Neuer UNHCR-Bericht zu Liechtenstein
Neuer UNHCR-Bericht zu Liechtenstein
Die UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR veröffentlichte diesen Mittwoch einen Bericht zum Fürstentum Liechtenstein, welcher erstmals eine ganzheitliche Analyse des Liechtensteiner Asylsystems vornimmt. UNHCR würdigt das grundsätzlich gut funktionierende Asylsystem, hebt jedoch punktuell Optimierungspotenzial hervor.
Anja Klug, Leiterin des UNHCR Büros für die Schweiz und Liechtenstein, erklärt: “Wir freuen uns zu sehen, dass die lange Tradition des Flüchtlingsschutzes in Liechtenstein fortbesteht. Gleichzeitig dürfen wir nicht ausblenden, dass gewisse Herausforderungen bestehen. Die Verantwortlichen sollten diese aktiv angehen, um Menschen mit Schutzbedarf umfassend zu unterstützen und ihre Integration nachhaltig zu fördern.”
Wenige Flüchtlingsanerkennungen, grosse Leistungen beim vorübergehenden Schutz
In den letzten Jahren stellten jeweils im Schnitt rund 100 Personen pro Jahr ein Asylgesuch im Fürstentum Liechtenstein – Schutzgesuche von Flüchtlingen aus der Ukraine ausgenommen. In der grossen Mehrheit der Fälle wurde entschieden, dass entweder ein anderer Dublin-Staat für das Asylgesuch zuständig ist oder der Asylantrag aus anderen Gründen nicht inhaltlich geprüft werden muss. Auch die wenigen inhaltlichen Entscheidungen endeten meist mit einer Ablehnung. In den Jahren von 2019 bis 2024 erkannte das Fürstentum Liechtenstein lediglich 11 Personen als Flüchtlinge an; 23 Personen erhielten eine vorläufige Aufnahme.
Wesentlich bedeutender sind die Schutzgesuche von Menschen aus der Ukraine: Seit 2022 ersuchten über 1’300 Personen um Schutz im Fürstentum Liechtenstein und rund 840 Personen halten zurzeit den Schutzstatus S. Diese Anzahl ist beträchtlich für den Kleinstaat. UNHCR unterstreicht die Bedeutung des Engagements von Behörden und Zivilgesellschaft bei der Aufnahme der Flüchtlinge aus der Ukraine. Nicht zuletzt dank der Professionalisierung in den letzten Jahren verliefen Unterbringung und Betreuung der signifikanten Anzahl von Flüchtlingen aus der Ukraine beispielhaft.
Beschleunigung der Asylverfahren: Vorteile für alle Seiten
Während sogenannte Dublin-Verfahren zur Etablierung des zuständigen Staates rasch ablaufen, dauern inhaltliche Asylverfahren deutlich länger - oft über ein Jahr. Die lange Verfahrensdauer kann für die Betroffenen belastend sein und sich nachteilig auf die Integrationsbemühungen auswirken. Ausserdem kann diese dazu führen, dass Asylgesuche von Personen eingereicht werden, die keinen Flüchtlingsschutz benötigen.
Weitere Massnahmen sind daher notwendig, um das Asylverfahren effizienter zu gestalten. So können Personen ohne internationalen Schutzbedarf rasch erkannt und inhaltliche Entscheidungen schneller getroffen werden. Das Verfahren muss dabei jedoch fair bleiben, damit die wenigen Menschen, die Asyl benötigen, dennoch identifiziert werden und uneingeschränkten Zugang zu internationalem Schutz erhalten. Dafür empfiehlt sich die Einführung einer kostenlosen und unabhängigen Rechtsvertretung, die Asylsuchende während des Verfahrens unterstützt.
Integration von Menschen mit Schutzbedarf
Im Jahr 2021 verabschiedete die Landesregierung eine Integrationsstrategie. Die darin enthaltenen Massnahmen, die auch für Flüchtlinge und andere Personen aus dem Asylbereich gelten, sind sehr zu begrüssen. Jedoch bedarf die spezielle Situation von Flüchtlingen teilweise mehr Aufmerksamkeit.
Positiv hervorzuheben sind die konsequente Sprachförderung und rasche Einschulung. Insbesondere letztere hat auch im internationalen Vergleich Vorbildcharakter. Doch bestehen Regelungen, die die Integration erschweren, besonders für vorläufig Aufgenommene und teilweise auch für Personen mit Schutzstatus S. Hierzu gehören die Lohnzession, die Wartefrist für den Familiennachzug oder das Reiseverbot.
Diese Benachteiligungen werden dadurch zusätzlich verstärkt, dass für diese Gruppen jeweils andere Akteure für Betreuung und Unterbringung zuständig sind als bei anerkannten Flüchtlingen. Diese Zweiteilung sollte überdacht werden. Denn alle Personen, deren internationaler Schutzbedarf von der Regierung anerkannt wurde und die deswegen ein Bleibereicht erhalten haben, haben vergleichbaren Schutzbedarf und eine vergleichbare Aufenthaltsdauer.
Positiver Schutzstatus statt vorläufiger Aufnahme
Die Schweiz und Liechtenstein sind die einzigen Länder Europas, die Menschen, welche aufgrund schwerwiegender Gefahren für Leib und Leben nicht in ihre Heimat zurückkehren können, lediglich vorläufig aufnimmt, wenn sie die Bedingungen für eine Flüchtlingsanerkennung nicht erfüllen. UNHCR empfiehlt, die vorläufige Aufnahme in einen positiven Schutzstatus umzuwandeln. Damit würde sichergestellt, dass Personen mit vergleichbarem Schutzbedarf auch die gleichen Rechte erhalten. Jedenfalls sollten die Rechte von vorläufig Aufgenommenen an diejenigen von anerkannten Flüchtlingen angeglichen werden.