Integration auf dem Platz: Coubertin meets Dunant schafft neue Perspektiven
Integration auf dem Platz: Coubertin meets Dunant schafft neue Perspektiven
Maksym Shevchenko (l.), Nikita Kazantsev und Maksym Haman arbeiten hart an ihrem Traum einer Profikarriere im Eishockey.
Ob auf dem Eis, dem Fussballfeld oder auf der Fahrradstrecke, Sport bringt Menschen zusammen – unabhängig von Herkunft, Religion oder Sprache. Diese Kraft nutzt die Stiftung Coubertin meets Dunant: Sie fördert und integriert junge, talentierte Menschen mit Fluchthintergrund. Inspiriert von den Werten Pierre de Coubertins, der das Internationale Olympische Komitee gründete, und den humanitären Idealen des IKRK-Gründers Henry Dunant, verbindet die Organisation Sport, Bildung und Integration.
Coubertin meets Dunant engagiert sich dabei weit über klassische Sportförderung hinaus. Die Stiftung engagiert sich seit 2023 im Globalen Flüchtlingsforum. Dieses verfolgt einen gesamtgesellschaftlichen Ansatz. Alle Akteure, die Flüchtlinge unterstützen wollen, werden in die Umsetzung der Ziele des Globalen Flüchtlingspakts (GCR) miteinbezogen. Für die Akteure in der Schweiz wird dies von der Direktion für Entwicklungszusammenarbeit DEZA koordiniert.
Dieses Engagement ermöglichte der Stiftung ihr Netzwerk zu ähnlichen Organisationen in der Schweiz und weltweit auszubauen. Ausserdem konnte sie den Kontakt mit den Kantonen, dem Bundesamt für Sport BASPO und dem Staatssekretariat für Migration SEM intensivieren.
Integration braucht beide Seiten
«Wir haben zwei Programme, von denen Flüchtlinge profitieren können», erklärt Stiftungsratspräsident Reto Ammann. «Im Refugee Programme fördern wir gezielt junge Talente mit Fluchthintergrund. Wer das Talent für eine Sportschule oder gar eine Profikarriere mitbringt, soll sich bestmöglich entwickeln können. Das stärkt die persönliche Resilienz und hilft bei der Integration. Im United Programme geht es hingegen darum, durch den Sport Begegnungen zu ermöglichen und so Brücken zwischen Kulturen zu bauen.»
Nora Steiner, Leiterin des Refugee-Programms, beschreibt es so: «Sport ist der Schlüssel für Integration. Auf dem Platz funktioniert dies oft besser als im Klassenzimmer oder beim gemeinsamen Essen.» Es gehe darum, einander nicht nur zu sehen, sondern gemeinsam etwas zu erleben - etwa beim Training, im Wettkampf oder in einem Sportcamp.
Die Begegnung im Sport kann grosse Wirkung entfalten und zu Aha-Momenten führen, betont Lukas Hammer, Leiter Fundraising: «Bei einem Fussballcamp im Sommer trafen Profispielerinnen aus Deutschland und der Schweiz auf geflüchtete Jugendliche. Für beide Seiten war es ein Augenöffner. Integration braucht immer zwei Seiten - die Person, die ankommt, und die, die aufnimmt.»
Träume und Ziele
Bei aller integrierenden Kraft verliert Coubertin meets Dunant auch sportliche Ambitionen nicht aus dem Blick. Wer das Potenzial zum Leistungssport hat, wird professionell begleitet - wie etwa Rashed Noori, ein Taekwondo-Kämpfer, der gemeinsam mit seinem Bruder vor drei Jahren aus Afghanistan in die Schweiz kam. Schon kurz nach seiner Ankunft suchte er gezielt nach einem Trainer. Heute gehört er zur nationalen Spitze, absolviert eine Berufslehre – und träumt von Olympia 2028 in Los Angeles. «Ohne engagierte Coaches könnten wir solche Wege nicht ebnen», betont Steiner.
Rashed Noori (l.) im Wettkampf
Mit Unterstützung der Stiftung fanden auch einige ukrainische Eishockeyspieler den Weg in europäische Profiligen und spielen mittlerweile beruflich in Clubs in der Schweiz, Ungarn oder Kanada. Auch Nikita Kazantsev strebt diesen Weg an. Der junge Ukrainer kam kurz nach dem Ausbruch des Ukraine-Krieges 2022 in die Schweiz und zur Stiftung. «Coubertin meets Dunant bedeutet für mich, dass man auch nach schweren Zeiten neue Chancen finden und seine Träume weiterverfolgen kann», betont Nikita. Vor kurzem begann er eine kaufmännische Lehre am Talent Campus Bodensee. So kann er die Ausbildung gut mit dem Eishockey kombinieren. Er steht für den Eishockeyclub Kreuzlingen-Konstanz auf dem Eis und ist Trainer der U14 Juniorenmannschaft. Täglich arbeitet er hart daran, seine Träume zu verwirklichen und es eines Tages in die höchste Liga zu schaffen.
Natürlich gelingt nicht allen der Sprung an die Spitze. Aber selbst, wenn es am Ende nicht mit der Profikarriere klappt oder eine Rückkehr ins Heimatland ansteht, überwiegt das Positive. Denn die Hingabe zum Sport fördert die Resilienz und kann so helfen, einschneidende Veränderungen im Leben zu bewältigen. «Niemand flieht freiwillig», sagt Hammer. «Aber wer bei uns drei Jahre lang seiner Leidenschaft nachgeht und weitergebildet wird, kehrt gestärkt zurück.»
Begegnungen, die bleiben
Was die Programme der Stiftung bedeuten, zeigt sich nicht nur in Zahlen oder Medaillen - sondern in persönlichen Momenten.
Einen solchen erlebte der ehemalige Radprofi Tony Martin, achtfacher Weltmeister und aktueller Fahrradtrainer am Talent-Campus Bodensee, bei einem Social Ride organisiert von Coubertin meets Dunant. Dort traf er auf eine junge Radfahrerin aus Afghanistan, die erst gerade in die Schweiz geflüchtet war - und die unter allen Umständen ihrer Passion nachgehen will. «Wenn sie erzählt, wie sie unter Todesangst Rad fuhr, nur weil sie ihrer Leidenschaft folgte - da hat man schon einen dicken Kloss im Hals.», sagt Martin.
Zum Abschied schenkte sie ihm ein Foto. Es hängt bis heute bei ihm zu Hause. Für ihn ist es mehr als ein Erinnerungsstück: Ein stilles Symbol für die Kraft des Sports, Menschen zusammenzubringen - unabhängig von Herkunft, Sprache oder Lebensweg.