VoCHabular: Flüchtlinge durchbrechen Sprachbarrieren
VoCHabular: Flüchtlinge durchbrechen Sprachbarrieren

Reza Azizi (l.) und Lisa Marti arbeiten an voCHabular
Menschen, die in die Schweiz flüchten, erhalten dank der Integrationsprogramme der Integrationsagenda Schweiz (IAS) nach ihrer Ankunft rasch Zugang zu Sprachkursen. Das ist wichtig für die Integration in den Arbeitsmarkt und die Gesellschaft. In der Deutschschweiz stellen die Unterschiede zwischen Dialekt und Schriftsprache eine zusätzliche Herausforderung dar. Für Fremdsprachige sind sie laut dem SRF-Mundart-Experten André Perler etwa so weit voneinander entfernt wie Spanisch und Italienisch. Ausserdem variieren die Dialekte auch noch stark nach der Region.
Reza Azizi, der 2015 aus Afghanistan in die Schweiz flüchtete, erlebte bei seiner Ankunft in der Schweiz die Herausforderungen der Deutschschweizer Zweisprachigkeit: «Man fühlt sich ausgeschlossen. Es ist sehr schwierig, wenn das Gegenüber aus Mitleid auf Hochdeutsch wechselt, weil du kein Dialekt verstehst.»
Um es fremdsprachigen Menschen zu erleichtern, Dialekt zu lernen, erarbeitete der Verein voCHabular ein gleichnamiges, spendenbasiertes Schweizerdeutsch-Selbstlernmittel in 7 Sprachen. Das Angebot besteht aus einem Lehrbuch in zwei Bänden für die Sprachniveaus A1 bis B1, einer Web-App und Vokabular-Listen. Das Lernmittel fand grossen Anklang: Über die Jahre vertrieb der Verein fast 4000 Bücher.
Auch Reza war bei voCHabular aktiv. Er übersetzte auf Persisch und leitete mehrere Jahre das Übersetzungsteam. Engagierte Flüchtlinge wie er prägten das Projekt massgeblich. “VoCHabular lebt davon, dass Menschen verschiedenster Hintergründe zusammen am Projekt arbeiten.”, erklärt der Kinderbetreuer, “Die Vielfalt der Sprachen wäre ohne Geflüchtete unmöglich gewesen. Ausserdem trugen sie massgeblich zum Inhalt bei.”

Die Inhalte wurden nicht einfach vorgegeben, sondern vom ganzen Team gemeinsam ausgestaltet, welches zu einem grossen Teil aus Flüchtlingen, und auch aus Migrant*innen und Einheimischen bestand. Der interkulturelle Austausch belebt das Werk von voCHabular.
Die Beispiele im Lernmittel spiegeln die Lebenswelt der Freiwilligen, die es geschaffen haben, wider. “Wir haben unsere Realitäten in dieses Buch eingebracht. Dadurch haben wir alle sehr viel voneinander gelernt.”, erzählt Mitgründerin Lisa Marti.
Dank dem partizipativen Ansatz entstand so etwas wie ein kultureller Ratgeber für die Deutschschweiz. Die Bücher setzen sich mit konkreten Fragen auseinander - beispielsweise wie man sich situativ angemessen begrüsst oder wo man in Zürich und Umgebung kostengünstig Ausflüge machen kann. So erarbeiten die Lernenden neben dem Sprachlichen auch wichtige kulturelle Kenntnisse.
Im April 2025 wurde voCHabular an das Solinetz Zürich übergeben und läuft dort als Teilprojekt weiter.