Whole-of-Society in Aktion
Whole-of-Society in Aktion
Auf Einladung der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit DEZA und der UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR trafen sich am 11. November Vertreter*innen von Verwaltung, Zivilgesellschaft und Privatsektor in Bern, um sich über Fortschritte seit dem Globalen Flüchtlingsforum (GRF) 2023 auszutauschen. Die Teilnehmenden zogen Bilanz und aktualisierten den Stand der Schweizer Selbstverpflichtungen (“Pledges”) in Vorbereitung des internationalen Treffens Global Refugee Forum Progress Review 2025, das im Dezember in Genf stattfindet.
Das Schweizer Engagement
Die Schweiz setzt sich seit Jahren aktiv für die Umsetzung der Ziele des Global Compact on Refugees ein. Auf der einen Seite kommt eine Vielzahl von Initiativen aus der Zivilgesellschaft, wie beispielsweise Integration durch Sport oder Bildungsangebote für Frauen in Afghanistan. Auf der anderen Seite hat auch die Schweizer Regierung über 30 Pledges eingereicht – viele davon in Partnerschaft mit zivilgesellschaftlichen oder internationalen Akteuren. Das Engagement konzentriert sich auf fünf Schwerpunkte: Flüchtlingsschutz, Lokalisierung, Climate Action, Ressourcenmobilisierung und nachhaltige Lösungen.
a) Flüchtlingsschutz: Zugang zu Bildung in Notsituationen
Seit dem ersten Globalen Flüchtlingsforum 2019 setzte sich die Schweiz stark für Bildung in Notsituationen ein, etwa mit Beiträgen an globale Initiativen wie Education Cannot Wait (ECW) und dem Geneva Global Hub for Education in Emergencies (EiEHub).
Darüber hinaus unterstützt die Schweiz konkret den Einbezug von Flüchtlingen in die Arbeit nationaler Regierungen im Bereich des Flüchtlingsschutzes: Beispielsweise erarbeitete Dominique Barth in einer von der DEZA finanzierten Stelle bei UNHCR im Niger eine nationale Strategie zum Einbezug von Flüchtlingen im Bereich des Flüchtlingsschutzes. Diese stellte sie auch am Treffen vor.
b) Nachhaltige Lösungen: Resettlement
Der Bundesrat beschloss im April dieses Jahres, das Resettlement Programm wiederaufzunehmen und bis 2027 zu verlängern. Die Schweiz nimmt über das Programm jährlich bis zu 400 Flüchtlinge auf.
Das Programm besteht seit längerem, musste aber aufgrund der durch die Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine überlasteten Aufnahmekapazitäten 2023 ausgesetzt werden.
c) Lokalisierung: Mehr Verantwortung auf lokaler Ebene
UNHCR zielt darauf ab, lokale Organisationen in der Leistung humanitärer Hilfe zu stärken. Die Schweiz unterstützt dabei mit Fachwissen und Personal. DEZA-Secondee Nadja Güggi wirkte unter anderem bei den neuen UNHCR-Localization Guidelines mit. Besonders beeindruckte sie die breite Abstützung des Prozesses: «Für die Guidelines wurden nicht nur Regierungen, sondern die gesamte Gesellschaft einbezogen. Über 250 NGOs waren dabei beteiligt.» Die Richtlinien stellen sicher, dass lokale Partner in Krisenregionen noch besser einbezogen werden - ein wichtiger Schritt angesichts der massiven Budgetkürzungen für UNHCR.
d) Climate Action: Der Geneva Technical Hub 2.0
Mit dem Geneva Technical Hub wird eine Initiative neu aufgelegt, die technische Expertise in Bereichen wie Wasser, Energie, Abfallmanagement oder Siedlungsplanung bündelt.
Dank der Zusammenarbeit von Organisationen wie der DEZA, UNHCR, IOM, IKRK und der Veolia Foundation fördert der Hub nachhaltige Lösungen in Flüchtlingskontexten – dort, wo Umwelt und Flucht eng miteinander verbunden sind.
e) Ressourcenmobilisierung: Finanzielle Verpflichtungen und Quality Funding
Trotz globaler Unsicherheiten hält die Schweiz an ihrer finanziellen Verantwortung fest: Über 300 Millionen Schweizer Franken werden jährlich zur Umsetzung der Ziele des Global Compact on Refugees eingesetzt.
Dabei verpflichtet sich die Schweiz, die Beiträge möglichst ungebunden auszugeben: Mindestens 30 Prozent fliessen als Kernbeiträge ins UNHCR-Budget und 50 Prozent der Mittel werden flexibel eingesetzt.
Innovationen im Privatsektor
Mit der Cardano Foundation nimmt in diesem Jahr erstmals eine Partnerin aus der Privatwirtschaft am WOSA-Netzwerktreffen teil. In Zusammenarbeit mit der Schweizer Börse und Switzerland for UNHCR hat die Stiftung ein innovatives Finanzprodukt in virtueller Währung entwickelt.
Durch das „Staking“ eines ETP (Exchange Traded Product) sollen rund zwei Millionen Schweizer Franken pro Jahr für UNHCR generiert werden - ein Beispiel dafür, wie Technologie und humanitäres Engagement zusammenfinden können.
ETP-Experte Pavel Izmaylov sieht das Projekt als Türöffner für weitere Partnerschaften: «Der Weg für weitere Projekte aus der Privatwirtschaft ist jetzt vorgespurt. Ich kann es nur weiterempfehlen.»
Ausblick
Die Engagements in der Schweiz sind vielfältig – von Resettlement über die Stärkung lokaler Partner bis hin zu neuen Finanzierungsmodellen aus dem Privatsektor.
Alle Aktivitäten verbindet die Überzeugung, dass nachhaltiger Flüchtlingsschutz nur dann gelingt, wenn Verwaltung, Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft gemeinsam handeln. Die WOSA-Treffen schaffen den notwendigen Raum für Austausch, Innovation und Zusammenarbeit. Mit Blick auf das GRF Progress Review Meeting 2025 setzt das gestärkte Netzwerk eine wichtige Grundlage, um die Schweizer Pledges weiterzuführen, Fortschritte sichtbar zu machen und neue Partnerschaften aufzubauen.
Emirhan Darcan, der als Vertreter der Flüchtlingsgemeinschaft am kommenden Flüchtlingsforum in Genf teilnimmt, fasst zusammen: «Es ist wichtig, mit allen auf Augenhöhe diskutieren und Lösungen entwickeln zu können. Nur so werden auch wir Flüchtlinge zu aktiv Mitgestaltenden.»