zum Beispiel dass unser Alltag nun weniger stressig ist.
Ali, 25, aus Afghanistan, lebt in Schwamendingen ZH und treibt in seiner Freizeit sehr viel Sport.
Ali aus Afghanistan ist vor vier Jahren mit seiner Mutter in die Schweiz gekommen. Aktuell absolviert er ein Berufsvorbereitungsjahr und er hat sogar bereits eine Lehrstelle gefunden als Sanitärinstallateur. Diese Suche war nicht einfach, aber nun freut sich Ali, dass er im August seine 4-jährige Ausbildung beginnen kann.
Die Schule geht aber trotzdem noch weiter, virtuell, unter anderem via Zoom-Meetings. «Auch in Corona-Zeiten habe ich keine Ruhe von der Schule», sagt Ali schmunzelnd.
«Jeder muss herausfinden, wie er am besten mit der Krise umgeht»
Normalerweise bin ich nicht einfach zuhause, ich bin oft weg und mache fast täglich Sport, Taekwondo, Kickboxen oder Volleyball. Wenn man das gewöhnt ist, wird einem schnell langweilig zuhause, ich weiss manchmal nicht, was ich mit meiner Zeit anfangen soll.
Ich habe auch viele deutsche Wörter wieder vergessen, da ich sie nicht mehr so oft brauche und die Schule nicht mehr normal stattfindet. Von der Schule bekommen wir jede Woche ein Paket per Post zugeschickt, und daneben gibt es jeden Tag online Übungen, die wir selbstständig machen müssen. Ich finde dies schwierig.
Mit meinen Freunden und Familie habe ich nur telefonischen Kontakt. Meine Mutter ist zum Glück hier, aber meine Schwester und die restliche Familie sind in Afghanistan oder im Iran, deshalb müssen wir telefonieren.
Es ist wichtig, dass man möglichst viel zuhause bleibt. Sport zum Beispiel, kann man ja auch zuhause machen. Grundsätzlich finde ich es schwierig zu sagen, was andere Leute machen könnten, jeder ist anders und kann selber entscheiden, wo seine Interessen liegen und was er machen möchte. Der eine macht vielleicht gerne Sport, während andere lieber Bücher lesen.
Ich habe viele Freunde hier in der Schweiz, die ich leider im Moment nicht sehen kann, aber wir telefonieren zusammen, das hilft mir. Und ich mache weiterhin viel Sport, jeden Nachmittag gehe ich nach draussen, zum Beispiel um joggen zu gehen. Oder ich mache ein paar Übungen zuhause. Sonst schaue ich oft Nachrichten.
Asam, 65, aus dem Iran, lebt in der Stadt Zürich und engagiert sich für Flüchtlinge und Asylsuchende in ihrer Umgebung.
Asam kommt ursprünglich aus dem Iran und lebt seit 30 Jahren in der Schweiz. Seit bald 20 Jahren ist sie nun Schweizerin. Sie kümmert sich gerne um Menschen, die Hilfe brauchen. Um ihre Erfahrungen weitergeben und teilen zu können, engagiert sie sich leidenschaftlich für neu angekommene Flüchtlinge in der Schweiz. Asam gibt unter anderem einigen afghanischen Frauen, die weder lesen noch schreiben können, mehrmals die Woche Deutschunterricht.
Vor der Corona Pandemie besucht sie auch regelmässig ein Fitnessstudio in ihrer Nähe.
«Wir müssen zusammenhalten, um dieses Virus zu besiegen»
Die Situation ist schon sehr speziell. Aber im Moment ist es so, wir können nichts daran ändern, wir brauchen einfach Geduld. Aber natürlich hat sich mein Alltag in dieser Corona-Situation stark verändert. Vor 3 Wochen war ich noch sehr aktiv, zum Beispiel habe ich mich um Flüchtlinge gekümmert und regelmässig Sport getrieben. Aber jetzt bin ich immer zuhause. Ich kann noch nicht einmal einkaufen gehen, da ich wegen meines Alters und wegen einer Vorerkrankung zur Risikogruppe gehöre. Es ist wirklich nicht leicht, im Gegenteil, es ist für mich sogar sehr schwer.
Ich habe jeden Tag telefonischen Kontakt mit meiner Familie und meinen Freunden. Zum Glück haben wir diese Möglichkeit mit dem Internet oder Whatsapp!
Wir müssen einfach zusammenhalten und das miteinander durchstehen und gegenseitigen Respekt zeigen.
Ich denke, man braucht eine Beschäftigung zuhause, damit man sich die Zeit vertreiben kann und ein bisschen Abwechslung hat. Zum Beispiel Musik machen, malen oder lesen.
Ich lese viel, mache Sport, nähe oder male, damit mir nicht langweilig wird. Im Moment bleibe ich einfach zuhause, nicht nur für mich selber, sondern auch für alle anderen Menschen.
Aber was mir hilft, ist der Kontakt mit meiner netten Nachbarin – wir sehen uns regelmässig auf unseren Terrassen. Und ich denke immer daran, dass diese Zeit bald wieder vorbei sein wird, das gibt mir Kraft und Durchhaltevermögen.
Ich empfehle anderen positiv zu denken, diese Zeit wird vorbeigehen. Die Welt wird langsam wieder in die Normalität übergehen und dann können wir uns wiedersehen und in die Arme nehmen, das wird dann dafür umso schöner. Wir müssen optimistisch bleiben! Und wenn wir zusammenhalten und uns gegenseitig respektieren, können wir dieses Virus besiegen.
Biniam, 31, aus Eritrea, Örlikon ZH, trainiert gerade für seinen ersten Marathon und ist gerne in der Natur.
Biniam, der seit fast 5 Jahren in der Schweiz lebt, hat das geschafft, von dem viele träumen: Er hat für den kommenden Sommer eine Lehrstelle als Heizungsinstallateur bekommen. Erst vor kurzem hat er die Schule abgeschlossen und sich dann via Schnuppern für eine Lehrstelle umgeschaut.
Er ist Teil einer Laufgruppe, mit der er zweimal die Woche in seiner Freizeit für Läufe trainiert. Mit ihr hat er auch schon an zahlreichen Wettkämpfen teilgenommen, zum Beispiel am Üetliberglauf, an der Sola-Stafette oder am Zürich Marathon. Sein Ziel ist es aber, einen ganzen Marathon zu laufen, dafür fehlt ihm nicht mehr viel – 33km hat er schon geschafft. Um das Ziel erreichen zu können, muss er auch regelmässig alleine trainieren. Man müsse sich gut vorbereiten und anstrengend sei es manchmal schon.
«Mein Ziel ist es einen Marathon zu laufen»
Mein Alltag hat sich schon stark verändert. Ich kann die verschiedenen gratis Deutschkurse nicht mehr besuchen, deshalb muss ich jetzt online selber Übungen machen, wenn ich am Ball bleiben möchte.
Die Treffen meiner Laufgruppe finden auch nicht mehr statt, ich muss alleine in den Wald joggen gehen oder zuhause trainieren.
Und der Unterricht zur Lehrvorbereitung der Integrationsschule findet auch nur noch online statt.
Im Moment mache ich alles von zuhause aus.
Meine ganze Familie ist noch in Eritrea, deshalb telefoniere ich regelmässig mit ihnen.
Man könnte Personen, die zur Risikogruppe gehören, seine Hilfe anbieten. Zum Beispiel könnte man telefonischen Kontakt zu ihnen pflegen oder für sie einkaufen.Man sollte sich speziell um Leute in den Asylheimen und Obdachlose kümmern.
Ich habe meinen Alltag umgestaltet. Ich gehe jetzt oft spazieren und bin viel in der Natur, mache Sport zuhause. Zum Glück lebe ich mit meiner Freundin zusammen und kann oft Schach mit ihr spielen oder neue Kochrezepte ausprobieren.
Wichtig ist, dass einem nicht langweilig wird, dass man sich beschäftigt und ablenkt, damit man nicht nur an das Coronavirus denkt.
Vian aus dem Irak, lebt in Bauma ZH und kocht leidenschaftlich gerne.
Vian ist vor drei Jahren alleine in die Schweiz gekommen. Im Irak hatte sie als Primarschullehrerin gearbeitet. Sie unterrichtete Mathematik, Lesen und den Koran. Das habe viel Geduld gebraucht, sagt sie lachend, aber sie habe es geliebt. Der Unterricht sei im Irak ziemlich anders als in der Schweiz. Die Klassen, die sie unterrichtete, bestanden meist aus 45 bis 50 Kindern. Manchmal waren es so viele, dass einige Kinder auf dem Boden sitzen mussten.
Heute, in der Schweiz, würde sie gerne in der Pflege, in einem Kindergarten oder in der Küche arbeiten. Vian ist eine leidenschaftliche Köchin, ihre Freunde und Verwandten schwärmen von ihrem Essen. Seit einiger Zeit kocht sie mit anderen Frauen für Veranstaltungen in der Zürcher Gemeinde Bauma – zum Beispiel nach Sitzungen für die Gemeindearbeiter, auf einem Markt, nach einer Vorstellung des Kinderzirkus’ oder nach einem Anlass in der Kirche. Manchmal kocht sie zwei Tage lang nur.
«Bei mir gibt es immer selbstgemachten Kuchen und Süssigkeiten»
Im März habe ich endlich den Deutsch-Intensivkurs, den ich schon so lange besuchen wollte, begonnen. Aber nach nur wenigen Tagen kam Corona. Den Kursbeginn hatte ich schon vor drei Monaten verschieben müssen, da ich einen Unfall hatte. Nun geht es schon wieder nicht wegen der Corona-Situation, es ist wie verhext.
Vor Corona und dem Unfall bin ich sehr gerne in den Schwimmkurs gegangen, ich möchte schwimmen lernen. Das kann ich nun leider auch nicht.
Grundsätzlich habe ich keine Angst, aber ich bin vorsichtiger als früher. Vor Corona habe ich meinen Cousin, der in der Nähe wohnt, regelmässig besucht. Nun habe ich ihn schon seit einem Monat nicht mehr gesehen. Einmal musste ich noch etwas bei ihm abholen, er hat es vor seine Haustüre gestellt. Ohne ihn zu sehen habe ich es dann geholt und bin sofort wieder nach Hause. Normalerweise bin ich nur abends zuhause, jetzt ist es besser, wenn ich zuhause bleibe, auch wenn ich es manchmal langweilig finde.
Aber für mich ist es nicht so schwierig zuhause zu bleiben. Im Vergleich zu anderen Leuten, die kleine Kinder haben oder in einer sehr kleinen Wohnung wohnen, geht es mir gut.
Ich habe keinen physischen Kontakt mit ihnen. Mit meiner Familie und Freunden im Irak bin ich über Whatsapp in Kontakt. Sie müssen auch zuhause bleiben wegen des Coronavirus.
Ich empfehle den Leuten wenig Kontakte zu haben. Man weiss ja nicht, wer das Coronavirus hat und wer nicht. Wir müssen alle aufpassen. Ältere Leute sollen besonders gut auf sich aufpassen, da das Virus für sie oft schlimmer ist als für jüngere. Deshalb finde ich es gut, wenn sie vermehrt zuhause bleiben.
Ich sage all meinen Freunden, sie sollen so oft wie möglich zuhause bleiben, ihre Hände immer gut waschen und ihre Wohnung häufiger putzen.
Ich koche jeden Tag sehr viel, es hat immer Süssigkeiten und Kuchen in meiner Wohnung. Und ich gehe mit meiner syrischen Nachbarin regelmässig eine halbe Stunde spazieren und einkaufen, danach gehe ich aber immer sofort wieder nach Hause.
Ich hoffe, dass alle gesund bleiben!
Rohullah, 22, aus Afghanistan, lebt seit 4 Jahren in der Schweiz und absolviert eine Ausbildung zum diplomierten Pflegefachmann. Er mag Thaiboxen.
Rohullah aus Afghanistan ist einer jener Menschen, die derzeit als Helden gefeiert und beklatscht werden: Er arbeitet in der Pflege. Noch Ist Rohullah in der Ausbildung. Dazu gehört im zweiten Jahr aber ein Praktikum im Spital. Und dort ist Rohullah nahe an der Corona-Front: Mit Maske, Schutzkleidung und Brille nimmt er auf der Abteilung für Innere Medizin Patientinnen und Patienten mit Verdacht auf Covid-19 in Empfang. Diese werden isoliert. Bestätigt sich der Verdacht, kommen sie auf die Covid-Abteilung. Angst hat Rohullah nicht. Aber Respekt. Als angehender Pflegefachmann weiss er viel über das Virus. Er kennt die Inkubationszeit, kann die Unterschiede zur Influenza benennen, weiss über schwere und asymptomatische Verläufe Bescheid. Man müsse vorsichtig sein, sagt er, zum Beispiel beim Ausziehen der Schutzmaske. Diese dürfe nicht an der Aussenseite berührt werden. Mehr als um die eigene Gesundheit sorgt sich Rohullah um das Wohl seiner Eltern und seiner Pflegemutter. Er bleibt aber guten Mutes.
«Angst habe ich nicht, aber Respekt»
Im Moment ist es zwar relativ ruhig auf der Abteilung, doch befürchten alle, dass es die Ruhe vor dem Sturm ist. Die Stimmung ist seltsam. Wir tragen nun während der ganzen Schicht dieselbe Schutzmaske. Früher haben wir die Masken häufig gewechselt, jetzt müssen wir sparsam damit umgehen. Das Pflegepersonal war schon vorher knapp.
Auch der theoretische Teil der Ausbildung hat sich verändert. Heute hatte ich zum ersten Mal Fernunterricht. Das braucht mehr Disziplin als das Lernen in der Gruppe. Es ist irgendwie schwieriger, sich zu konzentrieren. Und abends gehe ich nicht mehr mit meinen Kollegen aus.
Ich bleibe über Handy und Internet in Kontakt. Menschen sind soziale Wesen, ohne Kontakte geht es nicht. Ich telefoniere viel, auch mit einem Freund, der im Asylzentrum in Quarantäne ist, weil er Kontakt zu einer infizierten Person hatte. Zum Glück geht es ihm gut. Manchmal, selten, lade ich einen Kollegen ein. Wir sitzen dann auf dem Balkon – natürlich mit genügend Abstand – und trinken Tee.
Andere fragen mich, wie ernst das Virus sei. Ich sage ihnen dann, was ich darüber gelernt habe, was ich gelesen und im Spital gehört habe. Meiner Familie sage ich: Hände waschen, Hände waschen, Hände waschen – und zuhause bleiben!
Es ist wichtig, dass man sich beschäftigt. Man muss etwas tun, sonst verliert man sich im Kopf. Ich kann am Abend nicht mehr ins Thaibox-Training, das fehlt mir. Ab und zu gehe ich nun joggen, wegen der Glückshormone, der Endorphine. Es ist aber nicht dasselbe wie das Thaiboxen. All das ist schon schwierig. Aber dramatisch ist es für mich nicht.
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